Emotional statt nüchtern: Mit Instagram auf Kundenakquise im B2B-Vertrieb

Es wird immer wichtiger, Produkte emotional zu kommunizieren und den Kunden auf seiner Customer Journey dort abzuholen, wo er sich gerade befindet. Eine ausschlaggebende Rolle spielen hierbei die Sozialen Medien. Die Expertin für Influencer Marketing, Claudia Leischner, stand der Vertriebszeitung Rede und Antwort zum Thema neue Chancen, die Unternehmen durch die Nutzung Sozialer Medien zur Verfügung stehen. Claudia Leischner ist davon überzeugt, dass vor allem Instagram enorme Potenziale bei der Kundenakquise im B2B-Vertrieb bietet und gewährt uns durch das Interview Einblick in ihre Erfahrungen mit dem Medium, seine Besonderheiten und seine Bedeutung im Verkauf komplexer Produkte.

Kundenakquise im B2B-Vertrieb
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Frau Leischner, wieso werden, Ihrer Meinung nach die Sozialen Medien als neue Stars für die Kundenakquise im B2B-Vertrieb bezeichnet?

Soziale Medien sind im B2B-Bereich immer noch so etwas wie die Hidden Champions im Kommunikationsmix. Immer noch hält sich der Glaube, dass sie nur etwas für die B2C-Player seien. Doch mit einer klaren Marketingstrategie können auch B2B-Unternehmen von den sozialen Plattformen profitieren.

3 Gründe für die Nutzung Sozialer Medien zur Kundenakquise im B2B-Vertrieb

1 Streuverluste adé

Sozial Media bietet die Möglichkeit, Zielgruppen so genau wie nie zuvor zu adressieren – über Werbung auf Facebook genauso wie etwa über unternehmensrelevante Angebote in den Business-Netzwerken.

2 Datensammelbecken: Social Media

Wer gutes Social Media-Marketing betreibt wird schnell erkennen, dass Facebook, Instagram und Co. ein Sammelbecken für wertvolle Daten sind. Welches Profil haben die Nutzer? Wie bewerten sie unterschiedliche Produkte? Was kommt besonders gut an?

Die Antworten auf zahlreiche Fragen wie diese liefern soziale Medien kostenlos. Auf Basis dieser Informationen können Unternehmen ihre Produkte verbessern, in den Dialog mit potenziellen Neu- und Bestandskunden treten und somit direktes Feedback erhalten. Das führt letztlich zu einem besseren Kundenverständnis.

3 Einsatzgebiete für B2B-Unternehmen

Besonders wirkungsvoll lässt sich Social Media für B2B-Unternehmen in den Bereichen HR und Recruiting einsetzen, um ein bestimmtes Firmenimage zu erzeugen. Neben der Produktkommunikation ist dies ein ganz zentraler Aktivposten.

Was unterscheidet hierbei Instagram von Facebook, XING, LinkedIn & Co?

Je nach Produkt oder Dienstleitung ist die Entscheidung für eine soziale Plattform ganz unterschiedlich. Während sich kreative und hippe Unternehmen eher auf Instagram konzentrieren, bietet Facebook mit Facebook-Jobs kleinen und mittelständischen Unternehmen eine tolle Plattform, um neue Mitarbeiter anzusprechen. Ist ein Unternehmen im DACH-Raum aktiv und will sein Netzwerk ausbauen, ist es ratsam, auf XING zu setzen, während globale Unternehmen LinkedIn als präferiertes Medium nutzen sollten.

Was ist das Besondere an Instagram?

Instagram ist aktuell mit seiner millardenschweren Community eine der erfolgreichsten Social Media-Plattformen weltweit. Es beruht auf dem Konzept, seine User durch bildgewaltigen, inspirierenden und coolen Content zu faszinieren, statt auf harte Fakten und Zahlen zu setzen.

Das Besondere ist, dass sich die App an die Anforderungen der Generation Mobile angepasst hat: Egal ob im Büro, auf dem Heimweg oder zuhause auf dem Sofa, Instagram-Inhalte lassen sich überall und in den gewünschten Dosen snacken.

Und weil es nicht mehr ausreicht, Leute durch statische Posts an sich zu binden, setzt Instagram zunehmend auf Video-on-Demand-Angebote durch Features wie die Story-Funktion oder IGTV (Instagram TV). Dadurch eröffnet sich auch für B2B-Unternehmen die Möglichkeit, spannende Unternehmenseinblicke und Produktvorstellungen mit den Abonnenten zu teilen.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Instagram ist der Erfolg des Influencer Marketings. Kaum eine andere Plattform schafft es so effektiv, User für ein durch Influencer beworbenes Produkt zu begeistern. Dadurch können Zielgruppen ganz anders angesprochen und eine emotionale Verbindung zum User hergestellt werden.

Mittlerweile hat das Influencer Marketing auch den B2B-Bereich erreicht. Anders als bei der Ansprache von B2C-Zielgruppen sind B2B-Influencer schwieriger zu identifizieren und zu aktivieren, da sie selbst ihren Ruf als Branchen-Experte zu verlieren haben. Schließlich zielen beide Parteien auf eine erfolgreiche, langfristige Zusammenarbeit ab.

Für die Kundenakquise im B2B-Vertrieb bietet Instagram die wundervolle Chance, das eigene Unternehmen aus einem ganz anderen Blickwinkel zu präsentieren und dadurch Nähe zu potentiellen Bewerbern und möglichen Kunden aufzubauen.

So führen Mitarbeiter-Takeover des Accounts dazu, dass der Nutzer die Gesichter hinter der Marke kennen lernt und sich besser damit identifizieren kann. Auch Unternehmensrituale und gemeinsame Aktivitäten sollten dokumentiert werden, um eine emotionale Bindung zu schaffen. Da es bei Instagram um die schönen Dinge des Lebens geht, sollten Aspekte wie die Unternehmenskultur auf dem Account nicht zu kurz kommen.

Welche Rolle spielt Instagram beim Verkauf komplexer Produkte für spezifische Zielgruppen?

Für die Bewerbung komplexer Produkte ist eine ausgefeilte Storytelling-Strategie unerlässlich, denn wer es schafft, das eigene Business mit einer konsistenten Storyline im Gespräch zu halten, der kann auf Instagram mehrere tausend Follower erreichen.

Ein besonders positives Beispiel aus dem B2C-Bereich ist der Autoverleiher Sixt. Auf den kunstvoll inszenierten Bildern werden nicht nur die Mietwagen des Unternehmens optimal in Szene gesetzt. Dank der gezeigten Natur- und Städteaufnahmen wird außerdem das Fernweh im Herzen eines jeden Autofahrers geweckt und zwangsläufig mit dem angebotenen Produkt verbunden.

Dass dieses Konzept auch für die Kundenakquise im B2B-Vertrieb funktioniert, demonstriert das Pharma- und Chemieunternehmen Bayer. Mit seinen farbenprächtigen Aufnahmen gelingt es dem Unternehmen, sein gesamtes Leistungsspektrum abzudecken. Neben futuristisch anmutenden Bildern der technischen Prozesse wird so beispielsweise auch Farmern wie Le Van Thong ein Gesicht gegeben, der in Vietnam seit 40 Jahren Kaffee anbaut. Die Bayer AG stellt sich auf diese Weise nach außen fachlich versiert und gleichzeitig menschennah dar.

Wie sieht, Ihrer Meinung nach, die Zukunft des B2B Vertriebs aus und welche Rolle spielen hierbei die Sozialen Medien, insbesondere Instagram?

B2B-Unternehmen setzen in ihrem Tagesgeschäft noch viel zu oft allein auf nüchterne Zahlen und Fakten. Vor allem die ständig wachsende Menge an Daten gibt uns das Gefühl, die Antworten auf wichtige wirtschaftliche Fragen alleine durch intelligente Algorithmen berechnen lassen zu können.

Eine Studie, die wir, also gyro, zusammen mit der Financial Times durchgeführt haben, zeigt jedoch ganz deutlich, dass Entscheidungen im B2B-Bereich ebenso von Emotionen beeinflusst werden wie jeder andere Aspekt des täglichen Lebens auch. Ich denke deshalb, dass soziale Medien wie Instagram und Co. ein essenzielles Instrument sind, eine emotionale Nähe herzustellen.

Unternehmen haben nun die Möglichkeit, sich ihren Kunden so transparent zu präsentieren, wie es auf keinem anderen Wege möglich wäre, und schaffen somit eine wichtige Vertrauensbasis. Darüber hinaus bietet es sich je nach Branche auch an, praxisnahe Kurzvideos hochzuladen, in denen potenzielle Kunden einen Einblick in die Handhabung und Funktionsweise der jeweiligen Produkte bekommen.

Was wird mit Unternehmen geschehen, die die Möglichkeiten der Sozialen Medien nicht nutzen?

Viele verspielen tatsächlich echte Chancen, indem sie diese medialen Kanäle vernachlässigen. Gerade Plattformen wie Instagram bieten die optimale Gelegenheit, sich als Unternehmen zu positionieren und in Zeiten, in denen Absolventen und Young Professionals sich vor allem hier über potenzielle Arbeitgeber informieren, wäre es doch schade, dieses Potential nicht auszunutzen.

Frau Leischner, erzählen Sie bitte ein wenig von Ihren persönlichen Erfahrungen, die Sie in Ihrer Funktion in Bezug auf Instagram & Co sammeln konnten

Wir von gyro haben Instagram schon seit längerem als Recruiting-Plattform für uns entdeckt. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass der Erfolg stark von der jeweiligen ausgeschriebenen Stelle abhängt. Grundsätzlich gilt: Je kreativer und kommunikativer die Berufszielgruppe ist, desto besser ist sie über diesen Social Media-Kanal zu erreichen.

Anders verhält es sich mit LinkedIn. Für mich persönlich bietet die ursprüngliche Berufsplattform vor allem auf inhaltlicher Ebene einen großen Mehrwert. Neben der Möglichkeit des Netzwerkens kann ich hier auf ganz unkompliziertem Wege eigene Artikel veröffentlichen, in denen ich brandaktuelle Themen von meinem Standpunkt aus diskutiere. Andererseits lasse ich mich auch des Öfteren von Beiträgen anderer Multiplikatoren aus der Branche inspirieren.

Frau Leischner, herzlichen Dank für das Gespräch!

Zur Person

Claudia Leischner ist Geschäftsführerin von gyro Deutschland, dem weltweit führenden B2B-Netzwerk. Sie verantwortet dort das operative Geschäft für D-A-CH am Standort in München. Das Unternehmen erarbeitet zusammen mit 700 Mitarbeitern für seine Kunden B2B-Kommunikationskonzepte, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Die Agentur hat durch ihre innovativen Strategien schon zahlreiche Auszeichnungen gewonnen. Claudia Leischner startete ihre Karriere bei gyro 2009 als Client Service Director und war in dieser Position für die Kundenbetreuung verantwortlich. Davor arbeitete sie u.a. für die Agenturen maxzwo und graffiti, einer Springer & Jacoby Agentur. gyro ist Teil des Dentsu Aegis Network. www.gyro.com

 

Dr. Lydia Polwin-Plass

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