Erfolgreiche Verkäufer fragen im Verkaufsgespräch nach dem „Wann?“

Paul ist zur Präsentation eines neuen Fahrzeugmodells, nennen wir es den neuen 6000er der Marke Flitzer, eingeladen. Paul ist sehr an Autos interessiert und beschließt daher, hinzugehen. Paul erhascht eine günstige Gelegenheit, erklimmt ein Podest und setzt sich auf den Fahrersitz eines 6000ers.

Um das Interesse am Kauf auszuloten, gilt es, geschickt nach dem "Wann" zu fragen
Um das Interesse am Kauf auszuloten, gilt es, geschickt nach dem "Wann" zu fragen© ASDF/stock.adobe.com

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Kaum sitzt er da so 15 Sekunden, nimmt neben ihm ein junger Mann im Anzug Platz: ein Automobilverkäufer! Eloquent und sehr freundlich begrüßt er Paul, stellt sich selbst vor, fragt nach Pauls Namen und beginnt dann mit der Lobpreisung des neuen 6000ers. Er ist wirklich von seinem Produkt überzeugt, und das merkt man auch. Das Gespräch ist Paul sehr angenehm, weil der junge Mann sich sehr gut auskennt.

Typische Fehler im Verkaufsgespräch

Nach 10 Minuten schlägt er vor, auch mal einen Blick in den Fond des Fahrzeugs zu werfen. Der Verkäufer läuft zur Hochform auf. Jetzt unterhalten sich die beiden schon 20 Minuten. Da passiert etwas Unglaubliches: der Verkäufer stellt seine erste Frage:

„Und, wie gefällt Ihnen der neue 6000er denn?“

Paul antwortet wahrheitsgemäß, dass er das Auto richtig gut findet, viele durchdachte Lösungen, ein klares Konzept und natürlich die gewohnte Qualität von Flitzer. Der Verkäufer strahlt. Und stellt seine zweite Frage:

„Und was haben Sie derzeit für ein Fahrzeug?“

„Einen Flitzer4000!“, antwortet Paul.

Der Verkäufer strahlt noch mehr. Also schon ein Kunde, der die Marke kennt. Der 4000er ist der kleine Bruder vom 6000er. Vielleicht hat er ja einen Aufsteiger, einen Upgrader erwischt.

„Und wie alt ist der?“ möchte nun der Verkäufer wissen. Paul ist sehr stolz auf seinen neuen 4000er und antwortet mit breiter Brust:

„Der ist jetzt drei Monate alt!“

Schlagartig entgleisen die Gesichtszüge des Verkäufers und er zieht auch sofort die richtigen Schlüsse:

“Äh, dann werden Sie wohl in nächster Zeit keinen 6000er kaufen?“

„Nö“ sagt Paul, „Ich hab ja quasi erst ein neues Auto!“

Dann dauert es noch etwa zehn Sekunden, Paul bekommt schnell eine Visitenkarte in die Hand gedrückt und schon ist der Verkäufer wieder verschwunden.

Was geht ihm wohl jetzt bzgl. Paul durch den Kopf? „Doofer Kunde, hätte er ja auch gleich sagen können!“

Und was denkt sich Paul? „Selbst schuld, Du hättest mich ja gleich fragen können! “ Genau!

Die gesamte Präsentationsveranstaltung war auf vier Stunden angesetzt. 20 Minuten davon, also ein Zwölftel seiner Zeit, hat der Verkäufer mit Paul verbracht. Es waren noch 999 andere Besucher eingeladen. Besucher, die vielleicht mehr Interesse am Kauf eines neuen 6000ers hatten, als ausgerechnet Paul.

Hier kommen wir zu einer wesentliches Erkenntnis für jeden Verkäufer:

Interesse am Produkt und Interesse am Kauf des Produktes sind zwei vollkommen unterschiedliche Angelegenheiten.

Also gilt es, geschickt nach dem „Wann?“ zu fragen. Allerdings nicht plump, nicht zu früh, schon gar nicht zu spät und am besten so, dass der Kunde ganz natürlich antwortet. Hier gibt es eine ganz bestimmte Vorgehensweise, einen cleveren Trick, dem Kunden nicht das Gefühl zu geben, dass er jetzt nur weiter beraten wird, wenn er sich auch als potenzieller Käufer entpuppt. Wie geht das?

Verkaufschancen schnell ausloten

Lassen wir den Automobilverkäufer nochmals zu Paul ins Auto steigen. Begrüßung, erstes Abtasten und nach 20 Sekunden – noch bevor irgendetwas erklärt ist – die Frage: „Was fahren Sie denn derzeit für ein Auto?“ Was wird Paul wohl antworten? Er wird natürlich verraten, dass er einen 4000er hat. „Super!“, sagt der Verkäufer, „Und wie alt ist der?“. „Den hab ich ganz neu: Drei Monate!“

Sehr gut, jetzt weiß der Verkäufer nach 30 Sekunden und nicht erst nach 20 Minuten, dass er keinerlei Verkaufschance hat. Also (in dieser speziellen Situation – es sind noch 999 andere Interessenten da!): Rückzug! „Wunderbar, dann schauen Sie sich mal ganz in Ruhe um und lassen den 6000er auf sich wirken. Hier, ich gebe Ihnen eine Visitenkarte, wenn Sie mal was brauchen. Schönen Tag noch und viel Spaß!“

Und Tschüss. Der nächste potenzielle Kunde wird gesucht. Warum mit Paul Zeit verschwenden? Das kommt nur in Frage, wenn der Verkäufer nichts Besseres zu tun hat. In diesem Fall trifft das weiß Gott nicht zu.

Markus Schwenk

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