Jobwechsel im Vertrieb: Achtung Stolpersteine

Gute Vertriebsmitarbeitende sind für Unternehmen Gold wert. Schließlich bringen sie die Kunden und damit das Geld ins Haus. Jedoch ist trotz des Fachkräftemangels jeder ersetzbar und ein Jobwechsel sollte sorgfältig überlegt und geplant werden.

Im Vertrieb sind Jobwechsel an der Tagesordnung. Sie bieten Abwechslung und persönliche Entwicklungschancen. Doch es gilt, einige Stolpersteine zu umgehen.
Im Vertrieb sind Jobwechsel an der Tagesordnung. Sie bieten Abwechslung und persönliche Entwicklungschancen. Doch es gilt, einige Stolpersteine zu umgehen. © peterschreiber.media/stock.adobe.com

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Gute Vertriebsmitarbeitende verfügen über eine starke Position in Unternehmen. Eine Macht, derer sie sich bei einem Jobwechsel durchaus bewusst sein können. Dennoch kann ein unüberlegter und schlecht geplanter Wechsel der Karriere schaden.

Ist wirklich jeder Mitarbeiter austauschbar?

Einer Studie von Korn Ferry zufolge ist die jährliche Fluktuationsrate im Vertrieb mit 42% sehr hoch, obwohl die Gehälter im Durchschnitt recht großzügig sind. Dies wird in erster Linie auf mangelnde Ausbildung, wenig Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und falsche Führung zurückgeführt.

Vor allem Quereinsteiger unterschätzen oft die Stolpersteine in der Vertriebstätigkeit. Frustrationstoleranz gehört zum Arbeitsalltag von Vertriebsprofis und potenziert sich durch den Spardruck des Kunden. Früher oder später führt Frust zu Leistungsschwund. Allerdings kann man als Vertriebler durch viel Ehrgeiz auch viel erreichen. Doch nicht immer beim aktuellen Arbeitgeber.

Wie lange sollte man einen Job machen, bevor man wechselt?

Ab dem dritten Jahr in derselben Position beginnt bei fast allen Vertriebsmitarbeitern die Motivation nachzulassen, was sich früher oder später auf den Erfolg und das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auswirken kann.

Und in keinem anderen Job ist der Nutzen für ein Unternehmen so leicht messbar wie im Sales-Bereich.

Jobtechnische Veränderungen machen absolut Sinn, um zufrieden und leistungsfähig zu bleiben. Für Arbeitgeber nicht so angenehm, für Vertriebsmitarbeiter nach Ansicht einiger Experten sogar ein Muss. Laut Job.de empfehlen sie, den Posten nach spätestens fünf bis sieben Jahren zu wechseln – wenn dies nicht innerhalb des Unternehmens möglich ist, sollte man sogar über einen Wechsel des Arbeitgebers nachdenken.

Je schnelllebiger die Branche, desto wichtiger sind Jobwechsel. Top-Headhunter Christian Pape sagt im Interview mit Radio Gong: „Vor allem sollte man in den ersten Berufsjahren Erfahrungen sammeln, unterschiedliche Firmen und Kulturen kennenlernen und nicht bei einem Arbeitgeber kleben bleiben.“

Den Job zu wechseln ist allerdings eine große und oftmals sehr schwierige Entscheidung, denn nicht immer ist die neue Arbeitsstelle besser als die alte. Aus diesem Grund gilt es, das Für und Wider sorgfältig abzuwägen.

Soll ich den Job wechseln?

Gründe für das Bedürfnis nach Veränderung im Arbeitsalltag gibt es viele:

  1. Der Wunsch nach neuen Perspektiven
  2. schlechte Work-Life-Balance
  3. mangende Anerkennung
  4. Umstrukturierung innerhalb des Unternehmens
  5. eine neue Führungskraft
  6. keine Möglichkeit zu Homeoffice
  7. kein oder ein ungeliebter Dienstwagen
  8. wenig Abwechslung, ein privater Umzug
  9. ein mieses Betriebsklima und vieles mehr

Um keine Fehler zu begehen, die man eventuell irgendwann bereut, sollte man einen Jobwechsel aber gründlich überdenken. Zunächst hilft bei der Entscheidungsfindung das Anlegen einer Liste mit den Vor- und Nachteilen des alten Jobs und den Pros und Contras des neuen.

Nicht immer sollte dabei das Geld im Vordergrund stehen, denn es gibt durchaus Gründe auch für weniger Kohle aber mehr Aufstiegsmöglichkeiten, Fortbildungsangebote, eine bessere Work Live-Balance oder auch einfach nur die bessere Arbeitsatmosphäre einen Job zu behalten oder einen anderen anzunehmen.

Doch viele Menschen warten auf den schlechtest möglichen Moment, um eine berufliche Veränderung zu wagen – der Zeitpunkt, um zu gehen, muss aber gut überlegt sein.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen Jobwechsel?

Viele Menschen ändern erst etwas an ihrer Situation, wenn ihre Arbeit für sie unerträglich geworden, das Verhältnis zum Arbeitgeber unwiderruflich zerstört ist, die Firma sich aktiv von einem trennen will oder sich gar ein Burnout anbahnt.

Doch dann ist es meist zu spät. Gehen sollte man also nicht erst, wenn alle Perspektiven verloren sind und man kurz vor der Kündigung von Arbeitgeberseite her steht.

Der richtige Zeitpunkt zu gehen ist, wenn der Arbeitnehmer merkt, dass seine Motivation nachlässt und sowohl Gemüt als auch Erfolg darunter leiden.

Natürlich kann auch ein unerwartetes Angebot, das man aufgrund der vielen Vorteile gegenüber des aktuellen Jobs kaum ablehnen kann, entscheidend für den gewählten Zeitpunkt sein.

Wann sollte man den Job NICHT wechseln?

Niemals kündigen ohne schriftliche Zusage des neuen Arbeitgebers, warnt HR-Expertin Anna Pietrus: „Wer seinen Job ohne Arbeitsvertrag in der Tasche kündigt, handelt schlichtweg fahrlässig.“

In der Regel kann man sich zwar auf mündliche Zusagen der Unternehmen verlassen, jedoch können interne Fehler zu Aufschub oder gar Bruch des mündlichen Vertrags führen. Sonst kann es recht schnell passieren, dass man ganz ohne Job dasteht.

Fairness punktet

Hat man sich für einen Jobwechsel entschieden und einen fixen Vertrag des neuen Arbeitgebers in der Hand, wird es Zeit, den aktuellen Dienstgeber zu informieren. Dies sollte – abgesehen von den gesetzlichen Vorgaben – in einem fairen zeitlichen Rahmen geschehen, damit das Unternehmen die Stelle früh genug neu besetzen oder man gegebenenfalls auch noch die Einschulung des neuen Mitarbeiters übernehmen kann.

Zudem empfiehlt es sich, alle Zwistigkeiten und Ungereimtheiten im Unternehmen zu klären, bevor man geht. Dann findet man im „verflossenen“ Chef vielleicht sogar einen guten Fürsprecher.

Das Zeugnis nicht vergessen!

Selbst, wenn ein Beschäftigungsverhältnis von beiden Seiten fair beendet wurde, verzögert sich häufig die Übergabe des Arbeitszeugnisses. „Das scheint entweder beiden Seiten unangenehm zu sein oder nicht wichtig genug“, so Pietrus. Da rechtlich korrekte Formulierungen enorm wichtig sind, sollte man sein Zeugnis niemals selbst schreiben. „Tippen Sie nie ihr eigenes Zeugnis, sondern bestehen Sie bereits bei der Kündigung darauf“, rät die HR-Expertin.

Heute sind Passagen zu Arbeitsumfang und Leistung oder Umgang mit Kollegen, Kunden und Chefs meist vorformuliert und á la Multiple Choice oder Schulnotensystem für Vorgesetzte sehr einfach wählbar.

Als Quereinsteiger im Vertrieb neu beginnen – eine besondere Herausforderung

Arbeitsplätze im Vertrieb werden heute häufig durch Quereinsteiger besetzt. Das ist quasi unvermeidlich, da es keine IHK-Ausbildung für diesen Beruf gibt. Und aufgrund der großen Nachfrage nach guten Vertrieblern hat man auch als Quereinsteiger gute Chancen und oftmals die Auswahl zwischen mehreren Angeboten.

Oft sind in den Unternehmen schon feste Karriereschritte vorgesehen, die mit einer bestimmten Weiterbildung und Zielerfüllung erreicht werden können.

Da im Vertrieb immer das Damoklesschwert der Zielerreichung allgegenwärtig ist und letztlich die Umsätze zählen, benötigt man eine passende Persönlichkeit.

Charakterzüge und Eigenschaften, um im Vertrieb erfolgreich zu werden:

  1. starkes Selbstvertrauen
  2. Ehrgeiz
  3. Gute kommunikative Fähigkeiten
  4. Extrovertiertheit
  5. Fähigkeit zur Selbstmotivation
  6. Hohe Belastbarkeit und Frustrationstoleranz
  7. Resilienz im Umgang mit Druck und Stress

Forderungen beim Jobwechsel realistisch formulieren

Geht es bei einem Jobwechsel nur ums Geld? Bevor man sich für das Vorstellungsgespräch oder Telefoninterview mit einer Forderungsliste wappnet, sollte man sich gründlich überlegen, was man auf die Frage antwortet, weshalb man den Job wechseln will.

Laut Stepstone zählen zu den wirklich guten Gründen für einen Jobwechsel:

  • das Interesse an einer neuen Branche
  • Lust auf neue Herausforderungen
  • Freude an fachlicher Weiterentwicklung
  • das Kennenlernen einer anderen Arbeitsumgebung
  • Internationalität
  • familiäre Gründe

Auch wenn ein Gehaltssprung von fünf Prozent durchaus realistisch ist, sollte man auf keinen Fall gleich das Geld ansprechen. Ebenso macht es keinen guten Eindruck, wenn man sich über den vorigen Arbeitgeber beschwert oder über das Arbeitspensum beklagt.

Erst wenn das berechtigte Interesse am neuen Posten klar dargelegt wurde, kommt der Zeitpunkt, sich gute Konditionen wie Dienstwagen, Provision und Fixum auszuhandeln. Neben der Bezahlung von Gehältern und/oder Provisionen werden im Vertrieb auch besonders starke Leistungen mit speziellen Goodies wie Smartphones, Tablets oder ähnlichem belohnt. Informieren Sie sich aber auch genau über alle weiteren Rahmenbedingungen wie Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen.

Und bedenken Sie, je höher Ihre Forderungen sind, desto mehr erwartet auch der Arbeitgeber bezüglich der von Ihnen zu erreichenden Ziele.

Nicht übertreiben – zu oft den Job wechseln geht nach hinten los

Wechselt man den Job nie, vermuten Unternehmen, man sei nicht mehr anpassungsfähig genug. Laut Headhunter Christian Pape gilt man schnell als firmenblind, nicht mehr wechselbereit oder adaptierbar und könne sich nicht mehr auf neue Aufgaben einstellen. „Der Arbeitsmarkt ist diesbezüglich brutal und voller Vorurteile“, warnt Pape.

Zu häufige Wechsel schaden der Karriere aber genauso wie keine Wechsel.

Laut Wirtschaftsjournalist Jochen Mai besteht bei zu häufigen Jobwechseln die Gefahr, als „Jobhopper“ abgestempelt zu werden: „Bei drei Jobs in drei Jahren wäre das gesunde Maß beispielsweise schon überschritten und wirft bei potenziellen Arbeitgebern die Frage auf, was mit Ihnen nicht stimmen könnte.“

Fazit des Experten Als Vertriebsmitarbeitender brauchen Sie sich bei einem Jobwechsel keine großen Sorgen machen, denn gute Vertriebler sind sehr gefragt. Achten Sie aber auf den richtigen Zeitpunkt und vergleichen Sie die Konditionen beider Arbeitsstellen sehr sorgfältig. Und wechseln Sie nicht zu oft.

Birgit Ahlers

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