Die zwei Gesichter der Vergütung für Top-Verkäufer

Leistung muss sich lohnen – gerade im modernen Vertrieb. Ein ganz besonders wichtiges Gut sind in vielen Unternehmen die Top-Performer, die nicht selten einen sehr großen Anteil am Gesamterfolg haben. Folglich vergütet man sie entsprechend. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, denn: Unter gewissen Umständen hat dies negative Konsequenzen für Leistung und Vertriebserfolg.

Vergütung für Top-Verkäufer
© Fotolia_188736866_S.jpg

View: 4.131 Kommentieren: 0

Erfolgreiche Verkaufsberater auch durch besondere finanzielle Anreize zu motivieren ist im Vertrieb weit verbreitet. Schließlich machen die Top-Performer nicht selten einen großen Anteil des Gesamtumsatzes aus. Einerseits wird man dadurch dem teilweise erheblichen Beitrag gerecht, den diese zum Unternehmenserfolg leisten. Andererseits baut man seine „best practices“ so zu Vorbildern auf, hofft auf gesteigerte Motivation unter den Vertriebskollegen und einen Lerneffekt in Bezug auf deren eigene Kompetenz im Verkaufsalltag frei nach den Mottos „Copy with pride“ und „Learn from the best“.

Wenn der „Star-Effekt“ demotiviert

An sich ein schlüssiges Vorgehen, um sowohl die Erwartungen der Top-Verkäufer durch materielle, (z.B. finanzielle) und immaterielle (z.B. persönliche Anerkennung) Entlohnung zu erfüllen, als auch die Arbeit des gesamten Vertriebs effektiv zu optimieren.

Allerdings – und damit kommt der große Haken – führen nachweislich nur ein Drittel solcher Vergütungsstrukturen zu nachhaltigem Erfolg. Der sogenannte „Star-Effekt“ kann ganz im Gegenteil zum erhofften Ergebnis dazu führen, dass andere Vertriebsmitarbeiter demotiviert werden, sich gar opportunistisch verhalten und als Folge das Unternehmen verlassen.

Spezielle Vergütung für Top-Verkäufer

Insgesamt also ein hoch sensibler und kritischer Bereich. Aus diesem Grund haben sich Forscher aus den USA und aus Taiwan nun intensiv mit den möglichen Folgen einer besonderen Entlohnung von erfolgreichen Verkaufsberatern auseinandergesetzt. Im Zuge einer Studie mit 212 Vertriebsmitarbeitern und 71 Vertriebsmanagern taiwanischer Finanzunternehmen erforschten sie die Mechanismen und Rahmenbedingungen, die zu positiven bzw. negativen Einflüssen auf andere Vertriebler führen – mit aufschlussreichen Ergebnissen sicherlich auch für Ihr Unternehmen.

Generell gilt: Wenn Sie Ihre Top-Performer speziell vergüten, werden diese von den anderen Vertrieblern als Vorbilder angesehen. Sowohl unerfahrene als auch erfahrene Mitarbeiter werden zusätzlich motiviert, und durch einen organisationalen Lerneffekt kann eine generelle Verbesserung der Vertriebsfähigkeiten vor allem im Bereich Kundenbeziehungsmanagement erzielt werden. Ihr Vertriebserfolg steigt.

Somit sind positive Auswirkungen belegt. Aber: Liefern Sie in diesem Kontext auch die richtigen Rahmenbedingungen? Wie groß sind etwa Ihre Vertriebsteams? Und welche Kontrollsysteme setzen Sie ein?

Die Forscher fanden heraus, dass verhaltensbasierte Kontrollsysteme (Vertriebsmitarbeiter werden vornehmlich nach ihrer Verhaltensentwicklung, nicht nach ihrem Ergebnis beurteilt) nicht nur die oben genannten positiven Auswirkungen Ihrer Top-Verkäufer-Entlohnung hemmt, sondern teilweise sogar zu opportunistischem Auftreten führt.

Die verhaltensbasierte Beurteilung erfolgt häufig eher subjektiv durch das Vertriebsmanagement – die anderen Verkaufsberater könnten sich ungerecht behandelt fühlen. Zu große Vertriebsteams verhindern zusätzlich eine optimale Entwicklung der Fähigkeiten Ihrer Verkäufer.

Die Lösung der Forscher: Die von den Vertrieblern wahrgenommene Gerechtigkeit und Fairness in Ihrer Unternehmenskultur. Nehmen Ihre Mitarbeiter den unternehmensinternen Umgang als fair wahr, verhindert bzw. hemmt dies die negativen Auswirkungen von Verhaltenskontrolle und großen Vertriebsteams. Ihrer Führung wird vertraut. Die Verkaufsberater fühlen sich nicht benachteiligt und kooperieren.

Die Leistung Ihrer Top-Verkäufer effektiv honorieren – nachfolgend zusammengefasst finden Sie noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

  1. Honorieren Sie außergewöhnlich gute Leistungen im Vertrieb – und fördern Sie den organisationalen Lernprozess

Ihre Top-Verkäufer sorgen für wertvolle Wettbewerbsvorteile und leisten einen großen Beitrag zum Vertriebsergebnis. Belohnen Sie deren Leistung und sorgen Sie so für einen Verbleib im Unternehmen. Fordern Sie von den anderen Mitarbeitern aktiv ein, sich an den „best practices“ zu orientieren und stehen Sie beratend zur Verfügung.

  1. Setzen Sie Verhaltenskontrollsysteme nur mit Vorsicht ein und standardisieren Sie den Bewertungsprozess transparent

Prüfen Sie, ob Verhaltenskontrolle in konkreten Fällen sinnvoll ist – gegebenenfalls kann sie einer individualisierten Kundenbetreuung im Wege stehen. Wenn Sie sie einsetzen, etablieren Sie einen standardisierten und transparenten Bewertungsprozess. Auf diese Weise vermeiden Sie den möglichen Eindruck von persönlichen Bevorteilungen.

  1. Etablieren Sie konsequent eine gerechte und faire Unternehmenskultur und fordern Sie Feedback von Ihren Mitarbeitern ein

Nehmen Ihre Vertriebler Ihre Unternehmenskultur und persönliche Bewertungen als gerecht war, verhindert dies negative Konsequenzen der Top-Verkäufer-Belohnung. Um ein faires Klima sicherzustellen, befragen Sie Ihre Mitarbeiter. Sammeln Sie Feedback und Verbesserungsvorschläge und forcieren Sie so eine offene interne Kommunikation.

Keine Frage – Leistung im Vertrieb muss sich lohnen. Wer Außergewöhnliches für den Unternehmenserfolg leistet, muss eine entsprechende Vergütung und Anerkennung bekommen. Allein schon, um den Verbleib im Unternehmen sicherzustellen. Durch das Bereitstellen bestimmter Rahmenbedingungen haben Sie aktiv die Möglichkeit, negative Auswirkungen auf die Leistung der anderen Vertriebler einzudämmen oder gar zu verhindern. Gelingt Ihnen dies, verbessert sich Ihre Vertriebsperformance langfristig.

Von Jan Wieseke, Niklas Heimann und Jan Helge Guba

Information: Der Artikel basiert in Teilen auf der 2017 im Journal of Personal Selling & Sales Management erschienenen Studie von C. Fred Miao, Kenneth R. Evans und Pochien Li mit dem Titel „Effects of top-performer rewards on fellow salespeople: a double-edged sword”.

Prof. Dr. Jan Wieseke

Kommentar hinzufügen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert