„Kaltakquise ist so spannend wie ein Krimi“

Kaltakquise wird als Königsdisziplin des Verkaufens bezeichnet. Von einigen geschätzt, wird sie doch von vielen gefürchtet. Die Vertriebszeitung sprach mit Isabel Stühler, die ihre Leidenschaft für Kaltakquise zum Beruf gemacht hat und heute mit ihrer Firma Pro. eta. & Workshops Vertriebsmitarbeiter mit großem Enthusiasmus bei ihren Aufgaben unterstützt.

Kaltakquise
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Frau Stühler, Sie sagen: „kaltakquise ist so spannend wie ein Krimi.“ Wie kam es dazu, dass Sie solch eine positive Einstellung zur kaltakquise entwickelt haben, wo doch die meisten Vertriebskollegen diesen Aufgabenbereich scheuen wie der Teufel das Weihwasser?

Das erste Mal bin ich mit der kaltakquise in Berührung gekommen, als ich 2011 anfing, für eine Unternehmensberatung in Hamburg zu arbeiten. Meine Aufgabe war es, Mittelständler anzurufen und auf das Unternehmen und die angebotene Dienstleistung aufmerksam zu machen.

Von Anfang an empfand ich jedes Telefonat als unwahrscheinlich interessant und sehr spannend: Wie wird es verlaufen? Schaffe ich es, bei meinem Gesprächspartner das Interesse zu wecken, mehr über uns zu erfahren, sodass ich im Anschluss an das Gespräch eine E-Mail mit ausführlichen Informationen versenden darf? Und wenn ja, wie geht es weiter? Gelingt es mir dann, eine Terminvereinbarung für meinen Vorgesetzten abzustimmen? Und wenn der Termin stattgefunden hat: Kommt es zu einem Auftrag? Und wird aus einem Neukunden dann auch ein zufriedener Stammkunde, der uns immer gern weiterempfehlen wird?

Ja, dieser gesamte Prozess ist für mich tatsächlich nach wie vor so spannend wie ein Krimi. Und wenn ich es schaffe, andere mit dieser positiven Spannung anzustecken, ist das ein tolles Gefühl!

Welche Tipps und Anregungen können Sie Vertriebskollegen mit auf den Weg geben, die mit telefonischer kaltakquise zu tun haben?

  • Sehen Sie das Ganze als Spiel an. Dadurch wird vieles gleich unverkrampfter und Sie verlieren die Hemmungen, zum Hörer zu greifen.
  • Erarbeiten Sie stichpunktartig – gerne auch im Team – die USPs, die Unique Selling Points, die Ihr Unternehmen, Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung und Sie selbst auszeichnen und besonders machen. Legen Sie das Ergebnis ausgedruckt auf Ihren Schreibtisch, denn das ist deutlich hilfreicher als ein Telefonleitfaden, der womöglich vor Jahren einmal aufgesetzt wurde.
  • Halten Sie das erste Gespräch so kurz wie möglich. Hier geht es rein darum, sich und das Unternehmen kurz vorzustellen und um die Erlaubnis, im Anschluss eine E-Mail mit ersten Informationen versenden zu dürfen. Mehr nicht! Das Ziel sollte auf keinen Fall sein, bereits alles ausführlich zu erklären oder gleich eine Terminvereinbarung oder gar einen Verkauf zu erreichen. Solch eine Vorgehensweise ist weder kompetent noch seriös.
  • Wechseln Sie innerlich immer wieder mal die Perspektive: Wie würden Sie als Angerufener auf Ihre eigene Gesprächsführung reagieren? Das Gespräch mit „Danke, kein Interesse“ beenden, weil Sie sich womöglich überrumpelt oder gar bedrängt fühlen? Oder würden Sie sagen: „Das klingt interessant, ich hätte gerne mehr Informationen“?
  • Besonders effektiv und nachhaltig – auch in Bezug auf den gesamten Akquise-Prozess – ist es, wenn Sie Ihren Gesprächspartner möglichst gleich zu Gesprächsbeginn fragen: „Herr Müller, sind Sie gerade online? Wenn ja, dann würde ich Ihnen kurz unsere Website nennen, und Sie sehen gleich, worum es geht.“
  • Legen Sie sich kontinuierlich Wiedervorlagen für jeden einzelnen Kontaktaufbau an! Beginnend mit „Eingangsbestätigung erhalten?“ bis zu „Unterlagen wurden bereits intern besprochen?“ oder „Interesse an einem unverbindlichen Telefonat?“. Nur so können Sie sicher sein, dass Ihnen kein Kontakt verloren geht und Sie konstant, aber eben nicht penetrant am Ball bleiben.

Haben Sie Tipps für Vertriebskollegen, die neben dem reinen Kontaktaufbau auch dafür verantwortlich sind, telefonisch einen ersten Auftrag abzuschließen und die erste Bestellung entgegenzunehmen?

Auch hier gilt: Bauen Sie keinen Druck auf und wenden Sie keine „Möchtegern-Verkaufstricks“ an. Damit meine ich Sätze wie „Wenn Sie heute noch die erste Bestellung aufgeben, dann bekommen Sie 5 % Rabatt“ oder: „Ich habe ein Sonderangebot für Sie, das gilt aber nur heute“. Der Aufbau einer seriösen Geschäftsbeziehung, die von Dauer sein soll, benötigt Zeit und einen respektvollen Umgang. Nur so kann sich ein Vertrauensverhältnis bei einem rein telefonischen Kontakt auch entwickeln.

Hilfreich ist es auch, wenn Sie z. B. ein Muster unverbindlich per Post versenden können. So erhält der Interessent einen besseren Eindruck von der Qualität und ist eher bereit, auch ohne ein persönliches Gespräch vor Ort eine erste Bestellung aufzugeben.

Eine weitere Anregung: Wenn Ihr Gegenüber jetzt immer noch zögert und noch nicht bereit ist, eine erste Bestellung aufzugeben, versuchen Sie, nicht ungeduldig zu werden. Hilfreich wäre es jetzt, den Grund für das Zögern in Erfahrung zu bringen, aber so, dass sich nicht alles nach einem abgekarteten Verkaufsmuster anhört.

Wichtig: Es gibt auch Gesprächssituationen, in denen man solche Fragen besser erst gar nicht stellt, weil klar erkennbar ist, dass der andere darauf nicht antworten würde. In so einer Situation, ist es ratsam, das Ganze wieder als eine Art Spiel zu sehen, um die leicht festgefahrene Situation aufzulockern.

Ich nenne es „sympathisch-charmantes Bauchpinseln“. Das kann zum Beispiel so aussehen: „Herr Müller, ich würde mich freuen, wenn sich Ihr Unternehmen für uns als weiteren Geschäftspartner entscheidet. Ich werde gleich einmal intern Rücksprache halten, ob wir Ihnen bei einer ersten Bestellung preislich etwas entgegenkommen können. Sobald ich mit meinem Vorgesetzten gesprochen habe, werde ich mich via E-Mail wieder bei Ihnen melden, und Sie können sich dann alles noch einmal in Ruhe überlegen. Sollen wir so verbleiben?“

Haben Sie eine Art „Lieblings-Vertriebszitat“, das Sie bei der täglichen Arbeit immer im Hinterkopf haben?

Ja, gleich zwei sogar. Das erste ist von Gottlieb Daimler:  „Qualität bleibt – lange nachdem der Preis vergessen ist!“ und das zweite: „Wer aufhört zu werben, kann auch die Uhr anhalten, um Zeit zu sparen“ von Henry Ford.

Diese Aussage trifft besonders dann den Nagel auf den Kopf, wenn es wie so häufig heißt: „Also für Akquise oder gar für Bestandskundenpflege haben wir einfach keine Zeit.“

Auch wenn die Auftragslage über einen längeren Zeitraum konstant gut ist und sich sogar weiter verbessert, ist mein Rat: Nehmen Sie sich zumindest die Zeit, mit den Bestandskunden in Kontakt zu bleiben, um beispielsweise in Erfahrung zu bringen, ob diese nach wie vor mit den Produkten und Ihrem Service zufrieden sind.

Bestandskundenpflege sollte jedoch nur dezent betrieben werden. Gelegentlich erlebe ich es auch, dass dieser Kundenkreis viel zu häufig kontaktiert wird. Auf die richtige Dosierung kommt es an – und auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Neukundenakquise und Bestandskundenpflege.

Ich bin der festen Überzeugung, dass einem Unternehmen nichts Besseres passieren kann, als eine Weiterempfehlung eines zufriedenen Stammkunden zu erhalten! Und nichts ist aussagekräftiger, als einen Stammkunden an die Konkurrenz zu verlieren!

 

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Isabel Stühler

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