Die optimale Vergütungsstruktur für den Vertriebsaussendienst

Wodurch stechen erfolgreiche Vertriebsorganisationen hervor und wie zeichnen sich Vertriebschampions aus? Was motiviert im Verkauf zu Spitzenleistungen? Ist es Motivation, Verhalten, Performance? Ist es ein gutes Fixgehalt oder sind es hohe Provisionen? Prof. Dr. Jan Wieseke und Dr. Matthias Huckemann stellten am DVVK 2014 neue Studienergebnisse zur Gestaltung von Vergütungssystemen im Vertrieb vor.

Die optimale Vergütungsstruktur für den Vertriebsaussendienst
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Die Grundfrage der Untersuchung: Was motiviert den Verkauf zu Spitzenleistungen?

Werden eher materielle monetäre Anreize wie Gehalt, Provision oder Boni bevorzugt oder doch eher nichtmonetäre Anreize wie Geschäftswagen, Sonderzulagen, Reisereglement, Spesenregelung oder Bürobeschaffenheit?

Motivieren immaterielle arbeitsbezogene Anreize wie Titel, Erweiterung der Aufgaben, abwechslungsreiche Tätigkeiten, flexible Arbeitszeiten, Verantwortung, Karrierepfade, Beförderung, Autonomie oder professionelle Weiterbildung mehr als organisationsbezogene Anreize wie Unternehmenskultur, Mitarbeiterevents, firmeneigene Fitnesscenter, Kinderbetreuung oder medizinische Vorsorge?

Der führende Marketingforscher Prof. Dr. Jan Wieseke vom Sales & Marketing Department zeigte am diesjährigen Vertriebs- und Verkaufsleiterkongress in München auf, wovon die Gestaltung eines funktionierenden Vergütungssystems im Verkauf abhängt.

Für die Studie wurden Führungskräfte aus 113 Unternehmen befragt und Status Quo, Trends und Konzepte bei der Gestaltung von Vergütungssystemen für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst erfasst. Ziel war die Identifizierung und Weiterentwicklung von Ansätzen für eine professionelle Gestaltung von Vergütungssystemen.

Das Ergebnis: Die wichtigsten Erfolgsfaktoren eines guten Vergütungssystems im Vertriebsaußendienst sind Transparenz und ein Mix aus fixer und variabler Vergütung.

Die aktuelle Vergütungsstruktur im Vertriebsaußendienst

Mehr als 65 % der Außendienstmitarbeiter haben eine Fixvergütung. Die Höhe der durchschnittlichen Fixvergütung (brutto) eines Außendienstmitarbeiters pro Jahr beträgt über 60.000 Euro. Die durchschnittliche variable Vergütung beträgt um die 18.400 EUR. Bei 70% der befragten Unternehmen basiert der variable Vergütungsanteil auf der Zielerreichung und bei über 50% der Unternehmen ist die Höhe der Provision gedeckelt. Bei den Bemessungskriterien wurde der Umsatz als häufigste Größe identifiziert. Bei über 135% Zielerreichung wird durchschnittlich keine variable Vergütung mehr ausbezahlt. Die meisten Unternehmen passen ihr Vergütungssystem jährlich an.

Wie sollte die Aufteilung zwischen fixer & variabler Vergütung gestaltet sein?

Der richtige Vergütungsmix hängt vom Verkaufsprozess ab. Vom Verkaufszyklus, der Häufigkeit von Verkäufen, der Prognostizierbarkeit, der Art der Interaktion mit dem Kunden und den Erfolgsgrößen.

Eine variable Vergütung macht vor allem bei kurzen Verkaufszyklen Sinn und wenn es sich um reinen Verkauf ohne Service und Beratung handelt. Ebenso bei umsatzorientierten Geschäften sowie bei vielen kleinen und mittleren Verkäufen, die gut vorhersehbar sind.

Bei wenigen großen Verkäufen und langen Verkaufszyklen die nicht vorhersehbar sind, würden dagegen variable Vergütungssysteme zu Frustration führen. In diesem Fall sind fixe Vergütungssysteme besser geeignet.

Genauso wenn es sich um Verkauf in Verbindung mit Beratung und Service handelt. Hier sollte fix vergütet werden, um die volle Kundenzufriedenheit zu gewährleisten.

Wie häufig sollte der variable Vergütungsanteil ausgezahlt werden?

Dazu Wiesecke: „Einfache Antwort: möglichst häufig. Nach dem Erfolg sollte möglichst schnell vergütet werden. Das motiviert stärker als wenn der Verkäufer lange auf seine Belohnung warten muss und keine unmittelbare Verbindung mehr zwischen seiner Leistung und der Vergütung sieht. Bei Kürzung ist es noch viel extremer. Prozesse sind teilweise so lang, dass der Abschlag nicht mehr i direktem Zusammenhang mit der Tat empfunden wird. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen zahlen dennoch die variable Vergütung nur jährlich aus.“

Sollten alle Verkäufergruppen gleich incentiviert werden?

Dazu gibt es zwei Ansatzpunkte. Der erste Ansatz: Aus Fairness sollten die Unterschiede nicht zu groß sein. Der zweite Ansatz: Motivierend ist eine gleiche oder fast gleiche Vergütung auf keinen Fall.

Leistungsverteilung und Anreize für Vertriebsmitarbeiter

Laut Wieseke gibt es in fast allen Vertriebsunternehmen eine Dreiteilung unter den Verkäufern: Stars, solide Performer und Nachzügler. Leistungssteigerungen sind in allen drei Gruppen möglich. Führungskräfte sollten für jede Gruppe unterschiedliche Werkzeuge anwenden.

Die wichtigsten Anreize für Stars:

Extraprovisionen bei Übererfüllung ohne Obergrenzen. Bei den Stars geht es hauptsächlich darum, sie nicht zu verlieren oder zu demotivieren, denn Stars könnten jederzeit abgeworben werden.

Die wichtigsten Anreize für Solide Performer:

mehrstufige Ziele, Mitarbeiterwettbewerbe mit verschiedenartigen Belohnungen. „Die soliden Performer sollten sich nicht an den Vergütungen der Stars orientieren müssen, ihre eigenen Möglichkeiten müssen gleichermaßen attraktiv und motivierend sein.“

Die wichtigsten Anreize für Nachzügler:

Quartalsboni und sozialer Druck. Dem Nachzügler muss bewusst sein, dass er ohne Leistungssteigerung jederzeit ausgewechselt werden kann.

Exzellente Performer erhalten einen variablen Vergütungsanteil von durchschnittlich 29.000 Euro pro Jahr, schlechte Performer rund 10.000 Euro. Im Schnitt unterscheidet sich die Höhe der variablen Vergütung von Spitzenverkäufern und schlechten Verkäufern um 66%. Auf Leistungsschwankungen sollte möglichst schnell reagiert werden.

Was sollte bei Veränderungen der Vergütungsstruktur beachtet werden?

Unternehmen haben zu Recht Bedenken, Veränderungen ihrer Vergütungsstruktur einzuführen, denn diese führen immer zu Irritationen. Positive Auswirkungen sind schnell messbar, negative hingegen nur sehr langsam.

Vor Veränderungen des Vergütungssystems sollten sich Unternehmen folgende Fragen stellen:

  • Was ist der Netto-Effekt der Umstellung auf die Umsätze pro Mitarbeiter?
  • Führt die Umstellung zu einer Konzentration margenschwächerer Produkte?
  • Welche Typen von Mitarbeitern spricht das neue System eher an?
  • Welche Motivationseffekte setzt das neue System frei?
  • Wie wirkt sich die Umstellung auf das Klima in den Verkaufsteams aus?
  • Reduziert das neue Anreizsystem die Zufriedenheit der Kunden?

Lohnt es sich das Vertriebspersonal zu incentivieren, um Preise durchzusetzen?

Verkäufer geben bei hohen Anreizen fast 7 % weniger Rabatte. Dies führt aber zwangsläufig zu einer Abnahme der Kundenloyalität. Da es mehr Anstrengung erfordert, höhere Preise durchzusetzen, müssen die Verkäufer davon überzeugt sein, dass die Preise gerechtfertigt sind und gegebenenfalls geschult werden.

Fazit:

„Es gibt prinzipiell kein faires Vergütungssystem. Es gibt nur eine Vergütung, die möglichst nah an die Leistung des Vertriebsmitarbeiters herankommt,“ so Dr. Matthias Huckemann, Geschäftsführer von Mercuri International, am DVVK 2014. „50% fix, 50% variabel macht absolut Sinn. Je komplexer und technischer die Produkte, desto fixer die Vergütung,“ so Wieseke.

„In der Tat schöpft jeder Mitarbeiter – auch im Vertrieb – einen wichtigen Teil der eigenen Motivation aus der Tätigkeit selbst,“ so Rainer M. Grethel, Produktmanager der Deutschen Verkaufsleiter-Schule.

 

Zu den Personen:

Prof. Dr. Jan Wieseke unterrichtet seit 2008 am Sales & Marketing Department der Ruhr-Universität Bochum. Er ist Spezialist für Vertriebsmanagement und psychologische Prozesse in Organisationen.

Seine Arbeiten wurden in den weltweit renommiertesten Marketingjournals publiziert. Neben seiner wissenschaftlichen Forschung berät Prof. Dr. Wieseke regelmäßig Unternehmen zu deren Vertriebs- und Marketing-Strategien.

Dr. Matthias Huckemann ist Geschäftsführer der Mercuri International Deutschland GmbH, Meerbusch, einer auf Vertrieb und Marketing spezialisierten Trainings- und Beratungsgesellschaft. Seine Schwerpunkte sind Konzeption und Umsetzung von Aktionsprogrammen zur messbaren Steigerung der Effizienz der Vertriebsarbeit. Huckemann ist zudem Autor mehrerer Fachbücher und zahlreicher Artikel und Studien.

Dr. Lydia Polwin-Plass

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