Customer Journey: Neue Formen der Kommunikation mit Kunden

Der Kaufprozess wandelt sich. Empfehlungen zu Dingen und Informationen, die uns interessieren, gehören bereits zum Alltag. Und ihre Treffgenauigkeit überrascht heute niemanden mehr. Zukünftig werden Maßnahmen aus dem Empfehlungsmarketing auch im B2B-Sektor immer mehr an Bedeutung gewinnen. Unternehmen werden auf ihre Kunden aufmerksam gemacht und Kunden auf Produkte.

Kaufprozess: Neue Formen der Kommunikation mit Kunden
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Möglich gemacht wird dies durch präzise Auswertung der Daten, die wir User täglich produzieren. Alexander Stendel erklärte auf dem B2B Marketingkongress 2015 worauf es dabei ankommt.

Der Fokus in der Kundenkommunikation verschiebt sich auch zukünftig zusehends. Von der Ansprache einer Zielgruppe hin zum individuellen Austausch mit dem einzelnen Kunden. Der Dialog findet dabei unabhängig von Zeit und Ort statt. Unternehmen kennen ihre Kunden und deren Bedürfnisse immer besser. Unterstützt durch relevante Technologien und Geräte. Intelligente Assistenten vernetzen sich permanent mit Geräten  und laden Informationen, die User mit ihren Geräten produzieren.

Es wird immer schwieriger, homogene Zielgruppen zu formulieren. Traditionelle Familienstrukturen, konventionelle Rollenbilder und lineare Berufsbiographien befinden sich in der Auflösung. An ihre Stelle treten individuelle Lebensentwürfe und Karrieren. Hinzu kommt die zunehmende Internationalisierung des Arbeitsumfeldes – sowohl geprägt durch Kollegen, die verschiedener Herkunft sind und gemeinsam in einem Unternehmen arbeiten, als auch durch neue, weltweite Absatzmärkte.

„Für die B2B-Kommunikation bedeutet das: War die direkte Ansprache des Kunden bisher schon durch den Vertriebsmitarbeiter persönlich geprägt, muss sie nun auch bei vielen anderen kommunikativen Maßnahmen differenziert und auf die einzelnen Ansprechpartner zugeschnitten werden.“

Durch Vernetzung, Bewertungsplattformen, Produkttests und Diskussionsforen ist ein neuer Kundentypus entstanden. Die Initiative zur Kontaktaufnahme geht heute meist vom Kunden aus und nicht mehr vom Unternehmen oder Vertriebsmitarbeiter. Und wenn dies geschieht ist der Kunde bereits bestens informiert. Unternehmen müssen deshalb die relevanten Produktinformationen orts- und zeitunabhängig zur Verfügung stellen.

Sensoren in mobilen Geräten liefern jede Menge Informationen über den Nutzer und seine Umgebung. Sogar Emotionen können zukünftig anhand von Augenbewegungen und Mimik erkannt und analysiert werden. Das Wissen und die Erfahrung des Kunden beeinflussen letztlich auch die Produktentwicklung. Produkte können immer mehr an die Bedürfnisse der Kunden angepasst werden. Die bisher strikt getrennten Prozesse von Beratung und Verkauf werden zunehmend miteinander verschmelzen. Der Kunde avanciert immer mehr zum Wertschöpfungspartner.

Vom Anschreien zum Zuhören – Der digitale Dialog

„Die technischen Filter werden auch in Zukunft den Verkäufer und das vertriebsunterstützende Marketing nicht ersetzen, da dieser Technologie das Menschliche fehlt. Dennoch gilt es, Arbeits- und Denkweisen den neuen Gegebenheiten durch sogenanntes Partizipationsmarketing anzupassen,“ beobachtet Stendel.

Vor allem im B2C-Marketing ging es lange darum, möglichst schnell die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen. Für einen erfolgreichen Geschäftsabschluss ist aber mehr als bloße Aufmerksamkeit nötig. Viele Produkte und Dienstleistungen sind sehr komplex und meist müssen mehrere, gut informierte Entscheider im Kaufprozess überzeugt werden. Der Erfolg im Verkauf komplexer Produkte beruht daher auch weiterhin auf dem gegenseitigen Vertrauen und intensiven Austausch zwischen Partnern. Was aber macht eine erfolgreiche Partnerschaft aus?

Der Kunde will Aufmerksamkeit und Anerkennung – Partizipationsmarketing als Chance

Laut Stendel liegt das Geheimnis darin, dem Kunden mehr Aufmerksamkeit entgegenzubringen als von ihm einzufordern. Wer sich um Andere bemüht, ihnen zuhört, ihnen Anerkennung zollt, sich mit ihnen austauscht, freut und mit ihnen mitleidet, wird als guter Freund oder Partner empfunden. Durch den permanenten persönlichen Austausch und das daraus resultierende Wissen über den Kunden können Wünsche und Bedürfnisse erkannt, verstanden und geteilt werden. Der Erwartungshorizont des Kunden muss dabei überschritten werden. „Deshalb ist es besonders wichtig, die Erwartungen und Vorstellungen des Kunden genau zu kennen. Dafür muss der Kunde als Business-Entscheider und als private Person verstanden werden. Und alle relevanten Informationen über ihn müssen gesammelt, ausgewertet und genutzt werden,“ empfiehlt Stendel.

Aus der Analyse sollte dann ersichtlich werden, welche Daten den technischen Filtern zur Verfügung gestellt werden sollten, um möglichst genau und umfassend Kaufempfehlungen abgeben zu können.

Da der Verkauf komplexer Produkte spezifische Fachkenntnisse erfordert, die über das Unternehmen und die Mitarbeiter verteilt sind, ist es sinnvoll dafür alle Abteilungen untereinander zu vernetzen.

Um Präsentationen zu personalisieren, das Gespräch zur Leaderfassung nutzen zu können und die Nachbereitung effektiver zu gestalten, können unter anderem Vertriebs-Apps genutzt werden. Interessen und Zusammenarbeit von Vertrieb und Marketing werden dabei weiter verschmelzen. So werden Strategien entwickelt die dem Kunden trotz seines guten Vorwissens immer noch einen Mehrwert bieten.

Support und Kundendienst als Marketinginstrumente

Mit den Technologien und einer größeren Anzahl an Schnittstellen stehen immer mehr Daten zur Verfügung. Ein intelligentes Management der technischen Filter sorgt dafür, dass Unternehmen und Produkte im Web möglichst oft als Kaufempfehlung aufscheinen.

„Eine fundierte, intelligent aufbereitete Datenbasis, bereitgestellt durch einen firmeneigenen intelligenten Assistenten, bietet der Produktentwicklung bald die Möglichkeit, die interne und externe Sicht auf das eigene Unternehmen und die eigenen Produkte mit den Bedürfnissen und Ideen der Kunden abzugleichen und in Innovationen einfließen zu lassen. Dafür sind jedoch zuerst die relevanten Schnittstellen für die Datenerfassung zu bestimmen. Diese liegen etwa in der Produktentwicklung, aber auch im Service und Support, insbesondere rund um die Inbetriebnahme und das Beschwerdemanagement,“ prognostiziert Stendel.

Durch Marktforschung, dem Tracking der Besucher der Firmen-Homepage, Social-Media-Recherchen oder Verkaufszahlen-Analysen kann das Unternehmen aktiv auf den Kunden zugehen und Probleme lösen.

Der Kunde möchte nach Möglichkeit immer Kontakt mit demselben Ansprechpartner halten, der natürlich über die Vorgeschichte Bescheid weiß. Anhand einer Rufnummernerkennung zum Beispiel, kann das Telefonsystem im Support den Kunden direkt zu seinem Berater durchstellen. Auch Cookies auf der Website, Aufzeichnungen der Gespräche und Transkriptionen für digitale Systeme können helfen, Besucher wiederzuerkennen, über sie und ihre Anliegen Bescheid zu wissen. Lösungen zu finden und eventuell auch gezielt neue Angebote anzuzeigen.

Laut Stendel ist zum Beispiel die Umgestaltung der Corporate Website zu einem Informationsportal, das sich an den Interessen und Fragen der Nutzer orientiert, äußerst effektiv. Die Zahl an Austauschtools- und Möglichkeiten im Internet ist groß. Chats, Webseiten-Foren, Social Media-Gruppen oder Blogs mit Kommentarfunktion, aber auch Innovationsplattformen zur Produktentwicklung basierend auf dem Crowdsourcing-Prinzip, machen durchaus Sinn.

Der Mehrwert von Partizipationsmarketing

  • Unterstützt Kundendialog durch kontinuierliche Marktbeobachtung
  • Ermöglicht individuelle Ansprache und Fokussierung von Zielpersonen
  • Bindet den Kunden langfristig, intensiv und emotional
  • Bringt mithilfe von intelligenten Assistenten Produkteigenschaften mit individuellen Kundenbedürfnissen in Einklang
  • Schöpft das Innovationspotenzial in der Wertschöpfungskette aus
  • Sorgt für einen geringeren Bedarf an Neukundeninvestitionen
  • Hilft Marketingziele im gesamten Unternehmen zu verankern
  • Durch permanente Verfügbarkeit und Services wird dem Kunden mehr Anerkennung entgegengebracht

Fazit

Die Digitale Revolution ist nicht aufzuhalten. Technische Filter empfehlen Produkte, Events und Freunde und bestimmen auch, welche Vorschläge überhaupt angezeigt werden. Mithilfe von Partizipationsmarketing können diese technischen Entwicklungen genutzt werden, um Kunden näher kennenzulernen, besser zu verstehen und so intensiver auf sie eingehen zu können. Durch individuelle Ansprache kann das Vertrauen des Kunden zum Unternehmen aufgebaut und gefestigt werden. So entsteht ein Gefühl von Sicherheit als Grundvoraussetzung für eine langfristige und nachhaltige Geschäftsbeziehung.

Zur Person

Alexander Stendel ist Geschäftsführer von Saatchi & Saatchi Pro und Chief Technology Officer von Saatchi & Saatchi Deutschland. Er sorgt für die erfolgreiche Integration des Know-hows von zweimaleins und Saatchi & Saatchi zu einem Portfolio im Digital- und Erlebnismarketing. Seit 19 Jahren unterstützt er Unternehmen in ihrer Kommunikationsplanung sowie der Marketing- und Sales-Kommunikation. Kompetenz und tiefgehendes analytisches Verständnis für komplexe Technologien verknüpft Stendel mit Enthusiasmus und B2B-Expertise erfolgreich zu einer lebendigen Unternehmensvision.

Foto: © Stendel

Dr. Lydia Polwin-Plass

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