Kundennähe in der Sales Driven Company umsetzen – Praxistipps

Eine Sales Driven Company richtet sich konsequent am Bedarf und an den Wünschen der Kunden aus. Das funktioniert nur, wenn die Führungsriege den Wandel vorantreibt und wenn es gelingt, die Produktentwickler, den technischen Innendienst, den Service und schließlich die gesamte Belegschaft mit dem Vertriebsgen zu infizieren.

Das zentrale Element einer Sales Driven Company ist die stringente Orientierung am Kundennutzen. Diese konsequent gelebte Ausrichtung am Kunden ist keine Option unter mehreren, sie ist vielmehr die Grundlage für nachhaltigen Unternehmenserfolg.
Das zentrale Element einer Sales Driven Company ist die stringente Orientierung am Kundennutzen. Diese konsequent gelebte Ausrichtung am Kunden ist keine Option unter mehreren, sie ist vielmehr die Grundlage für nachhaltigen Unternehmenserfolg. © Soklin/stock.adobe.com

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Die globalen Digitalkonzerne wie Amazon, Google oder Meta machen es vor: Erfolgreich ist im 21. Jahrhundert, wer genau weiß, was der Kunde will, und das schnell und konsequent umsetzt. Kurz: Wer sein Unternehmen zur Sales Driven Company macht. Denn der Kunde bestimmt, wo´s langgeht. Ohne Wenn und Aber. Dass konsequente Kundenorientierung heute überlebenswichtig ist, zeigt folgendes Szenario

Ein Szenario

Ein mittelständischer Maschinenbauer sieht sich mit den bekannten Herausforderungen unserer Zeit konfrontiert: gestörte Lieferketten, neue zu erwartende Zollschranken, De-Globalisierung und eine steigende Nachfrage nach europäischen oder inländischen Partnerschaften. Zugleich hat sich das Nachfrageprofil verändert: Gefragt sind mehr als nur zuverlässige Maschinen, der Kunde wünscht mehr denn je flexible und nachhaltige Lösungen, die sich schnell an geänderte Marktbedingungen anpassen lassen.

Vor diesem Hintergrund suchte ein langjähriger Kunde des Maschinenbauers, Zulieferer in der Automobilindustrie, eine neue Maschine, die durch minimalen Ressourcenverbrauch besticht und sich gleichzeitig flexibel auf verschiedene Fertigungslinien umstellen lässt.

Eine klare Anforderung, die den potenziellen Lieferanten dennoch vor Probleme stellte. Zu stark war das Unternehmen noch in traditionellen Strukturen gefangen: Der Vertrieb wusste zwar um die Wünsche des Kunden, aber die Information und ihre Dringlichkeit kamen nicht deutlich genug bei den Produktentwicklern an. Ein Prozess, der das Wissen des Vertriebs direkt an die Entwicklung weitergeleitet hätte, existierte nicht, geschweige denn ein passendes Kommunikationsformat,

Also lieferten die Entwickler ein Produkt, das technisch hervorragend, aber nicht kundenspezifisch genug war. Hinzu kam, dass die Bearbeitungszeit deutlich zu lang war. Die Folge: Trotz langjähriger Partnerschaft wollte der Kunde sich für einen Wettbewerber entscheiden, der besser auf seine Anforderungen einging, flexibler und schneller war.

Weckruf für etabliertes Unternehmen

Der Fast-Rückschlag war ein Weckruf: Der Maschinenbauer entschied sich, seine Vertriebs- und Entwicklungsprozesse grundlegend zu überdenken und auf den Prüfstand zu stellen.

Man rief ein Pilotprojekt ins Leben, bei dem Mitarbeiter aus Vertrieb, Entwicklung und Konstruktion sowie Einkauf und Produktion von Anfang an in die Entwicklungsprozesse einbezogen waren. Gleichzeitig organisierte das Unternehmen regionale Workshops mit Kunden, um deren Anforderungen noch besser zu verstehen.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Innerhalb weniger Monate war man in der Lage, maßgeschneiderte, kundenspezifische Produkte schnell und effizient zu entwickeln und die Bedürfnisse der Kunden wunschgemäß zu erfüllen.

Das Resultat: Der Kunde blieb erhalten, und das Unternehmen konnte durch seine größere Nähe zum Markt zusätzliche Aufträge gewinnen.

Dieses Beispiel zeigt, wie eine funktionierende Sales Driven Company die Herausforderungen unserer Zeit nicht nur meistern, sondern in Wettbewerbsvorteile umwandeln kann. Basis dafür ist ein zum Unternehmen passendes Konzept und entschlossenes Handeln.

Die größten internen Hindernisse auf dem Weg zur Sales Driven Company

Zunächst allerdings gilt es, die größten internen Hindernisse zu identifizieren – und zu beseitigen:

Hindernisse im Unternehmen

  • festgefahrene Prozesse
  • mangelnde Agilität
  • tief verwurzeltes Silodenken zwischen den Abteilungen
  • kein durchgängiges IT-System über die Abteilungsbereiche hinaus und
  • mangelnde IT-Ressourcen.

Hindernisse im Bereich der Führungskräfte

  • fehlende Vision
  • unklare und/oder inkonsistente Prioritäten
  • wenig Wissen um die Bedeutung des Wandels
  • unzureichende Kommunikation mit dem Vertrieb und anderen Abteilungen
  • unklare oder fehlende Zielsetzung in der Zusammenarbeit mit den einzelnen Mitarbeitern / Teams und keine daraus resultierenden Feedbackgespräche
  • mangelnde Führung mit Fordern, Fördern und konsequenter Linie
  • zu wenig Offenheit für Neues und wenig Bereitschaft, neue Impulse einzufordern
  • Mentor, Vorbild sein kommt oft zu kurz

Hindernisse bei den Mitarbeitern

  • schwach ausgeprägtes Verständnis für den Zusammenhang zwischen Kundenbedürfnissen und Unternehmenserfolg
  • eine Kultur der Eigeninteressen statt Teamwork
  • Ängste gegenüber neuen Technologien
  • Konkurrenzdenken gegenüber den anderen Abteilungen („die könnten etwas wegnehmen“)
  • kein Verständnis für die Notwendigkeit des Wandels (den „Knall“ noch nicht gehört)
  • Bequemlichkeit und weitverbreiteter Glaube, „weiter so“ reiche aus

Um die internen Schwachpunkte zu erkennen, muss man zunächst der Ist-Zustand systematisch analysieren, um auf dieser Basis einen Plan zu entwickeln, wie sich die Blockaden überwinden lassen. Oft hilft dabei externe Unterstützung.

Als erste Maßnahmen empfehlen sich

  • Organisatorische Standortbestimmung, um die durch Silodenken gegebenen Kommunikationsgrenzen aufzudecken und in der Folge aufzulösen.
  • Workshops auf allen Ebenen, um eine gemeinsame Vision einer Sales Driven Company zu entwickeln.
  • Interdisziplinäres Führungsteam etablieren, das Veränderungen steuert, Ziele vereinbart und mit allen Beteiligten regelmäßige Feedbackgespräche führt.
  • Mitarbeiter zur Sales Driven Company qualifizieren.
  • Standortbestimmungen der Mitarbeiter und Teams, um Potentiale zu erkennen, Kompetenzen zu entwickeln und Erfolge zu sichern.
  • Genügend Ressourcen zur Verfügung stellen – bei Budget, IT-Kapazität und Mitarbeitern.

Führungsriege in der Verantwortung

Klar: Die Veränderung muss das ganze Unternehmen erfassen und von allen Mitarbeitern getragen werden. Entscheidend ist dennoch, dass die Führungsriege die Notwendigkeit der Veränderung erkennt, plausibel erklärt, immer wieder aktiv vorantreibt und selbst „lebt“.

Zu diesem Zweck sollte sich das Management in Coachings und/oder Workshops detailliert mit dem Thema auseinandersetzen. Denn um den Wandel zu steuern, muss das Führungsteam wissen, was genau eine Sales Driven Company ausmacht, welche Chancen sie bietet und wie sie konkret umzusetzen ist.

Die Basis einer Sales Driven Company ist die konsequente strategische Ausrichtung des Unternehmens auf den Kunden und dessen Bedürfnisse. Die Frage an die Unternehmensführung ist: Wie lässt sich diese Basis ganz konkret schaffen, wie funktioniert echte Kundenorientierung?

Auflösung der Silostrukturen

Das obige Beispiel zeigt: Eine der wesentlichen Maßnahmen, um mehr Kundennähe zu erreichen, war die Auflösung der Silostrukturen zwischen Vertrieb, Konstruktion und Einkauf.

Zum Beispiel, indem man Vertrieb und Service zusammenführt und unter eine Leitung stellt. Eventuell lässt sich auch Sales Marketings in diesen neuen Bereich integrieren.

Kommt ein neues Projekt ins Unternehmen, empfiehlt es sich, ein Projektteam zu bilden, in das alle Bereiche sofort einzubeziehen sind: Vertrieb, Service und Marketing, Einkauf, Entwicklung, Konstruktion und Produktion.

Fördert man zudem gezielt die strategischen Kompetenzen einiger Mitarbeiter, können diese Vertriebler im Idealfall als Kundenbotschafter innerhalb des Unternehmens fungieren. Sie können als Partner der Führung zum Treiber des Wandels werden.

Wichtig für die Führungsriege ist es, transparente Ziele und KPIs zu definieren, die den Weg zur Sales Driven Company ebnen. Diese Ziele und Kennzahlen gehören heruntergebrochen auf gemeinsame strategische Ziele für Vertrieb und Service. Teamübergreifende KPIs helfen übrigens, das Silodenken zu überwinden.

Alle an einem Strang

Wohlgemerkt: Eine Sales Driven Company funktioniert nur, wenn sich mit deren Inhalten und Zielen identifizieren und an einem Strang ziehen.

Um das Silodenken unter den Mitarbeitern abzubauen und den Boden für ein neues Mindset zu bereiten, eignen sich zum Beispiel interdisziplinäre Projekte. Ebenso Incentives und Workshops mit dem Ziel, Zusammenarbeit und Innovationskraft zu fördern, ein gemeinsames Verständnis von „Sales Driven“ zu schaffen und nachhaltige Umsetzungspläne zu entwickeln.

Dazu gehören auch neue Stellen- und Aufgabenbeschreibungen und Standortbestimmungen, um die in den Mitarbeitern schlummernden Potenziale zu erkennen. Das ist übrigens auch hilfreich, um Teams optimal zusammenzusetzen.

Konkret empfehlen sich folgende Trainingsmaßnahmen:

  • das Coaching von Führungskräften, um sie in ihrer Rolle als Change Leader zu bestärken und weiter zu qualifizieren.
  • maßgeschneiderte Trainingsprogramme für Mitarbeiter, die sie mit agilen Methoden vertraut machen, die Bereitschaft zur Kollaboration fördern und zugleich den Stellenwert eines sozialen und empathischen Miteinanders hervorheben.

Denn: Nur mit Empathie kann man sich ein konstruktives internes Miteinander pflegen, sich in die Kunden des Unternehmens hineinversetzen, sie adäquat behandeln und ihre Interessen bedienen. Kundennähe heißt auch emotionale Nähe.

  • Das Vermitteln von Tools und Methoden zur transparenten Kommunikation und Entscheidungsfindung. Diese lassen sich am besten in funktions- und teamübergreifenden Innovationsprojekten einüben und in die Praxis überführen. Gegebenenfalls ist es hilfreich, einen externen Coach als Projektbeobachter, Moderator und Impulsgeber hinzuzuziehen.
  • Verbinden der Generationen im Unternehmen. Jede Generation hat ihre Stärken – diese gehören wertschätzend „verbunden“, um sich gegenseitig zu befruchten und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken.

Shadowing-Programme zur Pflicht machen

Besonders wichtig ist es, im oberen Management ein möglichst tiefgreifendes Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden zu verankern. Regelmäßige Kundenbesuche und Gespräche mit Vertriebsmitarbeitern sollten deshalb für Führungskräfte zur Pflicht werden.

Führungskräfte begleiten Vertriebler in sogenannten Shadowing-Programmen im direkten Kundenkontakt. Spätestens hier wird deutlich: Je weniger hierarchiegeprägt und menschlich locker der Umgang innerhalb des Unternehmens ist, desto höher der Effekt solcher Shadowing-Programme.

Um Kundenperspektiven zu verstehen, sind Customer-Journey-Mapping-Workshops für die Führungskräfte hilfreich. Und die Simulation von Kundenszenarien hilft, die Auswirkungen von Management-Entscheidungen auf den Markt zu verdeutlichen. Auch das Einbinden in Kunden-Feedbackprozesse rückt den Kunden stärker ins Bewusstsein der Entscheider.

Entscheidend ist: Das Wissen um die Kunden muss systematisch und transparent ins ganze Unternehmen hinein diffundieren. Denn es geht um nichts weniger als einen tiefgreifenden kulturellen Wandel im Selbstverständnis aller Mitarbeiter.

Zumindest für den Anfang empfiehlt es sich, die Unterstützung durch einen externen Coach ins Haus zu holen, der regelmäßige Dialoge zwischen Vertrieb/Service und Führungskräften moderiert, um die gemeinsamen Ziele und Herausforderungen zu diskutieren und festzulegen. Kommunikations-Workshops oder Trainings helfen, ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Sprache zu entwickeln.

Produktentwickler setzen den Wandel um

Service, Vertrieb und Marketing können mental noch so sehr nahe bei ihren Kunden sein – wenn die Produkte, die sie verkaufen, Kundennähe vermissen lassen, laufen ihre Bemühungen ins Leere. Die Konsequenz ist klar: die Produkte müssen sich so genau wie nur möglich an den Kundenbedürfnissen orientieren – dazu sollte ihre Entwicklung iterativ vonstattengehen.

Unabdingbar dafür ist nicht nur agiles Denken, sondern

  • der direkte Austausch zwischen Kunden, Produktentwicklung, Vertrieb und Führungskräften.
  • enge, systematische Zusammenarbeit zwischen Kunden, Produktteams und Vertriebsmitarbeitern. Auch eine Job-Rotation zwischen Vertrieb und Produktentwicklung beziehungsweise angrenzenden Abteilungen kann hilfreich sein.
  • Workshops/Trainings, idealerweise gemeinsam für Produktentwickler und den kompletten Vertrieb einschließlich Innendienst und Technische Berater. Ziel: Mehr Kundenorientierung und Einführung agiler Methoden (z.B. durch Design Thinking und Empathy Maps).
  • Regelmäßige interdisziplinäre Meetings von Entwicklung und Vertrieb.
  • Trainingsprogramme, die den Mitarbeitern die Nutzung von Kundenfeedbacksystemen nahebringen.
  • Workshops für Vertrieb/Service und Produktentwicklung, um die Kundennutzen-Argumentation in die Produktstrategie zu integrieren. Je deutlicher ein Produkt den Kundennutzen quasi von selbst kommuniziert, desto leichter verkauft es sich.
  • Etablierung eines standardisierten Prozesses, bei dem die Nutzenperspektive als fester Bestandteil im Produktdesign hinterlegt wird.

Klare Ziele definieren und mit Leben füllen

Aufgabe der Unternehmensführung ist es, die Strategie zu formulieren und klare Zielsetzungen vorzugeben. Und natürlich muss sie die erforderlichen Ressourcen bereitstellen und Investitionen in Technologien wie KI freigeben, damit die Zieldefinitionen mit Leben gefüllt werden können.

Wichtig ist es auch, Systematiken zu etablieren, um praxisorientierte Verbesserungsvorschläge und direkte Kunden-Insights von den Mitarbeitern zu bekommen. Dafür eignen sich Ideenfindungs-Workshops und Innovationsprogramme.

Nicht zu unterschätzen ist auch die Wirkung einer angstfreien Feedback-Kultur, bei der Vorschläge der Mitarbeitenden regelmäßig reflektiert und belohnt werden. Eine solche Kultur nimmt die Mitarbeitenden stärker in die Verantwortung und stärkt ihre Motivation.

Sicher ist: Das zentrale Element einer Sales Driven Company ist die stringente Orientierung am Kundennutzen. Diese konsequent gelebte Ausrichtung am Kunden ist keine Option unter mehreren, sie ist vielmehr die Grundlage für nachhaltigen Unternehmenserfolg.

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Anne-Rose Raisch

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