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„Unsere Produkte und Leistungen sind nicht besser als die unserer Mitbewerber.“ Das müssen sich Marketingmanager und Verkäufer oft insgeheim eingestehen. Entsprechend schwer fällt es ihnen, eine überzeugende Kaufargumentation aufzubauen und die Kunden zu Investitionsentscheidungen zu führen.
Verkaufsargument versus Kaufargument
Marketing- und Vertriebsverantwortliche wissen in der Regel, warum sie den Zielkunden ihres Unternehmens etwas verkaufen möchten – zum Beispiel um die gewünschten Umsätze zu erzielen. Weit schwieriger fällt ihnen das Beantworten der Frage: Warum sollen unsere Zielkunden gerade bei uns kaufen – und nicht bei einem Mitbewerber?
Oder anders formuliert: Sie haben zwar viele Argumente parat, mit denen sie ihren Vertriebsmitarbeiter darlegen können, warum ein aktives Verkaufen nötig ist – Verkaufsargumente. Womit sie ihnen aber nicht dienen können, ist eine überzeugende Argumentation, warum die „sehr geehrten Kunden“ gerade das Produkt ihres Unternehmens und kein Konkurrenzprodukt kaufen sollten – Kaufargumente.
Eine überzeugende Kaufargumentation ist für den Vertriebserfolg aber extrem wichtig. Denn egal in welcher Branche ein Unternehmen tätig ist, stets gilt: Es hat Mitbewerber, die ebenfalls um die Gunst der Kunden buhlen – Mitbewerber zudem, die häufig sogar etablierter, günstiger oder innovativer sind.
Problem: Den USP gibt es meist nicht
Das Formulieren solcher Kaufargumente fällt den Marketing- und Vertriebsverantwortlichen vieler Unternehmen schwer. Denn je länger sie hierüber nachdenken, umso bewusster wird ihnen:
- Unsere Mitbewerber sind auch nicht schlecht.
- Ihre Produkte sind gut.
- Auch ihr Service ist passabel.
- Und ihre Preise? Sie sind sogar noch etwas niedriger als unsere.
Warum sollten sich unsere Zielkunden gerade für unser Angebot begeistern?
Eine Ursache hierfür ist: Viele Verantwortliche suchen, wenn es um das Formulieren der Kaufargumente geht, verzweifelt nach dem USP („Unique Selling Proposition“) – also dem einen Merkmal, das ihr Unternehmen oder Produkt von allen Mitbewerbern beziehungsweise Konkurrenzprodukten unterscheidet.
Der USP kann schnell verfliegen
Doch irgendwann stellen sie ernüchtert fest: Ein solches „Alleinstellungsmerkmal“ gibt es nicht! Und wenn doch? Dann lässt sich hierauf keine längerfristige Marketingstrategie aufbauen – zum Beispiel, weil die Mitbewerber das aktuelle Alleinstellungsmerkmal im Servicebereich spätestens in einem halben Jahr kopiert haben. Oder weil sie in drei, vier Monaten den Vorsprung im technischen Bereich oder beim Design eingeholt haben.
Lösungsverkauf: Den Kunden jetzt Mehr-Nutzen verkaufen
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Mehr lesenMehrere Angebotsmerkmale zu einem Gesamtbild kombinieren
Der Versuch, einen USP bzw. ein Alleinstellungsmerkmal zu formulieren, gleicht vielfach dem verzweifelten Versuch, eine Person mit einem Satz zu beschreiben. Das geht nicht!
Dies sei an einem Beispiel illustriert: Angenommen ein Bekannter von Ihnen möchte Sie einem Freund beschreiben. Sagt er zu ihm nur „Paul ist etwa 1,80 groß“, dann entsteht im Kopf des Gegenübers noch kein konkretes Bild. Denn Männer dieser Größe gibt es viele. Anders ist dies, wenn Ihr Bekannter zudem sagt: „Paul hat Elektrotechnik studiert, ist ein kommunikativer Typ, hat meist ein Lächeln auf den Lippen, wandert gerne und ist ein absoluter Fan der bayrischen Küche.“ Dann entsteht allmählich ein Bild.
Ähnlich verhält es sich mit Unternehmen und Produkten. Erst wenn man mehrere Merkmale von ihnen kombiniert, gewinnen sie in der Regel Profil im Markt und werden im Idealfall einzigartig und unverwechselbar.
Aus Merkmalen Kaufargumente ableiten
Also lautet die Aufgabe, alle Merkmale zu ermitteln, die in ihrer Kombination ein unverwechselbares Profil ergeben. Und es gilt zudem: Das Profil soll nicht nur unverwechselbar sein; es soll auch attraktiv sein. Dies wird es erst, wenn Sie aus den einzelnen Merkmalen die Vorteile für den Kunden – also die Kaufargumente – ableiten.
Ein weiteres Beispiel zeigt dies: Sie würden als ein Single gerne eine Person, deren Kontaktanzeige Sie gelesen haben, für ein Date erwärmen. Dann könnten Sie ihr zum Beispiel aufs Band sprechen: „Ich bin ein „kommunikativer Typ“. Dies wäre jedoch nur ein Fakt. Zu einem „Kaufargument“ wird dieses Fakt erst, wenn Sie daraus ableiten: „Deshalb wirst du dich mit mir nie langweilen“.
Entsprechendes gilt für die Merkmale eines Unternehmens oder Produkts. Deren nüchterne Aufzählung motiviert Kunden in der Regel nicht zum Kauf oder zur Kontaktaufnahme. Stattdessen gilt es, aus den Fakten kundenbezogene Nutzen- oder Kaufargumente abzuleiten.
Zum Beispiel so: Ihr Unternehmen produziert seit 20 Jahren Kopiergeräte. Dann könnte das abgeleitete Kaufargument lauten: „Entsprechend ausgereift und zuverlässig sind unsere Geräte, weshalb Sie keine Probleme mit der Wartung haben.“ Oder angenommen Ihre Firma hat Niederlassungen im gesamten deutschsprachigen Raum. Auch dies wäre zunächst nur ein Fakt. Ein abgeleitetes Kaufargument könnte sein: „Entsprechend schnell sind unsere Servicetechniker bei Ihnen, wenn – wider alle Erwartung – mal Probleme auftauchen.“
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Mehr lesenWelches Kaufargument passt bei wem?
Solche Kaufargumente zu entwickeln und diese den Zielkunden zu vermitteln – sei es mittels Werbebriefen, Anzeigen, Social Media-Posts oder Flyern – ist nicht nur Aufgabe der Marketingfachleute. Alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt müssen die Kaufargumente verinnerlicht haben, damit sie diese in Kundengesprächen locker und gezielt einsetzen können.
Dabei sollten Sie und Ihre Kollegen bedenken: Nicht jedes Kaufargument zieht bei allen Kundengruppen gleichermaßen.
Also gilt es aus der Sammlung von Kaufargumenten stets die herauszupicken, die für den jeweiligen Kunden oder die jeweilige Kundengruppe relevant sind. Und teilweise gilt es aus denselben Produkt- oder Unternehmensmerkmalen sogar unterschiedliche Kaufargumente abzuleiten.
Erneut ein Beispiel: Angenommen Sie sind ein kommunikativer Typ. Dann kann die Aussage „Deshalb wird es dir mit mir nie langweilig“ zwar durchaus „ziehen“, wenn Sie als Single einen Mann oder eine Frau für ein erstes Date erwärmen möchten. Anders wäre dies jedoch in einem Bewerbungsgespräch. Dort könnte das abgeleitete Kaufargument beispielsweise lauten: „Deshalb finde ich schnell einen Draht zu Ihren Kunden.“
Ziel: Die gewünschte Investitionsentscheidung herbeiführen
Das gilt gerade in Zeit wie den aktuellen,
- in denen in vielen Unternehmen zwar ein sehr hoher Change- bzw. Innovationsbedarf besteht (zum Beispiel aufgrund des Fachkräftemangels, der gestiegenen Preise und der unsicheren Weltwirtschaftslage),
- diese andererseits mit ihren Kaufentscheidungen aber extrem zögerlich sind, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht (und sich eventuell weniger Geld als in Boom-Zeiten in ihren Kassen befindet).
In ihnen gelingt es Ihnen ohne eine überzeugende Kaufargumentation, die bei den sogenannten „Kittel-brenn-Faktoren“ der Unternehmen andockt, eher selten diese zur gewünschten Investitionsentscheidung zu führen.
Fazit des Experten
Entsprechendes gilt für die Kaufargumente, die Sie bezogen auf Ihr Unternehmen und seine Produkte formulieren. Sie müssen glaubhaft, das heißt belegbar, sein – also aus realen Merkmalen Ihres Unternehmens oder Produkts abgeleitet sein. Sie sollten sich zudem auf ein konkretes Bedürfnis der Zielgruppe oder des jeweiligen Gegenübers beziehen – sonst erzielen sie nicht die gewünschte Wirkung. Also gilt es dieses Bedürfnis im Kundenkontakt zunächst zu ermitteln.
Fazit des Experten
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Danke für die oben dargestellte Sichtweise. Gerne würde ich ergänzen, dass man Kunden immer ?Sicherheit und ein gutes Gefühl? geben muss (verkaufen). Die Sicherheit, das RICHTIGE Produkt, die RICHTIGE Lösung zu bekommen und das Gefühl, bei dem jeweiligen Unternehmen GUT aufgehoben zu sein/ bedient zu werden.
Die amerikanische Werbeagentur TED Bates hatte den USP für Käufer von Markenartikeln, insb. von „packaged goods“, entwickelt. Es ist intuitiv einleuchtend, dass dieses Konzept für erklärungsbedürftige Produkte, geschweige denn für Unternehmen nicht zielführend sein kann. Insofern wird hier eine Scheindiskussion ohne Erkenntnisgewinn geführt. Dass man sich in die Rolle eines Einkäufers versetzen sollte, um dessen ausgesprochenen Interessen und vor allem seine verborgenen Motive möglichst schnell herausfinden muss, ist jedem Jungverkäufer bewusst.