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Der Käufer macht sich zum Kunden und das Unternehmen schaut meistens zufrieden zu. Das ist ein klassischer Prozess, nicht nur in B2C-Märkten mit vergleichsweise einfachen und günstigen Produkten, sondern auch im B2B-Verkauf mit komplexen Produkten und Serviceangeboten.
Das Ziel des Vertriebs ist es schließlich, zu verkaufen. Neukundengewinnung steht verständlicherweise fast überall ganz oben auf der Vertriebsagenda. In Vertriebsstrukturen mit hohem Wachstumsdruck und finanziellen Belohnungen für das Erreichen und Übererfüllen von Vertriebszielen ist es eigentlich nicht vorgesehen, neutral zu beraten, abzuraten oder sogar abzusagen.
Unternehmen sollen Ihre Zielkunden wählen – und nicht umgekehrt
Kunden sind für den Vertrieb immer eine zu knappe Ressource. Verkaufspotenziale gilt es deshalb konsequent zu erschließen und nicht Käuferentscheidungen kritisch zu hinterfragen. Aufgabe des Vertriebs ist es, darauf hinzuwirken, dass potenzielle Kunden sich für das Unternehmen entscheiden. Der Vertrieb versucht, Kunden zu gewinnen. Wer wählt, ist der Kunde.
Dieses Verständnis besteht in vielen Unternehmen und ist häufig tief in Vertriebszielen und Steuerungsstrukturen verankert. Aus ganz unterschiedlichen Gründen ist es jedoch gerade in B2B-Märkten mit komplexen Produkten und Servicelösungen wichtig, dass Unternehmen bestimmen, wen sie als Zielkunden möchten und dies nicht dem Markt oder dem Engagement eines rein auf Verkaufszahlen ausgerichteten Vertriebsteams überlassen.
Passende Kunden
Es wird kaum Vertriebsorganisationen geben, die keine Antwort auf die Frage nach ihren Zielkunden geben können. Allerdings werden sich die Beschreibungen der Zielkunden sehr stark unterscheiden, was die Konkretisierung der Auswahlkriterien betrifft.
So kann ein Vertrieb als Zielkunden alle Unternehmen mit 500 bis 5.000 Mitarbeitern in Deutschland betrachten, das über Lagerhallen verfügt. Für ein anderes Unternehmen könnten die Zielkunden Personalabteilungen in mittelständischen Unternehmen sein, die einfache personalintensive Dienstleistungen anbieten, sehr viel mit Zeitarbeitern und Aushilfen arbeiten und daher eine sehr hohe Personalfluktuation aufweisen. Einmal ein sehr großer aber unspezifischer Markt. Und einmal ein kleiner, aber klar konturierter Markt.
Es kann sein, dass das zweite Unternehmen ein sehr spezielles Produkt hat, das für die speziellen Probleme einer klar abgrenzbaren Nutzergruppe entwickelt wurde und für diese besondere Vorteile erbringt. Auch wenn es sich grundsätzlich für einen breiteren Kundenkreis eignen würde, ist das Produkt offensichtlich für die genannte Zielgruppe von Relevanz und kann deren Bedürfnisse besser als andere Anbieter erfüllen.
Ziel dieses Unternehmens ist es nicht, einen möglichst großen Markt zu bedienen, sondern passgenaue Lösungen für eine Kundengruppe mit einem spezifischen Problem zu liefern und diese besonders gut zu bedienen. Es geht nicht um die Größe des Zielmarktes, sondern um den Produkt-Kunden-Fit. Kein Durchschnittsprodukt für einen Durchschnittsmarkt.
Je konkreter die Vorstellungen zur Marktpositionierung und je stärker die strategische Ausrichtung der Produkte und Serviceleistungen auf bestimmte Unternehmen, desto einfacher fällt auch die Beurteilung, ob Kunden passen oder nicht.
Vertriebsorganisationen in solchen Unternehmen sind in der Lage, sehr fokussiert zu arbeiten und zu entscheiden, wo es sich lohnt, sich wirklich zu engagieren und um Zielkunden zu kämpfen, weil Produkt und Kunde passen. Wenn das gegeben ist, dann entstehen langfristige und ertragreiche Kundenbeziehungen, von denen beide Seiten profitieren.
Unpassende Kunden
Jedes Unternehmen hat unpassende Kunden, deren Bedürfnisse nicht perfekt befriedigt werden können und für die es deshalb Einkaufsalternativen gegeben hätte. Sie sind aus diesem Grund sehr preissensibel und kritisch und neigen zu vermehrter Kritik und Beanstandungen.
Unpassende Kunden werden keine Stammkunden. Sie machen keine Werbung, sie erzeugen häufig mehr Aufwand und sie binden Ressourcen, die für die Betreuung passender Kunden dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Zudem können sie eine potenzielle Quelle für die Unzufriedenheit der eigenen Mitarbeiter sein.
Jeder Mitarbeiter kann Geschichten von unpassenden und daher schwierigen Kunden erzählen. Auf der Arbeitsebene, dort also, wo die Probleme auftreten und gelöst werden müssen, wird die Zusatzbelastung durch nicht passende Kunden recht klar gesehen.
Weiter oben in der Unternehmenshierarchie werden unpassende Kunden zumeist dann wahrgenommen, wenn Beschwerden eskalieren und das Top-Management eingeschaltet wird. Ansonsten aber gehen unpassende Kunden in den Vertriebsstatistiken und Finanzreports unter. Zu selten sind sie deshalb das, was sie eigentlich sein sollten: Gegenstand vertriebsstrategischer Überlegungen.
Unternehmen müssen lernen, unpassende Kunden zu identifizieren und von ihnen zu lernen. Und dabei geht es nicht nur um die rein finanzielle Betrachtung. Verluste mit Kunden sind häufig ein wichtiges Symptom für Probleme.
Aber um Kunden angemessen zu beurteilen, sollte die Perspektive erweitert werden. Aus dem Verständnis über unpassende Kunden ergeben sich schließlich auch Chancen. Ebenso wie Stammkunden können sie dabei helfen zu verstehen, was ein Unternehmen und seine Produkte ausmachen. Sie können Anstöße für Produktinnovationen liefern und helfen, das Profil von
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