Guerrilla Taktik für Social Media

Vertrieb: Guerilla-Taktik für Social Media-affine Zielgruppe

Wer denkt, enge Märkte wie die Sportmode könnten nicht von neuen, kleinen Firmen durchdrungen werden, der irrt. Der Trick: Gar nicht erst mit der Omnipräsenz großer Hersteller konkurrieren. Wie die Vertriebsstrategie stattdessen aussehen kann, zeigt etwa ein junges Stuttgarter Modelabel.

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Nach knapp einem Jahr im Geschäft konnten die Firmengründer ihren lukrativen Job bei einem Automobilzulieferer an den Nagel hängen. Aleksandar Duric und Philipp Deslandes haben eine Marktlücke genutzt und sind nun selbstständige Designer: Wer Klamotten der Fitnessmodemarke „Gym Aesthetics“ (GA) trägt, soll die Leidenschaft zu Sport und Körperästhetik spüren. Die Idee: GA fängt die Energie ein, die die vier Stuttgarter Gründer täglich ins Krafttraining investieren, wie Millionen andere junge Menschen auch.

Social Media statt klassisches Marketing

Über Facebook-Posts der ersten Logo-Entwürfe wurde der 24-jährige Karl Ess auf die beiden jungen Stuttgarter aufmerksam. Der junge Mann ist ein Internet-Phänomen und mit 370.000 Likes auf Facebook und Youtube einer der berühmtesten und somit auch einflussreichsten Bodybuilder Deutschlands. Er und sein Kollege Ralf Sättele produzieren Fitnessvideos und Ernährungspläne für Kraftsportler und stiegen bei GA ein.

Ess und Sätteles‘ Job ist die Vermarktung. Zusammen mit einem Netzwerk aus verschiedenen Youtube-Stars streuen sie die Marke, indem Ess in seinen Videos die Sportmode trägt. Dadurch erreicht er mehr als eine Million Zuschauer und mögliche Käufer. Hinter ihm und GA bildet sich online eine so starke Community, dass allein die sozialen Netzwerke die Nachfrage von GA vorantreiben.

Die rasch wachsende Fangemeinde bestellt fleißig. 15.000 Euro Umsatz erzielt GA bereits im ersten Monat nachdem der Web-Shop online war. „Uns war von Anfang an klar, dass unsere Zielgruppe Social Media affin ist“, beschreibt Duric das Konzept. Inzwischen ist der Monatsumsatz verzehnfacht.

GA umgeht also die üblichen Werbemechanismen großer Sportartikelhersteller. Stattdessen setzt das Fashionlabel auf Vermarktung via Fitness-Testimonials, die über Social Media-Kanäle ihre Zielgruppe punktgenau bedienen.

Bekanntheit erhöhen – mit Guerilla Taktik

Damit sich die Reichweite in den Social Medien erhöht, ist allerdings ein weiterer Schritt notwendig. „Karl kommentiert in seinen Ernährungs- und Trainingsvideos nicht nur den Sport und sein Leben“, verdeutlicht der 31-Jährige. Er beleuchtet auch auf witzige Art gesellschaftliche Ereignisse. Sei es ein Boxkampf von Vitali Klitschko oder die Probefahrt eines neuen Porschemodells, ganz authentisch.

„Das bringt nicht nur Freunde“, sagt Duric. Den einen oder anderen Shitstorm musste Ess über sich ergehen lassen. Doch statt sich wegzuducken zeigt er Kante. Seine Fans lieben ihn dafür. Und wer nicht auf Ess steht, findet vielleicht Tim Gabel oder Mischa Janiec toll. Die beiden betreiben ebenfalls Youtube-Kanäle und gehören zum Kreis der Kraftsportler, die Karl Ess promotet. Alle, wie könnte es anders sein, tragen Stringer, Hoodies oder Shorts von Gym Aesthetic. Dabei beachten die Gründer die Regeln der Community. „Wir werfen nicht einfach Designs auf den Markt“, sagt Duric. Im Gegenteil: Was hergestellt wird, bestimmt die Fangemeinde. Gefällt den inzwischen 61.000 GA-Fans ein Design, wird produziert.

Im Dialog bleiben, lautete die Devise.

Deshalb kommt auch jeder Selfi – ein Eigenporträt via Handy – eines Kunden auf die Facebookseite von GA. So entsteht Kommunikation, „weil andere Käufer diese Bilder kommentieren und letztlich ein Wir-Gefühl entsteht“, so Deslandes.

 

Text_Daniela Reichart

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