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Damit wir uns nicht falsch verstehen: Mit Regelbruch rufe ich nicht auf, Gesetzte zu brechen. Es gibt ein sehr engmaschiges Netz aus soziokulturellen oder auch historischen Regeln. Viele davon werden einfach von uns – oft sogar unbewusst – befolgt. Es sind Regeln, die für uns in den Bereich der Naturgesetze rücken: unumstößlich, scheinbar immerwährend. Ihre Durchsetzung kann vor keinem Gericht eingeklagt werden. Und dennoch wird die Nichtbefolgung sanktioniert.
Wieso, weshalb, warum handeln wir so?
Besonders im sozialen Kontext und auch im Vertrieb gibt es viele Regeln. Wir befolgen sie, ohne darüber nachzudenken. Warum müssen Unternehmen jedes Jahr x Prozent wachsen? Warum muss man einen Anzug und Krawatte tragen? Warum wird das immer so gemacht? Ist das die beste Strategie für meinen Erfolg im Vertrieb? Stelle diese Fragen! Du wirst selbst von den Befürwortern eher Schulterzucken als plausible Antworten erhalten.
Und da sind wir beim entscheidenden Punkt: Es könnte auch alles ganz anders sein.
Protagonisten des Regelbrechens wie Jeff Bezos, Richard Branson oder Elon Musk sind mediale, gehypte Paradebeispiele. Doch erfolgreiche Regelbrecher finden sich selbst in Deutschland.
Die Aldi-Brüder Theo und Karl Albrecht zum Beispiel. Die haben den Lebensmitteleinzelhandel auf den Kopf gestellt, als sie begannen, 1962 Produkte per Selbstbedienung direkt aus den Kartons und von Paletten zu verkaufen. So sparte man Lagerplatz, Personal, Zeit und damit Kosten. Es war die Geburtsstunde des Discounters. Oder Wolfgang Grupp, Inhaber und Geschäftsführer des Unternehmens Trigema. Er ging so weit, das Mantra des jährlichen Firmenwachstums offen infrage zu stellen.
Es lohnt sich, Regeln gezielt und bewusst zu brechen. Erst wenn es gelingt, uns aus dem eigenen Cocoon der Regeltreue zu befreien, ergeben sich neue Chancen, neue Möglichkeiten und ganz neue Wege. So winken mit dem Regelbruch plötzlich die lange vermissten, neuen, positiven Zukunftsaussichten.
Regelbruch ist ein strategisches Mittel, um Veränderungen herbeizuführen. Das gilt auch für den Vertrieb. Im Folgenden findest du fünf limitierende Vertriebsregeln, die du gerne hinterfragen darfst – und, wenn du möchtest, auch bewusst brechen kannst. Denn eines steht fest: Wer andere Dinge möchte, der muss andere Dinge machen.
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#1 Cut the Bullshit: Bleibe realistisch!
Ein Klassiker in der Welt des Vertriebs. »Gehe nicht mit zu hohen Erwartungen in das Gespräch« oder »Spinne nicht rum und bleibe realistisch«. Wir können froh sein, dass es in der Vergangenheit viele Menschen gab, die diese Regel gebrochen haben. Hätte sich stets jeder an sie gehalten, hätte es keine Entwicklung gegeben.
- Was ist realistisch?
- Was ist unrealistisch?
- Was wird als Bewertungsgrundlage genommen?
- Dürfen wir uns jetzt nur noch Ziele setzen, die andere bereits erreicht haben?
- Oder nur Ziele, die unseren aktuellen Fähigkeiten gerecht werden?
Wer dieser Regel folgt, limitiert sich auf allen Ebenen seines Lebens, nicht nur im Vertrieb. Ein Vorhaben gilt so lange als unrealistisch, bis es jemand gemacht hat und bewiesen hat, dass es realistisch ist. Jeder hat ein Recht darauf, seine eigene Vorstellung und Definition von Realismus zu haben.
Weltraumtourismus war unvorstellbar. Für Richard Branson war er vor zwanzig Jahren schon realistisch. Am 11. Juli 2021 brachte das Raumschiff Virgin Galactic seinen Gründer, Richard Branson, als ersten Nicht-Astronauten an den Rand des Universums.
Bedeutet für dich: Deine aktuellen Fähigkeiten im Vertrieb sind für Realismus keinerlei Bewertungsgrundlage. Fähigkeiten kannst du entwickeln. Du kannst jeden Tag neue Dinge lernen und besser werden. Was für uns heute unrealistisch ist, kann in einem Jahr schon realistisch sein. Wir müssen nur offen für das Unmögliche sein, ohne das Logische außer Acht zu lassen.
#2 Cut the Bullshit: Vermeide Fehler!
Im Vertrieb dürfen keine Fehler gemacht werden? Es gibt oftmals nur diese eine Chance bei einem Kunden, sodass alles perfekt sein muss? Für viele Vertriebler ist es eine der wichtigsten Regeln überhaupt: Fehler müssen vermieden werden. Ein Blödsinn, der großen Schaden anrichtet.
Wer darauf fokussiert ist, keine Fehler zu machen, wird nie sein volles Potenzial entfalten können. Wir müssen erkennen, dass Fehler ein nützliches Instrument sind, nämlich dann, wenn wir anfangen aus Fehlern zu lernen.
Während erfolglose Vertriebler immerzu bestrebt sind, Fehler zu vermeiden oder sie zu ignorieren, fragen sich erfolgreiche Vertriebler: »Woran bin ich gescheitert und was kann ich ändern?« Sie stehen zu ihren Fehlern und nutzen sie, um besser zu werden. Nur so findet persönliche Entwicklung statt. Es ist die identische Ausgangssituation, aber beide werden einen völlig anderen Weg im Leben gehen.
Wie reagiere ich auf das, was passiert und wie will ich auf das reagieren, was mir passiert? Das ist die alles entscheidende Frage.
Fazit: Scheitern ist erlaubt!
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Mehr lesen#3 Cut the Bullshit: Sag immer die Wahrheit
Den Lebenslauf etwas verdrehen, um seinen Traum-Vertriebsjob zu bekommen? Dem Kunden einen kleinen Bären aufbinden, damit du zu einem Abschluss kommst? Sich durch eine kleine Lüge einen Vorteil verschaffen?
Nein! Dann verzichten wir lieber auf den Erfolg. Ehrlichkeit währt immerhin am längsten. Von der Moral her ein toller Ansatz, aber: Gleichzeitig lügen wir unseren Mitmenschen tagtäglich ins Gesicht.
»Nettigkeitslügen«, wie es so schön genannt wird. Wir werden gefragt, wie es uns geht – sagen »gut«, obwohl es uns schlecht geht. Wir geben ein Kompliment, obwohl wir etwas anderes denken. Wir lügen, wenn die Wahrheit angebracht wäre und sagen die Wahrheit, wenn eine kleine Lüge vorteilhafter wäre. Sinn ergibt das nicht.
Wir messen bei der Wahrheit mit zweierlei Maß. Wenn »Nettigkeitslügen« erlaubt sind, dann sind es auch »Vorteilslügen«.
Für dich zum Nachdenken: Richard Branson hat aus einer Telefonzelle die berühmtesten Menschen der damaligen Zeit angerufen, um sie als Kooperationspartner zu gewinnen. Er erzählte ihnen, dass er grad aus seinem Büro anruft und eine Sekretärin hat. Er hatte weder ein Büro noch eine Sekretärin. Deswegen rief er ja aus einer Telefonzelle an. Aber glaubst du, er hätte auch nur einen Cent an Spendengeldern bekommen, wenn er die Wahrheit gesagt hätte?
#4 Cut the Bullshit: Du brauchst einen Plan
Kein Verkaufsgespräch ohne einen strategisch ausgearbeiteten Gesprächsplan? Für viele Vertriebler ein absolutes Muss. Immerhin ist eine gute Vorbereitung die halbe Miete. Es gibt uns ein gutes Gefühl, einen festen Plan in den Händen zu halten. Er gibt uns Sicherheit für das Ungewisse, was sich »Leben« nennt.
Zugegeben: Ein Plan ist nicht schlecht. Nur dürfen wir nicht vergessen, dass wir mit Plänen nicht die Zukunft regeln können, denn sie ist unvorhersehbar. Zu oft versuchen wir in der Gegenwart die Zukunft zu regeln, ohne die nötigen Parameter zu kennen.
Pläne sollten maximal eine Orientierung sein, aber kein Handbuch. Letzteres führt dazu, dass wir uns uns jeglicher Flexibilität und Anpassungsfähigkeit berauben, indem wir uns krampfhaft auf unsere Pläne versteifen.
- Was, wenn dich dein Kunde mit etwas konfrontiert, das nicht in deinem Plan vorgesehen ist?
- Was, wenn dein Plan nicht funktioniert?
- Es gibt eine Regel, die unwiderruflich ist: »Es kommt immer anders als man denkt.«
Nichts gegen Vorbereitung, aber mache nicht den Fehler, dich zu sehr auf den Plan zu fokussieren. Was dann fehlt, ist Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Und wenn es etwas gibt, dass du in Verkaufsgesprächen brauchst, dann ist es Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.
Erkenntnis: Wir müssen uns von unseren Plänen trennen, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, sonst führen sie uns ins Verderben.
#5 Special Cut the Bullshit für Vertriebsorganisationen: Experimente sind unerwünscht
Alles streng nach Vorschrift, keine Fehler und maximale Sicherheit? Nach wie vor besteht die Unternehmenskultur zahlreicher Unternehmen und Organisationen aus diesen Regeln.
Wer Fortschritt und Innovationen anstrebt – und nur dadurch sind Unternehmen langfristig überlebensfähig – muss sich davon lösen. Es muss experimentiert werden gemäß dem Motto »Learning by doing«. Neuheiten entstehen durch Experimente. Dazu gehört es eben auch, zu scheitern. Aber auch hieraus ergeben sich wichtige Learnings und manchmal auch Zufälle, die zu bahnbrechenden Erfolgen führen.
So hatte ein Pharmaunternehmen das Ziel, nach einem Medikament gegen Herzerkrankungen zu suchen. Im Labor entdeckten die Forscher den vielversprechenden Wirkstoff »Sildenafil«. Leider kristallisierte sich das Medikament in menschlichen Studien als Enttäuschung heraus. Nach den Studien hegten zahlreiche Studienteilnehmer den Wunsch, die übrig gebliebenen Tabletten zu behalten – durchweg Männer. Sie halfen zwar nicht gegen das Herzleiden, aber hatten positive Nebenwirkungen in unteren Regionen. Es war die Geburt von Viagra – durch einen Zufall.
Fazit: Probiere neue Dinge aus und versuche, dich immer wieder neu zu erfinden. Und, was das Wichtigste ist: gebe deinen Mitarbeitern den Raum, Dinge auszuprobieren. Wer weiß, was aus diesem Experiment wird …
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Ich hoffe, dass niemand der Leser hier Ratschläge wie: ?Du darfst im Vertrieb ruhig lügen? wirklich ernst nimmt. Das ist nicht nur moralisch absolut verwerflich, sondern lässt mich ernsthaft an der Kompetenz dieses ?Keynote Speakers? Markus Czerner zweifeln. Dazu kommt noch der Tipp Erwartungsmanagement über Board zu werfen? Die hälfte dieser Ratschläge sind wiederverwertete Vertriebs-Allüren aus den 90er Jahren.