Diese 9 psychologische Fallen sollten Sie in B2B-Verhandlungen vermeiden

Im B2B-Vertrieb stehen oft hohe Summen, komplexe Vertragsstrukturen und langfristige Partnerschaften auf dem Spiel. Gerade in kritischen Verhandlungen passiert es selbst erfahrenen Profis, dass sie unbewusst in psychologische Fallen tappen.

Reality-Check: Psychologische Fallen beeinflussen die Verhandlungsstrategie mehr, als man denkt.
Reality-Check: Psychologische Fallen beeinflussen die Verhandlungsstrategie mehr, als man denkt.© goodluz/stock.adobe.com

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Verhandlungspsychologie im B2B-Vertrieb: Wenn Emotionen den Abschluss gefährden

Im B2B-Vertrieb geht es oft um hohe Beträge, komplexe Abmachungen und langfristige Beziehungen. Doch selbst erfahrene Verhandler sind nicht vor typischen Denkfehlern gefeit. Gerade wenn viel auf dem Spiel steht, übernehmen oft unbewusste psychologische Mechanismen die Kontrolle und beeinflussen Entscheidungen negativ.

Diese Effekte, bekannt aus der Börsenpsychologie, können im Verhandlungsraum ebenso gefährlich sein: Wenn Emotionen und irrationale Beweggründe die Oberhand gewinnen, riskieren Sie, Ihre strategischen Ziele aus den Augen zu verlieren, Fehlentscheidungen zu treffen und den Deal zu verlieren. Schauen wir uns ein paar dieser psychologischen Einflussfaktoren an.

9 psychologische Fallen, die Sie in B2B-Verhandlungen unbedingt vermeiden müssen

 

1 Festhalten am ersten Eindruck – Der Ankereffekt

Beim Ankereffekt geht es darum, dass wir uns oft zu sehr von der ersten Information beeinflussen lassen, die in einer Verhandlung auf den Tisch kommt – sei es das erste Angebot oder die erste Forderung. Dieser „Anker“ prägt dann unsere gesamte Verhandlungsstrategie.

In B2B-Verhandlungen könnte das bedeuten, dass Sie sich zu sehr auf ein Angebot festlegen, obwohl es möglicherweise nicht optimal ist.

Ein typisches Beispiel wäre, wenn der erste Preis, der in die Diskussion kommt, alle weiteren Verhandlungen dominiert – auch wenn die tatsächlichen Marktbedingungen etwas anderes nahelegen.

2 Übermäßiges Selbstvertrauen – Der Overconfidence-Bias

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen am Verhandlungstisch und sind fest überzeugt, den besten Deal für Ihr Unternehmen einzufahren. Hier setzt der Overconfidence-Bias an – zu viel Selbstvertrauen kann gefährlich werden. Wer glaubt, immer richtig zu liegen, könnte wichtige Details übersehen oder Risiken unterschätzen.

In B2B-Verhandlungen könnte das bedeuten, dass Sie sich zu sehr auf Ihre bisherigen Erfolge verlassen und dabei übersehen, dass die aktuelle Situation vielleicht ganz anders ist.

Ein Verhandler, der zu selbstsicher ist, riskiert, unrealistische Forderungen zu stellen oder sich zu wenig auf neue Informationen einzulassen. Das erinnert an einen Anleger, der glaubt, den Markt „durchschaut“ zu haben, und deshalb unnötige Risiken eingeht – nur um am Ende mit leeren Händen dazustehen.

3 Verlustangst – Die Verlustaversion

Niemand mag Verluste und das zeigt sich besonders deutlich in Verhandlungen. Die Verlustaversion beschreibt, warum wir eher vorsichtig agieren, wenn wir das Gefühl haben, dass etwas schiefgehen könnte.

Diese Verlustangst kann in B2B-Verhandlungen dazu führen, dass Sie ein vielversprechendes Angebot ablehnen oder sich zu schnell mit einem weniger vorteilhaften Deal zufriedengeben, nur um Verluste zu vermeiden. Man lässt sich zu schnell auf Kompromisse ein, anstatt mutig das Maximum herauszuholen.

4 Gruppenverhalten – Der Herdentrieb

Der Herdentrieb beschreibt die Neigung, dem Verhalten anderer zu folgen, anstatt eigenständig zu entscheiden. In B2B-Verhandlungen zeigt sich dieser Bias häufig darin, dass Verhandlungsführer Entscheidungen treffen, die in ihrer Branche üblich sind, ohne sie kritisch zu hinterfragen.

Beispielsweise könnte ein Unternehmen, das sieht, dass alle Konkurrenten auf eine bestimmte Lieferkette setzen, geneigt sein, denselben Weg zu gehen, ohne die Vor- und Nachteile dieser Entscheidung gründlich zu analysieren.

Nur weil etwas „branchenüblich“ ist, heißt das noch lange nicht, dass es der beste Weg für Ihre Situation ist.

5 Falsche Annahmen – Der Spielerfehlschluss

Ein weiterer klassischer Fehler ist der Spielerfehlschluss. Er beschreibt die irrige Annahme, dass frühere Ereignisse zukünftige Ergebnisse beeinflussen. Dieser tritt auf, wenn Verhandlungsführer glauben, bestimmte Ergebnisse wären unvermeidlich, nur weil sie in der Vergangenheit eingetreten sind.

In B2B-Verhandlungen könnte das bedeuten: „Unser Lieferant hat beim letzten Mal nachgegeben, also wird er das wieder tun.“ Diese Annahme kann dazu führen, dass man sich zu sehr auf ein bestimmtes Ergebnis verlässt und dabei andere wichtige Aspekte der Verhandlung außer Acht lässt.

Das ist vergleichbar mit einem Casino-Spieler, der glaubt, dass nach fünfmal Rot jetzt endlich Schwarz kommen muss – obwohl die Wahrscheinlichkeit immer noch 50:50 ist. In Verhandlungen führt dieser Fehlschluss oft zu überzogenen Erwartungen und enttäuschten Hoffnungen.

6 Fehlende Flexibilität – Der Representativeness Bias

Ein weiteres großes Problem in Verhandlungen ist der Representativeness Bias. Dieser Bias tritt auf, wenn wir uns zu sehr auf Muster aus der Vergangenheit verlassen und sie blind auf neue Situationen übertragen.

In B2B-Verhandlungen könnte das heißen: „Das hat früher funktioniert, also wird es auch dieses Mal klappen.“ Aber so einfach ist das leider nicht. Jede Verhandlung hat ihre eigenen Regeln und Dynamiken, und was einmal funktioniert hat, ist noch lange keine Garantie für zukünftigen Erfolg. Denken Sie daran, wie ein Börsenanleger, der davon ausgeht, dass eine Aktie weiterhin steigen wird, nur weil sie das in der Vergangenheit getan hat – ein Trugschluss, der teuer werden kann.

7 In der Komfortzone bleiben – Der Home-Bias

Der Home-Bias beschreibt die Tendenz, sich auf das Bekannte und Vertraute zu verlassen, anstatt neue Märkte oder Partner zu erkunden. In B2B-Verhandlungen bedeutet das oft, dass Unternehmen lieber mit den gleichen Lieferanten oder Partnern zusammenarbeiten, weil sie sich darin sicher fühlen – auch wenn es bessere Alternativen gibt. „

Diese Denkweise kann das Potenzial für Innovationen einschränken und die Chancen auf bessere Konditionen mindern. Das ist wie ein Anleger, der nur in heimische Unternehmen investiert, weil er den internationalen Markt als zu riskant empfindet.

Wer sich zu sehr in seiner Komfortzone bewegt, verpasst möglicherweise große Chancen und bleibt hinter den Möglichkeiten zurück, die eine globalisierte Welt bietet.

8 Selektives Hören – Der Confirmation-Bias

Beim Confirmation-Bias neigen wir dazu, nur die Informationen zu suchen und zu akzeptieren, die unsere bestehenden Überzeugungen bestätigen. In B2B-Verhandlungen könnte das heißen, dass Sie nur die Aspekte sehen, die Ihre Position stärken, und wichtige Gegenargumente und Warnsignale ignorieren. Das kann dazu führen, dass man auf starren Positionen verharrt und dadurch flexible und möglicherweise gewinnbringendere Lösungen übersieht.

9 Angst vor Reue – Die Regret-Aversion

Die Regret-Aversion ist die Angst davor, eine Entscheidung zu treffen, die man später bereuen könnte. Man könnte es auch als die Angst vor Fehlern bezeichnen.

In B2B-Verhandlungen zeigt sich diese Angst oft darin, dass man zögert, neue oder ungewöhnliche Angebote anzunehmen, weil man befürchtet, dass sich diese Entscheidung später als Fehler herausstellen könnte.

Diese Vorsicht kann dazu führen, dass man Chancen verpasst oder sich zu konservativ verhält und  sich auf bewährte, aber vielleicht nicht optimale Lösungen verlässt, anstatt mutig neue Wege zu gehen. Diese Reueangst hindert uns daran, potenziell lukrative Gelegenheiten zu nutzen und innovative Lösungen in Betracht zu ziehen.

Fazit der Expertin

Bessere Verhandlungsstrategien durch Selbstreflexion

Egal, ob Sie in B2B-Verhandlungen oder beim Börsenhandel agieren: Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, sich dieser psychologischen Fallen bewusst zu sein. Wer seine eigenen Denkfehler erkennt und versteht, wie sie das Entscheidungsverhalten beeinflussen, kann klügere Entscheidungen treffen.

Fragen Sie sich beim nächsten Verhandlungsgespräch, ob Sie gerade in eine dieser psychologischen Fallen tappen und ob Ihre Entscheidungen wirklich auf soliden Überlegungen beruhen.

Dieser kleine Moment der Selbstreflexion kann Ihnen helfen, klügere, strategischere Entscheidungen zu treffen und langfristig erfolgreicher zu sein – ohne unnötige Verluste oder verpasste Chancen.

Denken Sie daran: Ihr größter Gegner ist nicht unbedingt Ihr Verhandlungspartner. Oft sitzt er in Ihrem eigenen Kopf und versucht, Sie zu überlisten. Mit dem richtigen Bewusstsein und etwas Selbstreflexion können Sie diese inneren Hindernisse überwinden und Ihre Verhandlungsstrategien auf ein neues Level heben.

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Ulrike Knauer

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