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Sie kennen das sicher: Ein Gespräch läuft vielversprechend, Sie spüren echtes Interesse, investieren Zeit, Herzblut und Energie – und dann passiert es.
Stille. Kein Rückruf. Keine Antwort auf die E-Mail. Kein Feedback zum Angebot. Nichts. Was bleibt, ist dieses leise Ziehen im Bauch. Ein Teil von Ihnen möchte am liebsten sofort nachhaken. Ein anderer denkt: „Ich will nicht aufdringlich wirken.“
Ghosting ist kein Zeichen von Desinteresse. Es ist ein Spiegel dafür, wie Menschen mit Unsicherheit umgehen. Und eine Einladung, die eigene Haltung zu schärfen.
Warum Kunden plötzlich verstummen
In meiner Arbeit mit Vertriebsteams erlebe ich es immer wieder: Der Kunde war begeistert, die Lösung passte perfekt und plötzlich herrscht Funkstille. In den meisten Fällen hat das nichts mit Ihnen zu tun.
Die Gründe liegen oft auf Kundenseite
- Überforderung: Der Kunde hat schlicht zu viele Themen gleichzeitig und Ihr Angebot rutscht schlicht auf der Prioritätenliste nach unten.
- Blockaden: Entscheidungen hängen von anderen Menschen ab, die noch nicht so weit sind.
- Emotionale Hemmung: Eine Absage fühlt sich unangenehm an, also vermeidet man sie lieber, statt ehrlich Rückmeldung zu geben.
Für Sie als Vertriebspersönlichkeit bleibt dann ein Vakuum. Sie wissen nicht, woran Sie sind. Und wo keine Klarheit herrscht, beginnt das Gedankenkarussell zu drehen:
- War ich zu teuer?
- War ich zu direkt?
- War ich zu wenig überzeugend?
Doch diese Selbstzweifel sind selten berechtigt. Was Sie in solchen Momenten wirklich brauchen, ist innere Stabilität und die Fähigkeit, Stille auszuhalten.
Kundenakquise im B2B: Angebote richtig nachfassen, um den Auftrag zu machen
Typische Situation im Verkaufsprozess: Der Kunde hat ein Angebot angefordert. Die Vertrieblerin sendet das Angebot zu. Und dann passiert nichts. Was also tun, wenn der Kunde sich nicht meldet? Die … Mehr lesenUnd dann gibt es auch noch die anderen Kunden
Es gibt sie. Kunden, die nicht aus Überforderung oder Unsicherheit verstummen, sondern aus Respektlosigkeit. Sie geben kein Feedback, bedanken sich nicht und denken geben keine Rückmeldung. Man hört einfach nichts mehr von ihnen.
Solches Verhalten ist verletzend, weil es Grenzen überschreitet. Es geht dabei ja nie um Zeitmangel, sondern um Haltung. Wer so agiert, zeigt wenig Bewusstsein für Wertschätzung und Fairness dem anderen gegenüber. Dennoch sagt dieses Verhalten nichts über Ihren Wert als Mensch im Vertrieb aus. Es spiegelt die innere Welt des Gegenübers, nicht Ihre.
Respektlose Kunden sind keine guten Geschäftspartner. Sie handeln kurzfristig, selten partnerschaftlich und kaum je auf Augenhöhe.
Nehmen Sie solches Verhalten wahr und ziehen Sie Ihre Grenze. Nicht aus Ärger, sondern aus Selbstachtung. Atmen Sie tief durch, lassen Sie los und wenden Sie Ihre Energie den Menschen zu, die mit Respekt kommunizieren. Dort, wo Wertschätzung spürbar ist, entstehen Vertrauen, Freude und nachhaltiger Erfolg.
Warum uns Funkstille so schwerfällt
Funkstille trifft uns auf einer tiefen, menschlichen Ebene. Sie konfrontiert uns mit dem, was wir kaum ertragen: dem Fehlen einer Erklärung. Unser Gehirn sucht nach Bedeutung, nach einer Antwort auf das, was passiert ist. Bleibt die Rückmeldung aus, beginnt das Gedankenkarussell. Wir gehen jedes Gespräch im Kopf durch und hoffen, einen Hinweis zu finden.
Dieses Grübeln ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Teil unseres Überlebenssystems. Früher bedeutete Ablehnung Gefahr. Wer aus der Gruppe ausgeschlossen war, überlebte nicht. Dieses Muster wirkt bis heute.
Wir brauchen als Menschen Resonanz, um uns sicher zu fühlen, um zu wissen, dass wir dazugehören.
Doch beim Ghosting bleibt alles still. Kein Signal, keine Antwort. Nun will unser Gehirn das Unklare klären und genau das ist unmöglich. Diese Ungewissheit trifft unseren Instinkt, Sinn herzustellen. Funkstille zwingt uns, mit offenen Fragen zu leben. Und genau das macht sie so schwer auszuhalten.
Innere Stabilität statt Grübelschleife
Ghosting ist kein rein berufliches Thema. Es ist ein emotionales. Und genau darin liegt auch Ihre Chance. Jedes Mal, wenn ein Kunde sich nicht meldet, stehen Sie an einem Wendepunkt. Sie können entscheiden: Wollen Sie grübeln oder führen?
Innere Stabilität entsteht, wenn Sie sich selbst wieder in den Fokus holen. Nicht, indem Sie Gefühle wegdrücken, sondern indem Sie sie bewusst wahrnehmen. Emotionale Selbstführung bedeutet, die Verantwortung für die eigene Haltung zu übernehmen. Sie können nicht steuern, was andere tun. Aber Sie können entscheiden, wie Sie damit umgehen wollen.
Hier kommt mein Impuls für Sie
Wenn Sie merken, dass die Stille Sie ins Grübeln bringt, nehmen Sie sich zwei Minuten Zeit. Atmen Sie ruhig. Und stellen Sie sich folgende Fragen, die Sie zurückbringen in Ihre Souveränität.
- Was genau beschäftigt mich gerade?
- Was kann ich wirklich beeinflussen und was liegt außerhalb meiner Kontrolle?
- Was hilft mir jetzt, ruhig und klar zu bleiben?
Klarheit als Ghosting-Prävention
Bevor Sie das nächste Mal über Funkstille ins Grübeln geraten, halten Sie kurz inne. Fragen Sie sich ehrlich:
- Habe ich in diesem Gespräch wirklich klar kommuniziert?
- War ich verbindlich genug in meinen Aussagen?
- Habe ich gemeinsam mit dem Kunden eine konkrete Vereinbarung getroffen?
- Sind wir beide klar darüber, was der nächste Schritt ist?
Funkstille entsteht nicht immer nur auf Kundenseite. Manchmal entsteht sie, weil wir selbst im Gespräch zu vorsichtig waren oder Dinge offengelassen haben.
Vielleicht, weil wir dachten, der Kunde werde sich schon melden. Oder weil wir nicht klar genug gesagt haben, was wir uns wünschen oder erwarten. Wenn Sie sich regelmäßig selbst prüfen – freundlich, aber ehrlich – entwickeln Sie eine kraftvolle Form der Prävention.
Denn mit jeder klar formulierten E-Mail, mit jedem strukturierten Gespräch und jeder verbindlichen Vereinbarung schließen Sie kleine Unsicherheitslücken. Ghosting lässt sich nie ganz vermeiden. Aber Sie können die Wahrscheinlichkeit deutlich verringern. Durch Klarheit und Verbindlichkeit.
Kundenauswahl: Nicht jeder Kunde ist ein guter Kunde
Nachhaltiger Erfolg im Vertrieb wird erreicht, wenn Unternehmen gezielt Kunden auswählen, deren Anforderungen und Werte zum eigenen Unternehmen passen, anstatt wahllos jede Anfrage zu bedienen. So entstehen stabile, werthaltige … Mehr lesenFühren statt Folgen – auch in der Funkstille
Ein Kunde, der schweigt, stellt Sie vor eine Wahl. Sie können reagieren oder aktiv führen. Führen bedeutet in diesem Moment, präsent zu bleiben, ohne Druck. Klar zu sein, ohne zu drängen. Respektvoll zu bleiben, aber auch, Haltung zu zeigen.
Ich erinnere mich an eine Klientin, die genau an diesem Punkt stand. Ein großer potenzieller Kunde, mit dem sie ein starkes Gespräch hatte und echtes Interesse gezeigt wurde. Und dann kam nichts mehr. Stille. Ihr erster Impuls war, sofort nachzuhaken. Doch sie entschied sich bewusst, innezuhalten.
Sie fragte sich: Was ist jetzt wirklich hilfreich? Anstatt aus Unsicherheit zu handeln, formulierte sie eine ehrliche, empathische und klare Nachricht. Zwar sehr direkt, aber ohne Druck.
Zwei Tage später kam die Antwort. Eine Entschuldigung und die Information, dass intern noch Entscheidungen ausstanden. Die Zusammenarbeit kam zustande. Was den Unterschied machte, war nicht die Formulierung, sondern ihre Haltung. Diese innere Ruhe, gepaart mit Klarheit und Empathie, schaffte Vertrauen. Und genau das ist wahre Führung.
Kommunikation mit Haltung- menschlich und verbindlich
Kommunikation in der Funkstille ist ein Balanceakt zwischen Nähe und Distanz, zwischen Dranbleiben und Loslassen. Wertschätzende und klare Kommunikation bedeutet in solchen Momenten, offen zu bleiben, respektvoll nachzufragen und auf Augenhöhe zu agieren.
Hier ein paar Beispiele für Kommunikation in der Funkstille
- Erste Nachfrage – offen und interessiert:
„Ich hoffe, Sie konnten das Angebot in Ruhe studieren. Gibt es Punkte, die ich für Sie noch klären darf?“
Diese Formulierung hält den Kontakt leicht und respektvoll. Sie signalisiert echtes Interesse, ohne Druck aufzubauen.
- Zweite Nachfrage – respektvoll und klar:
„Da ich bislang nichts von Ihnen gehört habe, vermute ich, dass andere Themen im Moment Priorität haben. Gibt es bereits eine Tendenz, wie Sie bezüglich unseres Gesprächs weitergehen wollen?“
Hier zeigen Sie Präsenz und Verantwortung, ohne zu drängen. Sie bleiben sichtbar und geben dem Kunden die Möglichkeit, sich offen zu positionieren.
- Bewusster Abschluss – klar und souverän:
„Da ich bislang nichts mehr von Ihnen gehört habe, gehe ich davon aus, dass das Thema im Moment nicht weiterverfolgt wird. Sollte sich Ihre Situation ändern, freue ich mich über eine kurze Rückmeldung, um zu sehen, wie wir wieder anknüpfen können.“
Dieser Schritt schafft Klarheit auf beiden Seiten. Er zeigt Haltung, Respekt und Führung. Sie lassen los, ohne sich klein zu machen, und schaffen Raum für das, was wirklich weitergeht.
Der innere Kompass: zwischen Dranbleiben und Loslassen
Vertrieb heißt, in Bewegung zu bleiben – nach außen und nach innen. Wenn Sie souverän handeln wollen, brauchen Sie beides: Energie und Ruhe. Ihr innerer Kompass hilft Ihnen, diese Balance zu halten. Er erinnert Sie daran, dass echte Professionalität und Menschlichkeit zusammengehören.
Dranbleiben bedeutet, den Kontakt zu halten, wenn es Sinn macht. Loslassen bedeutet, zu erkennen, wann genug gesagt ist.
Manchmal entsteht der nächste Auftrag genau dann, wenn Sie aufhören zu ziehen. Weil der Kunde spürt, dass Sie nicht drängen, aber präsent sind. Diese Haltung ist selten und gerade deshalb so kraftvoll.
Souveränität trainieren, bevor Funkstille entsteht
Souveränität im Vertrieb ist kein Zufall. Sie entsteht lange bevor ein Kunde verstummt. In der Art, wie Sie Gespräche führen, sich innerlich ausrichten und mit sich selbst umgehen.
Viele Menschen im Vertrieb verlieren ihre Ruhe, weil sie auf Reaktionen warten, statt sich selbst zu zentrieren. Doch innere Stabilität lässt sich trainieren, genauso wie Verkaufskompetenz. Ein wirksamer Weg ist die bewusste Vorbereitung vor jedem Kundengespräch.
Nehmen Sie sich einen Moment, um innerlich anzukommen. Atmen Sie ruhig und fragen Sie sich:
- Was ist meine Intention für dieses Gespräch, unabhängig vom Ergebnis?
- Wie möchte ich wirken: ruhig, klar und verbindlich oder inspirierend?
- Welche Haltung möchte ich bewahren, auch wenn das Gespräch anders verläuft als geplant?
Diese kurze mentale Vorbereitung dauert kaum eine Minute und verändert alles. Sie treten anders auf, mit Präsenz statt Erwartung. Und genau diese Energie ist spürbar für Ihr Gegenüber.
5 Leitgedanken für souveräne Ruhe bei Ghosting
1 Bleiben Sie bei sich
Nicht jede Funkstille braucht eine sofortige Reaktion. Wenn Sie innerlich ruhig bleiben, behalten Sie die Übersicht. Geben Sie dem Kunden Raum und sich selbst die Freiheit, klar zu denken, statt reflexartig zu handeln.
2 Sehen Sie den Menschen, nicht nur den Auftrag
Auch Ihr Kunde hat Themen, die ihn beschäftigen: Prioritäten, Entscheidungsdruck oder vielleicht auch Unsicherheit. Wer das versteht, reagiert mit Empathie statt mit Ärger. Und bleibt offen für den Moment, in dem der Kunde wieder bereit ist zu sprechen.
3 Bleiben Sie im Dialog – mit Fingerspitzengefühl
Souveränes Nachfragen ist Ausdruck echter Professionalität. Wer gezielt, ehrlich und empathisch nachfragt, zeigt Interesse und Haltung. Eine klare, respektvolle Nachfrage kann die Funkstille auflösen, Missverständnisse klären und das Vertrauen stärken.
4 Fokussieren Sie sich auf das, was Sie beeinflussen können
Ihre Haltung, Ihre Ausstrahlung und Ihre Kommunikation, das sind Ihre wirksamsten Werkzeuge. Verantwortung im Vertrieb beginnt genau dort: bei der bewussten Art, wie Sie in Kontakt gehen, zuhören und Ihre innere Ruhe halten.
5 Vertrauen Sie auf Timing
Nicht jeder Kunde ist sofort entscheidungsbereit. Manche Prozesse brauchen Reifezeit. Kunden spüren, wenn jemand Geduld und Vertrauen hat. Und sie erinnern sich an den Gesprächspartner, der ruhig blieb, ohne nachzusetzen. Wer Vertrauen schenkt, bleibt langfristig im Gedächtnis.
Fazit der Expertin
Die stille Bühne der Souveränität
Ghosting gehört zum Vertrieb wie Regen zum Frühling. Sie können es nicht verhindern, aber Sie können lernen, diese Momente als Einladung zu sehen. Denn Funkstille ist nicht das Ende eines Kontakts, sondern oft der Beginn einer neuen Bewusstheit: Wie klar kommuniziere ich? Wie bewusst führe ich Kundengespräche? Wie gehe ich mit Ungewissheit um?
Wenn Sie in solchen Phasen ruhig, präsent und wertschätzend bleiben, wächst in Ihnen etwas, das kein Training und kein Tool je ersetzen kann: echte innere Souveränität. Sie spüren den Unterschied und Ihre Kunden auch. Aus Unsicherheit wird Klarheit. Aus Druck wird Vertrauen. Und aus Funkstille entsteht Haltung.
Die Zukunft des Vertriebs gehört nicht den Lauten, sondern den Bewussten. Menschen, die mit Ruhe führen, klar kommunizieren und Partnerschaft leben. Manchmal ist genau das Schweigen eines Kunden der Moment, in dem Ihre wahre Stärke sichtbar wird, leise und mit nachhaltiger Wirkung.
Zur Person
Marianne Hochstrasser verfügt über mehr als 17 Jahre Erfahrung im Vertrieb – vom Einstieg bis ins Top-Management. Heute begleitet sie als Trainerin und Coach Menschen und Organisationen dabei, ihre Vertriebskompetenz zu stärken und messbare Ergebnisse zu erzielen.



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