Vertrieb: Was tun, wenn Kunden gekündigt haben

Achim Jaeger

Es scheint wie eingebrannt zu sein in den Köpfen der Vertriebsleiter und Verkäufer: Beim Versuch, Kunden, die gekündigt haben, zurückzugewinnen, wird die Rabatt- und Geschenk-Karte gezogen. Fatale Folge: Über die Frage „Rückkehr-Nichtrückkehr“ entscheidet allein der Preis.

Kundenrückgewinnung
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Rabattschlachten vermeiden

Es liegt nahe, Kunden, die gegangen sind, mit Vorteilsangeboten, Lockgeschenken und Rabatten zurückzugewinnen. Kurzfristige Erfolge verdecken jedoch die Nachteile dieser Vorgehensweise: Ihre Vertriebsabteilung verheddert sich in unseligen Rabattschlachten, die Kunden und der Markt nehmen Ihr Unternehmen als „Billigheimer“ wahr, der verzweifelt versucht, verloren gegangene Kunden über den Preis zurück zu locken.

„Zurück-locken“, „Verlorengegangenes zurückgewinnen“, „billiger“ – allein die Sprache wirft ein deprimierendes Licht auf solche Rückholaktionen, deren Erfolge bescheiden ausfallen. Untersuchungen etwa im Energiebereich zeigen, dass auf diese Weise lediglich Rückholquoten um die vier Prozent möglich sind. Hinzu kommt: Die Mitarbeiter in Außen- und Innendienst gehen oft mit einem schlechten Gefühl in das Gespräch hinein, weil sie lediglich mit dem Preis argumentieren können und sich wie Bittsteller vorkommen.

Pointiert ausgedrückt, läuft bei ihnen das folgende Kopfkino-Programm ab: „Wir haben damals versagt, darum haben Sie gekündigt, lieber Kunde, aber jetzt bieten wir Ihnen einen Super-Schnäppchen-Preis, bitte kommen Sie zu uns zurück!“

Doch es geht auch anders, das beweist das Trainingsprogramm „Kundenleasing: ‚Ausgeliehene‘ Kunden zurückholen“.

Verleaste Kunden zurückholen statt Kundenrückgewinnung

Dabei stehen drei Aspekte im Fokus: die Einstellungsarbeit, die persönlichkeitsorientierte Mitarbeitermotivation und ein Rückholgespräch, das selbstbewusst nicht auf Preisargumente, Rabatte und Lock-Geschenke fokussiert, sondern den kundenindividuellen Nutzen in den Mittelpunkt rückt.

Die Einstellungsarbeit

Ihre Mitarbeiter und Sie treten nicht als bittstellende Billigheimer auf, sondern als selbstbewusste Nutzenanbieter, die betroffene Kunden als lediglich an den Wettbewerb „ausgeliehene“ Kunden definieren.

Der Hintergrund: Sprache beeinflusst, ja sie bestimmt die Wirklichkeit. Der Begriff „Kundenrückgewinnung“ löst mentale Blockaden aus, die die Mitarbeiter an der kreativen Nutzung ihrer Kompetenz hindert, Kunden zu überzeugen, zu begeistern und zurückzuholen. Der Begriff wird darum bewusst vermieden und durch den motivational positiver besetzten Begriff „Kundenleasing“ ersetzt.

Wer Kunden „verloren“ hat und zurückgewinnen muss, eröffnet das Gespräch mit einer Negativerwartung. Wer lediglich ausgeliehene Kunden zurückholen will, ist eher fähig, die Sicherheit aufzubauen, den Kunden überzeugen zu können. Die Selbstwirksamkeitserwartung steigt, also der Glaube daran, mithilfe seiner Persönlichkeit und Fähigkeiten selbst etwas bewirken zu können.

Es ist Ihre Aufgabe als Vertriebsleiter, in Teamsitzungen oder mit einem unterstützenden Training diese Selbstwirksamkeitserwartung zu erhöhen und den Verkäufern das Vertrauen auszusprechen: „Ich weiß, dass Sie in der Lage sind, die ausgeliehenen Kunden zurückzuholen!“

Mitarbeiter punktgenau motivieren

Wichtig dabei: Sie sollten die Motivationsstruktur der Mitarbeiter kennen und Motivationsanreize setzen, die auf deren Persönlichkeit abgestimmt sind. Es gibt Verkäufer, die sich durch immaterielle Reize zu Höchstleistungen bewegen lassen, etwa durch die Aussicht auf eigenverantwortliches Arbeiten oder die Vergrößerung ihres Kompetenzbereichs. Andere wiederum fürchten sich vor einem Zuviel an Verantwortung. Und wer kennt nicht Mitarbeiter, denen der materielle Anreiz Beine macht. Eine weitere Gruppe schließlich ist begeistert, wenn die Anerkennung im Team und ein Chef-Lob winken.

Sicherlich spielen wirtschaftliche Aspekte so gut wie immer eine Rolle. Einen kräftigen Motivationsschub jedoch erreichen Sie erst dann, wenn Sie darüber hinaus den persönlichkeitsabhängigen Motivations-Knopf finden. Natürlich: Diese Vorgehensweise kostet Zeit und Kraft. Aber sie ist Erfolg versprechender als die „Motivation nach dem Gießkannenprinzip“ ohne Berücksichtigung der Persönlichkeit der Mitarbeiter.

Merkmal-Vorteil-Nutzenargumentation anwenden

Der Grund für Kundenkündigung und Kundenflucht besteht oft in der unzureichenden Berücksichtigung der Nutzenerwartungen und Kaufmotive der Kunden. Darum: Der dritte Aspekt betrifft die Merkmal-Vorteil-Nutzenargumentation (MVN). Die MVN basiert auf der Idee, dass jeder Kunde vor einer Kaufentscheidung Produkte und Dienstleistungen vergleicht. Er wägt ab, was ihm den größten Nutzen bietet, und fällt eine Entscheidung – Nutzen sind Entscheidungskriterien.

Statt auf Billigpreise und Rabatte zu setzen, prüfen Ihre Mitarbeiter, welche Nutzenerwartungen für den jeweiligen ausgeliehenen Kunden von besonderer Relevanz sind. Machen Sie Ihre Mitarbeiter dazu mit den sechs wichtigsten Nutzenerwartungen und Kaufmotiven vertraut. Nach Lutz von Rosenstiel sind dies Sicherheit, Freiheit, Komfort, Prestige, Kontakt und Gewinn. So ist es ihnen möglich, den gesamten Rückholprozess auf die bestimmenden Handlungsmotive der Kunden auszurichten.

Beim dominanten Nutzenaspekt „Komfort“ bietet der Mitarbeiter zum Beispiel ein Rundum-Sorglos-Paket an. Beim sicherheitsorientierten verleasten Kunden hingegen weckt er den Gedanken zur Rückkehr, indem er zufriedene Referenzkunden zitiert und ihn mit objektiven Testergebnissen von der Produktqualität überzeugt.

Dabei gilt: Der Nutzenaspekt „Gewinn“ sollte immer thematisiert werden, aber als „Sahnehäubchen obendrauf“ dargestellt werden.

Der Autor

Achim Jaeger ist Geschäftsführer der Vertriebsimpuls GmbH & Co. KG, Trainer und Berater für Unternehmens- und Personalentwicklung sowie Vortragsredner und Dozent. Mit dem Trainingsprogramm „Kundenleasing: ‚Ausgeliehene‘ Kunden zurückholen“ haben Achim Jaeger und Vertriebsimpuls den Trainer- und Beraterpreis 2015 des BaTB (Bundesverband ausgebildeter Trainer und Berater) gewonnen. www.vertriebsimpuls.de

Achim Jaeger

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