Diese Fallstricke sollten Sie bei Ausschreibungen im B2B beachten!

Ausschreibungen sind immer eine heikle Sache für den Vertrieb. Denn hat man sich erst einmal entschlossen an der Ausschreibung teilzunehmen, stehen wichtige Fragen im Raum: Wie umfangreich sollte das Angebot sein? Welche Referenzen  passen am besten zu der Ausschreibung? Und vor allem: wie setze ich den Preis optimaler Weise an?

Ausschreibungen
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Wichtig ist in letzter Instanz, wie Ihr Angebot auf den Kunden wirkt, was er denkt und vor allen Dingen in welchem Kontext. Sämtliche aufgenommene Aspekte stellen Signale an den Käufer dar, die korrekt eingesetzt den entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz bringen können.

Entscheidender Vorsprung durch gezielte Signale bei der Angebotsgestaltung

Sie haben eine erste Vorstellung vom möglichen Inhalt des Angebots und gehen diese noch einmal durch. „Was ist, wenn ich einen zu hohen Preis festlege? Gehe ich, wenn es hart auf hart kommt, runter?“ Natürlich haben Sie die Konkurrenz im Hinterkopf. Wie können Sie dieser Situation am effektivsten begegnen? Gibt es bestimmte Hebel, die bei der Beantwortung dieser Fragen besonderen Einfluss haben?

Ein Forscherteam aus den USA hat sich intensiv mit genau dieser Problematik auseinandergesetzt. In einer Studie befragte es 185 Entscheidungsträger aus internationalen Unternehmen verschiedener Branchen. Heraus kam, dass die Bewertung der Angebote nicht nur viele Einflussfaktoren hat, sondern sich auch situationsbedingt (beispielsweise nach der Wichtigkeit des nachgefragten Produkts für den Kunden) unterscheidet.

So identifizierten die Forscher drei zentrale angebotsbezogene Verkäufer-Signale, die in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Interpretationen und letztlich Kaufentscheidungen des Kunden zur Folge hatten. Im Folgenden haben wir Ihnen die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammengefasst:

Signal 1: Preisbezogene Zugeständnisse

Bei preisbezogenen Zugeständnissen nach der eigentlichen Abgabe des Angebots kristallisierten sich drei Kerndimensionen heraus: Einerseits kann ein Entgegenkommen beim Preis vom Kunden als besonderes Maß an Flexibilität empfunden werden. Des Weiteren signalisiert der Verkäufer, dass er die Partnerschaft ernst nimmt und hebt sich dadurch von der Konkurrenz ab. In beiden Fällen gibt es positive Resonanz, das Angebot wird eher angenommen.

Das späte Eingehen von Zugeständnisse kann jedoch auch negativ aufgenommen werden, beispielsweise als opportunistische Zurückhaltung. Der Käufer weiß, dass das beste Angebot nicht zuerst abgegeben wurde und Vertrauen geht verloren. Vor allen Dingen bei bestehenden Lieferanten, bei etwaigen internen Kommunikationsproblemen der Verkäufer-Partei sowie bei fehlender Einhaltung des verlangten Angebotsprozesses wiegt der wahrgenommene Vertrauensbruch bei späten Zugeständnissen umso schwerer.

Signal 2: Spezifität des Angebots

Hinsichtlich der Frage, wie detailliert das Angebot formuliert ist, konnten vier verschiedene Interpretationsmöglichkeiten identifiziert werden – zwei mit positiven und zwei mit negativen Folgen. Natürlich kann Spezifität für den Kunden Glaubwürdigkeit und Vertrauen bedeuten. Die Verkaufspartei hat sich mit den Bedürfnissen auseinandergesetzt, Empathie gezeigt und aktiv zugehört und demonstriert dies durch eine detaillierte Angebotsbeschreibung, was nicht zuletzt auch Professionalität suggeriert. Zudem kann dem Käufer dadurch die letztliche Entscheidung erleichtert werden, zum Beispiel durch die Veranschaulichung diverser Optionen.

Hierbei besteht jedoch die Gefahr, dass der eigentliche Kern des Angebots in den Hintergrund gerät. Das „Große Ganze“ geht verloren und es kann ein Anschein von opportunistischer, absichtlicher Verwirrung entstehen. Der Kunde könnte etwa denken, dass Nachteile oder hohe Kosten bewusst verschleiert werden. So kommt ein negativer Gesamteindruck zustande. Dieser könnte durch verkäuferseitige Kommunikationsprobleme noch gefestigt werden – der Käufer fühlt sich nicht ernst genommen oder missverstanden.

Signal 3: Vergleichende Kundenbeispiele/Referenzen

Referenzen können und sollen Know-how vermitteln, sowohl in der spezifischen Branche, aber auch direkt auf die operative Arbeit mit Kunden bezogen. Man will dem Kunden Unsicherheit nehmen, kennt sich aus und hat gegebenenfalls sogar schon ähnliche Projekte durchgeführt. Dies kann zweifellos positiv wirken und zur Annahme des Angebots führen. Wenn der Vertrieb im Vorfeld des Angebots sogar bereits Einblick in das ausschreibende Unternehmen erhalten hat, etwa durch vorherige Aufträge oder gemeinsam erarbeitete Parallelen zu vorherigen Kunden, festigt sich ein positiver Eindruck.

Durch zu viele oder schlecht gewählte Beispiele ist es jedoch möglich, dass der Käufer seinen persönlichen, spezifischen Fall nicht ausreichend im Angebot berücksichtigt sieht – und positiv gemeinte Referenzen negativ interpretiert.

Fazit

Aus Käufersicht können durch ein Angebot vermittelte Signale also extrem zweischneidig sein. Seien Sie sich dieser situativen, individuellen Komponente bewusst und konzentrieren Sie sich auf jeden Einzelfall. Ein regelmäßiger Austausch mit verschiedenen Mitgliedern des Buying Centers liefert Ihnen zum Beispiel wertvolle Einblicke in den Entscheidungsprozess. Wenn Sie die Signale bei der Angebotsgestaltung vor diesem Hintergrund kontrolliert einsetzen, entsteht ein wichtiger Wettbewerbsvorteil – eine optimale Basis für langfristige Kundenbeziehungen.

Von Jan Wieseke, Niklas Heimann und Jan Helge Guba

Information: Der Artikel basiert in Teilen auf der 2016 im Journal of Personal Selling & Sales Management erschienenen Studie von Jeff S. Johnson, Scott B. Friend und Avinash Malshe mit dem Titel „Mixed interpretations of sales proposal signals”.

Prof. Dr. Jan Wieseke

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