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Schlecht auf die Verkaufsverhandlung vorbereitet, wendet der Verkäufer im Gespräch meist die falschen Strategien an – perfekte Vorbereitung ist daher das Wichtigste erfolgreiche Verhandlungsergebnisse.
10 Tipps für die perfekte Vorbereitung auf eine Verkaufsverhandlung
1 Analyse des Gesprächspartners
Zur guten Vorbereitung gehört unter anderem die Macht-Analyse. Vom Verhandlungspartner sollte man neben seinen Verhandlungszielen auch über seine Position, internen Netzwerke, seinen Einfluss, seine geschäftlichen und persönlichen Interessen, seine Typologie und letztlich auch über seinen persönlichen Leidensdruck Bescheid wissen.
Typologie der Gessprächspartner
Unter der Typologie versteht man die Einteilung der Charaktere nach gewissen Ausrichtungen und persönlichen Interessen. Demzufolge gibt es rote, blaue und grüne und gelbe Anteile bei jedem Menschen. Diese Anteile sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Der Einfachheit halber sprechen wir je nach Ausprägung vom ROTEN, GELBEN, GRÜNEN oder BLAUEN Typus.
Der rote Typus : Zu den Hauptinteressen des roten Typus zählen Dominanz, Kontrolle und schnelle Ergebnisse. Ihn interessiert nicht wie etwas funktioniert sondern was dabei herauskommt. Der rote Typus ist ergebnisorientiert, interessiert und risikobereit. Entscheider gehören z.B. meist zum roten Typus.
Der blaue Typus: „Der blaue Typus interessiert sich vorrangig für Details, ausführliche Unterlagen und Strategien. Er ist eher rational, kontrolliert und fokussiert sich auf Zahlen, Daten und Fakten. Versicherungsmathematiker oder Ingenieure haben meist einen großen Blauanteil,“ so Beuel.
Der gelbe Typus: Der stark gelbe Typus ist eher kreativ, ideenreich und initiativ. Er interessiert sich für alles Neue, für Menschen und lässt sich gerne darauf ein.
Der grüne Typus: Beim grünen Typus handelt es sich um harmonieorientierte, menschenorientierte und empathische Persönlichkeiten. Seinen Fokus hat der grüne Typus bspw. auf Sicherheit, Mitarbeiterzufriedenheit und eine gute Beziehung zu allen Partnern. „Der grüne Typus eröffnet zum Beispiel das Verhandlungsgespräch mit Interesse am Gegenüber,“ erklärte Beuel.
Jeder Verkäufer oder Einkäufer hat von jedem Typus etwas an sich, jedoch dominiert immer einer der vier Typen. Einkäufer sind laut Beuel nur selten grün oder gelb orientiert.
Beuel empfiehlt als Vorbereitung auf Verhandlungen und die richtige Einschätzung der in die Verhandlung eingebunden Personen das Erstellen von Organigrammen. Diese dienen als Basis für das Ableiten von Netzwerken, Macht und Einfluss der einzelnen Personen in ihrem Unternehmen, sowie persönliche und geschäftliche Interessen. Die persönlichen Interessen des Verhandlungspartners lassen sich im Gespräch und gut über seine Typologie und heute relativ einfach über die sozialen Medien recherchieren.
2 Fragen stellen
Um wirklich zu wissen was das Gegenüber will und wie dessen Voraussetzungen sind, muss man in der Vorbereitung und auch während des Gesprächs gezielt Fragen stellen.
Beuel empfiehlt bereits im ersten Gespräch mit einem Kunden folgende Themen zu hinterfragen:
- Das Geschäftsprofil des Kunden, seine Ziele, Chancen und Probleme, aber auch seinen Entscheidungsprozess, weitere Entscheider, Budget und Zeitablauf. Ebenfalls sollten die persönlichen Interessen des Ansprechpartners hinterfragt werden.
- Im finalen Verhandlungsgespräch sind Fragen wie: Worauf legen Sie besonderen Wert? Was ist Ihnen sonst noch wichtig? Worin sehen Sie Ihren Mehrwert bei unserem Angebot? Abgesehen vom Preis, was ist Ihnen sonst noch wichtig?
- Vorbereitete Alternativen erhöhen den Verhandlungsspielraum des Verkäufers. Das Einbringen von Alternativen erfolgt am besten über Fragen: Was halten Sie von…? Wie wichtig ist Ihnen…? Wäre … eine Möglichkeit für Sie?
3 Die Beziehung zum Verhandlungspartner
„Je besser die Beziehung zwischen den beiden Verhandlungspartnern, desto besser das Verhandlungsergebnis. Die Vorbereitungen für eine gute Beziehung sollten bereits vor der Verhandlung geschehen,“ so Beuel. Jedoch auch während der Verhandlung lässt sich die Beziehung zwischen beiden Seiten noch optimieren. Dazu ein paar Tipps:
Ein wenig Smalltalk zu Beginn des Gesprächs schadet nie und lockert die Atmosphäre von Anfang an auf. Laut Beuel sollte man kulturelle Unterschiede erkennen und kulturelle Kompatibilität schaffen. Er nennt diese Strategie „Spiegeln“. Den anderen so gut wie möglich dort abholen, wo er steht.
Besonders wichtig ist es, dem Verhandlungspartner zu jeder Zeit und in jeder Situation Wertschätzung entgegenzubringen. Man muss seinen Status, besondere Talente, seinen guten Ruf, seine Referenzen, Erfolge, Erfahrung und seine Position positiv hervorheben. Dabei sollte der Verkäufer aber immer glaubwürdig bleiben: „Vorsicht: keine Schleimspur ziehen! Man muss Vertrauen aufbauen und dem Gegenüber mit Offenheit begegnen, durchaus auch einmal etwas Persönliches preisgeben, jedoch niemals Intimes. Vorhandene Gemeinsamkeiten sollte man herausstellen, gibt es keine, muss man Gemeinsamkeiten schaffen: Dazu eignen sich hervorragend gemeinsame Ziele, Freunde aber auch Feinde.“
4 Notfalls NEIN sagen
Ein Verkaufschancen-Check vor dem Gespräch ist laut Beuel absolut empfehlenswert: „Man sollte nicht alles jeder Bedingung mitmachen. Wenn mehr Leute zu schlechten Bedingungen nein sagen würden, könnten sich die Bedingungen für alle Verkäufer zum Positiven ändern.“
5 Der richtige Ansprechpartner
Vor allem bei neuen Kunden ist es wichtig schon im ersten Gespräch abzuklären, wer der richtige Ansprechpartner ist – sonst verschießt man sein ganzes Pulver an die falsche Person.
6 Ausgeglichenes Mengenverhältnis der anwesenden Personen
Es empfiehlt sich darauf zu achten, dass die Menge der Personen auf beiden Seiten halbwegs ausgeglichen ist. Sollte also der Verhandlungspartner mehrere Personen aus seinem Unternehmen am Gespräch beteiligen wollen, wäre es angebracht ebenfalls mit Verstärkung zu kommen.
7 Günstige Termine
„Manchmal werden Termine für eine Abschlussverhandlung vom Kunden diktiert. Das ist oft ein Zeichen dafür, dass der Favorit schon fest steht, vor allem wenn mehrere Mitbewerber am selben Tag eingeladen sind. Sofern es möglich ist, sollte man zunächst selbst einen fixen Terminvorschlag machen, den der Gesprächspartner ablehnen muss. Durch das erste NEIN erzeugt dieser bereits vor Beginn des Gesprächs Schuld auf seiner Seite und stärkt damit die Machtposition des Verkäufers,“ empfiehlt der Vertriebsexperte. Diese Vorgehensweise basiert auf dem Prinzip der „Reziprozität“.
8 Verbündete stärken die Position
Für die Stärkung der eigenen Machtposition ist es wichtig, gute Verbündete zu haben. Dazu empfiehlt Beuel strategisches Beziehungsmanagement und teilt die potenziellen Partner in drei Gruppen ein.
- Die Mentoren zum Beispiel sind Freunde und von besonderem Nutzen. Sie sollte man auf jeden Fall um Unterstützung bitten. Von ihnen kann man sich bereits im Vorfeld wertvolle Informationen holen. „Gute Informationen können wahres Geld bedeuten,“ erinnert Beuel. Die besten Mentoren sind vor allem Menschen in entscheidender Position, die daran interessiert sind, dass der Verkäufer gewinnt.
- Mit der zweiten Gruppe von potenziellen Partnern, den Neutralen sollte man eine persönliche Beziehung aufbauen und sich verbünden. Um sie besser gewinnen zu können, muss man ihre persönlichen Motive und Interessen kennen und für sie einen persönlichen Nutzen stiften.
- Leider gibt es meist auch die dritte und unangenehmste Gruppe im Kundenunternehmen, die Feinde. Der Feind boykottiert, zweifelt die Glaubwürdigkeit des Verkäufers an und kritisiert alles. Ihn als Verbündeten zu gewinnen ist meist illusorisch, jedoch sollte man versuchen ihn zu neutralisieren. Um das zu erreichen macht es oft Sinn, die Mentoren als Hilfe einzusetzen und die unternehmensinterne politische Struktur zu nutzen. Vielleicht gewinnt man am Ende den Feind ja doch noch als Verbündeten.
9 Das ideale Verhandlungsteam
Das ideale Verhandlungsteam besteht aus einem Entscheider, einem taktischen Führer und dem Verhandlungsführer. Hier bezieht Beuel sich auf das FBI-Konzept für schwierige Verhandlungen.
- Der Entscheider legt Ziele, Prioritäten und Ausstiegspunkte fest. Er trifft die letzten Entscheidungen, trägt die Verantwortung und nimmt das Verhandlungsergebnis an oder lehnt es ab. Der Entscheider bleibt immer im Hintergrund, nimmt also niemals persönlich an der Verhandlung teil.
- Der taktische Führer nimmt an der Verhandlung zwar teil, bleibt aber ebenfalls im Hintergrund und greift nur auf Signal des Verhandlungsführers in das Gespräch ein. “Er ist die emotionale Unterstützung für den Verhandlungsführer, beobachtet, macht nebenbei Notizen, informiert und interpretiert. Er entwickelt Offerten und Strategien. Bei Fragen verweist er auf den Verhandlungsführer,“ erklärte Beuel.
- Der Verhandlungsführer trägt die Verantwortung für die Verhandlung. „Er hat klar geregelte Kompetenzen und verweist nur, wenn er nicht entscheiden kann, auf die höhere Instanz, den Entscheider. Er ist rhetorisch gut geschult, kennt alle Verhandlungsstrategien, Methoden und Taktiken und ist stets daran interessiert seine eigene Machtposition in der Verhandlung zu erhöhen,“ so Beuel.
10 Der richtige Start bei der Vertriebsverhandlung
Vorstellen sollte man sich als Spezialist oder Experte für sein Thema. Wie bereits erwähnt lockert Smalltalk die Atmosphäre. Ob aber Smalltalk zu Beginn des Gesprächs geführt wird, entscheidet allein der Kunde.
Im gesamten Gespräch muss die Nutzenargumentation immer im Vordergrund bleiben, nicht nur der geschäftliche Nutzen, sondern auch der persönliche Nutzen des Kunden. Denn jeder Geschäftskunde hat auch einen persönlichen Nutzen aus dem Geschäft. Die Argumentation muss also immer passend zum Gesprächspartner vorbereitet werden. “Machen Sie zunächst eine Gesamtbetrachtung der Verhandlungsgegenstände und vermeiden Sie es ,einzelne Verhandlungspunkte von Beginn an nach einer Liste abzuarbeiten. Nur Positionen zu verhandeln führt häufig zu Verlusten bei beiden Verhandlungspartnern und zu viele Kompromisse enden oft in einer eine Lose-lose-Situation“. Von den Positionen muss der Verkäufer also zu den wahren Interessen finden. Die eigenen Interessen nennt er am besten Schritt für Schritt.
Beuel empfiehlt auch während des Gesprächs permanent Fragen zu stellen. Zu wenige Fragen forcieren zu schnell eine suboptimale Lösung. Gefühlte 80% der Verkäufer fragen in Verhandlungsgesprächen zu wenig und konzentrieren sich nur auf das Feilschen um Positionen.
Um erfolgreiche Verhandlungsergebnisse zu erzielen muss der Verkäufer letztlich auch mit den Verhandlungsstrategien und-taktiken selbst bestens vertraut sein.
Lesen Sie in Kürze im Teil 2 über die wichtigsten Strategien in der Verkaufsverhandlung.
Zur Person
Helmut Beuel ist Trainer und Coach mit langjähriger Erfahrung in Entwicklung und Führung von Verkaufsteams und strategischem Verkaufen. Er war selbst mehrere Jahre als Einkäufer, Vertriebsleiter, Personalentwickler und Geschäftsführer in Industrie und Handel tätig. Heute gilt er als Experte für Verkaufs- und Verhandlungsmethodik und Training/Coaching von Sales-Teams. www.helmutbeuel-consulting.de
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