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Sehr stark ist es in der Corona-Pandemie zu beobachten. Durch die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung waren viele Unternehmen direkt betroffen. Plötzlich war die digitale Neukundenakquise nicht mehr ein Thema, über das man sich irgendwann einmal Gedanken machen sollte, sondern hatte höchste Priorität. Zum Beispiel haben Bar- und Restaurantbetreiber in sehr kurzer Zeit Webseiten erstellt und ihren Verkaufsprozess digitalisiert. Gefühlt hat sich die Anzahl der Restaurants auf Lieferando und Co. verdoppelt.
Nicht nur die Gastronomie musste sich mit dem Thema beschäftigen. Unternehmen, die in den letzten Jahren fast ausschließlich von Ihren Bestandskunden gelebt haben, fanden sich vor neuen Herausforderungen wieder. Aufgrund der wirtschaftlichen Krise sind viele Unternehmen verunsichert und halten das Budget zurück.
Investitionen werden auf unbestimmte Zeit verschoben, Gelder eingefroren. Andere wiederum haben wichtige Bestandskunden dauerhaft verloren. Somit stand das Thema Neukundenakquise für viele Vertriebs- und Marketingverantwortliche zum ersten Mal seit langem wieder ganz weit oben auf der To-Do-Liste.
Die Digitalisierung hat die Neukundenakquise grundlegend verändert
„Das Internet ist für uns alle Neuland“ – Diesen Satz hat Angela Merkel im Jahr 2013 geprägt. Selbst sieben Jahre später scheint das Internet bzw. die Digitalisierung für einige Entscheider immer noch eine unbekannte Variable zu sein.
Doch die Digitalisierung hat einen sehr starken Einfluss auf Vertrieb und Marketing. Warum ist das so? Die Antwort ist ganz einfach: Durch die Digitalisierung hat sich die Customer Journey unwiderruflich verändert. Bei unbekannten Fragestellungen wird eher die Suchmaschine bemüht als die Visitenkartensammlung.
Entscheider überzeugen sich mit Hilfe des frei zugänglichen Contents auf den Webseiten der Unternehmen, ob die fachliche Expertise ausreichend ist, bevor ein Termin mit einem Vertriebsmitarbeiter vereinbart wird. Die Proaktivität der Kunden hat zugenommen. Aufgrund des geänderten Nutzerverhaltens muss sich auch das Marketing und der Vertrieb ändern.
Ist dem Kunden bewusst, dass er einen Engpass hat, so wird er handeln. Dies geschieht in der Regel sowohl online als auch offline. Und genau das ist der Punkt. Der Kunde bewegt sich in beiden Welten. Jedoch wird in vielen Unternehmen noch immer stark zwischen der Online und der Offline-Welt unterschieden. Das hat zur Folge, dass die Customer Journey des Kunden gestört werden kann.
Abb: Fünf Phasen der siebenstufigen Customer Journey in Anlehnung an Olaf Kopp
Ein Praxisbeispiel aus eigener Erfahrung
Ein potenzieller Kunde hat sich auf der Webseite ein E-Book heruntergeladen. Er befindet sich nun in einer E-Mail-Kampagne, die von der Marketing-Abteilung betreut wird. Das Ziel dieser Kampagne ist es, den potenziellen Kunden zu gewinnen. Leider erfolgte keinerlei Update an den Vertrieb über die Aktivitäten des Interessenten.
Aufgrund der fehlenden Abstimmungen zwischen Marketing und Vertrieb wurde der Interessent zeitgleich zur E-Mail-Kampagne mehrfach vom Vertrieb kontaktiert, teilweise zu komplett anderen Themen, die den Bedarf des Kunden komplett verfehlten. Durch das fehlende Zusammenspiel wirkte das Unternehmen chaotisch und im schlimmsten Fall springt der potenzielle Kunde ab.
Kein Vertrieb und kein Marketing mehr, sondern ein Customer Akquisition Team
Die Neukundenakquise sollte im Vordergrund stehen und nicht das interne Abteilungsdenken. Je nach Angebot, Zielgruppe und Wettbewerbsintensität muss der Akquise-Prozess gestaltet werden. Neukundenakquise ist für die meisten Unternehmen heute hybrid, d.h. sowohl online als auch offline, teamorientiert und interdisziplinär. Es wird daher Zeit in Ergebnissen zu denken. Aus Marketing und Vertrieb wird das Customer Akquisition Team.
Vier Schritte zum Aufbau eines Customer Akquisition Team aus Marketing & Vertrieb
1. Akquise-Maßnahmen pro Phase festlegen
Legen Sie Ihre Akquise-Maßnahmen pro Phase in der Customer Journey fest. Über welche Pull- und Push-Maßnahmen wollen Sie den potenziellen Kunden gewinnen?
Benötigen Sie ein Hunting-Team? Soll Content erstellt werden? Und wenn, ja: Wer soll welche Rolle übernehmen?
2. Bildung von Spezial-Teams und Festlegung der Aufgaben
Abhängig von Ihren Entscheidungen im ersten Schritt bilden Sie in der zweiten Phase die Spezialteams und definieren das Aufgabenfeld. So kann zum Beispiel das Hunting-Team ausschließlich Kontakte in Phase eins identifizieren und so lange begleiten, bis diese Kontakte in Phase zwei eintreten. Dabei spielt es keine Rolle, über welchen Kanal (Outbound/Inbound) sich der Kontakt aus Phase eins beim Unternehmen meldet.
3. Akquise-Prozess und KPIs definieren
Von der Vogelperspektive treten wir in die Prozessphase ein. Es gilt nun, den Prozess für alle beteiligten Teams festzuhalten und niederzuschreiben. Des Weiteren wird ebenfalls die KPI-Struktur aufgesetzt. Dabei ist zu beachten, dass die KPIs sinnig gestaltet werden. Gute und sinnige KPIs zeigen die Stärken und Schwächen in einem Vertriebsprozess auf. Dabei ist der Mix aus quantitativen und qualitativen KPIs zu berücksichtigen.
4. Die Abbildung des Akquise-Prozesses in der IT
Nicht jedes Unternehmen bildet seine Vertriebsprozesse IT-seitig ab. Zu oft werden CRM-Systeme wie reine Datenbanken behandelt in welchen lediglich Kontaktdaten, Trackingverläufe und Opportunities abgebildet werden. Die Abbildung der Customer Journey, der Customer Insights oder des Kontaktstatus anhand des Akquise-Prozesses ist eher die Ausnahme. Gerade in diesem Punkt verschenken zu viele Unternehmen wertvolles Potenzial, da der Akquise-Prozess nicht im CRM-System abgebildet wird. Die IT folgt den Prozessen und nicht die Prozesse der IT.
Unter der Berücksichtig folgender Aspekte könnte ein Prozess wie folgt aussehen:
- Der Vertrieb fokussiert sich auf Kontakte, die noch nicht im CRM-System abgebildet sind und bewegt Sie zum Beispiel zum Download des Contents auf der Webseite.
- Der Kontakt befindet sich nun in einer E-Mail-Marketing-Kampagne und ist somit zu einem Marketing-Lead geworden.
- Durch zielgruppenrelevanten Content wird der Lead „aufgewertet“. Die Interaktionen des Kontakts werden anhand eines Scoring-Modells bewertet.
- Erreicht der Lead einen bestimmten Scoring-Wert, so erhält der zuständige Berater und Vertriebsmitarbeiter eine Nachricht vom CRM-System mit dem Ziel der Kontaktaufnahme. In der Regel geht es in diesen Phasen oft um fachliche Aspekte.
- Findet eine erfolgreiche Qualifizierung statt, ist der Lead „sales ready“. Die Bedarfsermittlung und das Angebot folgen. Im optimalen Fall erfolgt der Abschluss.
Moderne Neukundenakquise setzt eine starke IT-Infrastruktur voraus
Aufgrund der veränderten Organisationsform gewinnt die interdisziplinäre Zusammenarbeit stärker an Bedeutung. Aus jedem Teilbereich der Kundengewinnung fallen Daten und Wissen an, die zentral abgelegt werden müssen. Um die Komplexität der Customer Journey abdecken zu können, wird die IT-Infrastruktur zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor. Die Verarbeitung der Erkenntnisse, die die potenziellen Kunden während Ihrer Reise hinterlassen, müssen gesammelt, analysiert und interpretiert werden.
Fazit des Experten
Das Unternehmen, das den Bedarf des Kunden zum richtigen Zeitpunkt erkennt, geht als Gewinner aus der Digitalisierung hervor. Im Vertrieb der Zukunft stehen die zentralisierten Daten, die das Customer Akquisition Team sammelt und bereitstellt im Vordergrund. Vertriebsabteilung haben nichts mehr mit Filmen wie Wolf of Wallstreet gemeinsam, sondern sind stark optimierte und IT getriebene Funktionsbereiche im Unternehmen.
Zur Person
Daniel Moser ist Inhaber von sales evolution. Er ist seit ca. zehn Jahren im Vertrieb tätig, fünf Jahre davon in der Akquise von Neukunden im B2B-Umfeld. Zur Expertise gehört die systematische und nachhaltige Kundenakquise sowie die Ausbildung von Vertriebsmitarbeitern in diesem Umfeld.
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