Lernen beim Zocken: Wie der Vertrieb sich spielend weiterbilden kann

Stephan Urbanski

Spielen während der Arbeitszeit war bislang eher negativ besetzt. Der Vertrieb soll schließlich Umsatz generieren. Doch in der beruflichen Weiterbildung gewinnen digitale Lernspiele an Bedeutung: Was kann der Vertrieb mithilfe von Gamification lernen?

Gamification: Mit Chatbot und digitalen Produkttrainings können sich Vertriebsmitarbeitende weiterbilden.
Gamification: Mit Chatbot und digitalen Produkttrainings können sich Vertriebsmitarbeitende weiterbilden.© Song_about_summer/stock.adobe.com

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Wissen und Wissensvermittlung gelten zunehmend als Produktionsfaktor. Vertriebs-Organisationen investieren deshalb längst in Weiterbildung, zunehmend in digitale Trainings. E-Learnings mit spielerisch vermittelten Lerninhalten können helfen, Kunden besser zu verstehen, neue Produkte kennenzulernen oder sich vor Cyberangriffen zu schützen.

Was ist Gamification? Was sind Serious Games?

Als Gamification wird das Anwenden spielerischer Elemente in einem spielfremden Kontext bezeichnet. Ranglisten, virtuelle Auszeichnung oder das Erreichen des nächsthöheren Levels sollen Nutzer motivieren – ähnlich wie in einem Computerspiel.

Serious Games werden digitale Spiele genannt, die einen „ernsten“ Mehrwert bieten und neben der reinen Unterhaltung weitere Intentionen haben, etwa Lerninhalte zu verinnerlichen und anzuwenden.

Ein Beispiel: Das Serious Game „Cyber Crime Time“ macht Nutzer zu kriminellen Hackern, sie lernen die häufigsten Cyberangriffe kennen und erfahren gleichzeitig, wie sie sich vor ihnen schützen können. Solche digitalen Lernspiele werden auch oft als „Awareness Trainings“ bezeichnet, da sie Mitarbeitende für ein bestimmtes Thema sensibilisieren sollen.

Cybercrimetime, ein

Mit digitalen Lernspielen zu einer besseren Kundenbeziehung

Wenn Key-Account-Manager von Festo sich auf einen Kundentermin vorbereiten, begeben sie sich oft auf eine Wanderung. Der Marsch findet allerdings virtuell statt, als etwa halbstündiges E-Learning auf den „Mount Negotiation“.

Auf ihrem virtuellen Weg erfahren Vertriebsmitarbeitende von einer 3D-animierten Wanderführerin, was sie sich für eine erfolgreiche Verhandlung alles in den Rucksack packen sollten, um das Ziel zu erreichen.

„Festo wollte spielerisch und dennoch professionell vermitteln, was Kunden wichtig ist und wie Vertriebs-Mitarbeitende Kundenbedürfnisse erkennen und optimal beraten können“, erläutert Sven R. Becker, Vorstand der imc AG, die das E-Learning entwickelt hat. Zahlreiche positive Rückmeldungen zeigen, dass Beschäftigte das Lernspiel nicht nur nutzen, sondern die Lerninhalte auch anwenden.

Neue Produkte kennenlernen mit Chatbot und Learning-Nuggets

Auch der Badausstatter Villeroy und Boch hat gute Erfahrungen mit digitalen Trainingslösungen gemacht. „Wir stehen regelmäßig vor der Aufgabe, unseren Außendienst sowie Fachbetriebe auf Produktneuheiten im Bad- und Wellnessbereich zu schulen“, berichtet Jörg Karrenbauer, technischer Trainer bei V&B.

Dafür nutzt das Unternehmen neben E-Learnings auch einen Chatbot: Dieser ist mit kurzen Lerneinheiten, sogenannten Learning-Nuggets befüllt. Vertriebsmitarbeiter können das digitale Training zum Beispiel absolvieren, bevor sie zu einer Messe anreisen. Anhand von integrierten Testfragen kann jeder prüfen, ob er alle Inhalte verstanden hat und an potenzielle Kunden vermitteln kann. Wenn notwendig, können Lerneinheiten wiederholt werden.

Im Data-Land alles über Datenschutz erfahren

Um nachhaltig darüber aufzuklären, was bei der Bearbeitung und im Umgang mit Kundendaten wichtig ist, schickt ein Automobil-Zulieferer seinen Vertrieb ins virtuelle Data-Land. Lernende treffen in einer 3D-Welt auf Comicfiguren, die Daten darstellen. Die Dateien erzählen, wie sie darunter leiden, wenn Nutzer nicht korrekt mit ihnen umgehen. Damit das möglichst nicht passiert, geben sie Hinweise, was zu ihrem Schutz zu beachten ist.

Compliance-Verstöße aufdecken in der Stadt ohne Gewissen

Im Vertrieb, wo Beziehungsmanagement und Belohnung zum Geschäftsalltag gehören, müssen neben moralisch-ethischen Rahmenbedingungen auch gesetzliche Vorgaben bekannt sein. Wer sich etwa durch das imc-Training „Fraud City“, klickt, lernt eine Stadt ohne Gewissen, voller Gefahren und suspekter Kollegen kennen. Ein virtueller Detektiv führt durch die grauen Häuserschluchten und bringt den Spieler immer wieder in Situationen, die deutlich machen, welche Indizien auf nicht regelkonformes Verhalten hinweisen. Regelmäßig checkt der digitale Ermittler, ob der Spieler die relevanten Punkte verstanden hat, bevor er ihn mit zum nächsten Level nimmt.

Spielend lernen im eigenen Tempo

„Digitales Lernen hat in vielen Unternehmen einen Schub erhalten, weil während der Pandemie Alternativen zu Präsenztrainings entwickelt werden mussten“, sagt Sven R. Becker, der als Vorstand des E-Learning-Anbieters imc mitverantwortlich ist für die Entwicklung von Serious Games.

In immer mehr Unternehmen lernen Vertriebsmitarbeitende weniger auf Vorrat und mehr bei Bedarf. Also genau dann, wenn die Informationen gebraucht werden.

Laut Becker helfen digitale Lernspiele dabei, selbst gesteuert zu lernen. Bei der Entwicklung didaktisch-methodischer Konzepte von Serious Games berücksichtigen die imc-Lernexperten, dass einige Teilnehmer möglicherweise noch wenig versiert sind im Umgang mit digitalen Lernmethoden. „Die E-Learnings sind ohne Zeitdruck machbar, es läuft kein Countdown. Jeder kann sich so viel Zeit nehmen, wie er braucht.“

Bei webbasierten Trainings komme es vor allem darauf an, dass Lernende nicht nur Wissen anhäufen, sondern das neu Gelernte auch anzuwenden wissen.

Gamification steigert Arbeitszufriedenheit und Motivation

Medienpädagoge Stephan Urbanski, Weiterbildungs-Designer bei der imc, unterstützt Unternehmen wie Festo, Jägermeister oder Villeroy und Boch dabei, Verhandlungstrainings oder Compliance-Schulungen in motivierende, einprägsame E-Learnings zu verpacken: „Vertriebs-Schulungen in Präsenz oder herkömmliche E-Learnings sind oft sehr theoretisch, der direkte Bezug zum Arbeitsalltag fehlt“, erläutert der Experte für innovatives Lernen.

Angestellte nehmen aus Seminaren wenig mit oder brechen webbasierte Schulungen ab, wenn sie die Trainings als langweilig empfinden.

„Wenn Wissen dagegen spielerisch und interaktiv mit viel Praxisbezug vermittelt wird, sind Nutzer motiviert, sich eingehender mit einem Thema zu befassen. Mit einem Lernspiel verbessern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Kenntnisse dann wie nebenbei.“

Fazit: Digitale Lernspiele fördern nachhaltiges Lernen

  • Laut einer Studie der globalen Unternehmensberatung Kearney konnte durch Gamification die Produktivität in Unternehmen um bis zu vier Prozent erhöht werden.
  • Die Fehlerhäufigkeit hat sich um bis zu drei Prozent reduziert.
  • In von den Beratern durchgeführten Gamification-Projekten stieg die Arbeitszufriedenheit der Teilnehmenden um bis zu 24 Prozent
  • die Mitarbeitermotivation konnte nachhaltig um bis zu 33 Prozent gesteigert werden.

Die positiven Wirkungen entfalten vor allem ihr Potenzial, wenn Nutzer sich auf die spielerischen Elemente einlassen. Wesentlicher Faktor für den Erfolg von Serious Games ist deshalb die Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Das Konzept, Lernen mit Computerspielen zu verbinden, ist jedoch nicht nur für die jüngere Vertriebs-Generation interessant. „Dass Menschen sich über Spiele weiterentwickeln, motorische und kognitive Fähigkeiten ausbauen können, trifft auf jedes Alter zu. Denn zumindest in der Kindheit hat jede Altersgruppe spielerische Lernerfolge erfahren, ob mit Bauklötzen, Modelleisenbahn oder der Playstation“, erklärt E-Learning-Designer Stephan Urbanski dazu.

Zur Person

Medienpädagoge Stephan Urbanski ist Konzepter für digitales Lernen bei der imc AG und hilft Unternehmen, Wissen anhand von in motivierenden E-Learnings zu vermitteln. www.imc.ag

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