Online und offline Vertriebskanäle: Wie sie beide Welten miteinander vereinen

Melanie Seidel

Online oder offline? Kunden denken nicht in Vertriebskanälen und Unternehmen sollten es auch nicht! Denn Konsumenten überlegen nicht aktiv, wo ein Unternehmen die besten Informationen rund um die Produkte und Angebote anbietet und wo sie am Ende am besten kaufen können. Sie werden dort kaufen, wo ihr Anspruch am besten bedient wird – sprich, sie erwarten eine positive Omnichannel-Experience.

Customer Centricity ist die konsequent auf den Kunden ausgerichtete Unternehmensorganisation, die den Kunden direkt und aktiv in die Customer Experience mit einbezieht.
Customer Centricity ist die konsequent auf den Kunden ausgerichtete Unternehmensorganisation, die den Kunden direkt und aktiv in die Customer Experience mit einbezieht. © Vitalii Vodolazskyi/stock.adobe.com

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Kunden gehen davon aus, jederzeit an jedem Ort die für sie relevanten Informationen und Angebote zu erhalten und ein hürdenfreies Kauferlebnis zu erhalten.

Wie Unternehmen ihre Kunden frustrieren

Das fehlende Verständnis von Unternehmen für den tatsächlich Kundenbedarf sowie eine immer noch starke Produktzentrierung führt häufig zu Diskrepanzen zwischen dem, was Kunden wollen und dem, was Unternehmen anbieten. Das führt zu negativen Kundenerlebnissen.

Unzufriedenheit bei Kunden entsteht vor allem dann schnell, wenn sie bei der Interaktion mit Anbietern auf Hindernisse stoßen, was oftmals die Folge der getrennten Welten von Online- und Offline-Vertriebskanälen ist.

Wenn Kunden sich beispielsweise online über ein Produkt informieren und dann stationär kaufen möchten, kann es zu Inkompatibilitäten, fehlenden Informationen oder inkonsistenter Beratung kommen. Dies führt zu Frustration und kann die Kundenloyalität negativ beeinflussen.

Wer kennt diese Situationen nicht?

  • Man recherchiert online zu einem Produkt und erhält noch Wochen nach dem Kauf Angebote z.B. per E-Mail zu eben diesem Produkt, obwohl man es doch beim Absender stationär gekauft hat.
  • Man ist gezwungen, bei jedem Kontakt zu einem Unternehmen, sei es bei Fragen oder Reklamationen, seine Kontaktdaten und Bestelldaten immer wieder erneut anzugeben.
  • Man erhält die aus Kundensicht völlig falschen Angebote, z.B. einen Familientarif als Single.
  • Online angebotene Vorteile und Rabatte gelten nicht, wenn man das Produkt spontan beim Einkaufsbummel in der Stadt mitnimmt und nicht im Onlineshop kauft.

Diese Beispiele haben eine gemeinsame Ursache:

Die Kunden sind dem Anbieter nicht oder zu wenig bekannt und wenn, dann nur in einzelnen Abteilungen, denn das vorherrschende Denkmodell startet bei den meisten Unternehmen noch immer bei dem Produkt.

Die überkommene Mission lautet

  • Das beste Produkt so wirtschaftlich wie möglich zu entwickeln und so häufig wie möglich zu verkaufen.
  • Das Marketing soll eine möglichst hohe Reichweite erzielen und der Vertrieb hohe Absatzzahlen generieren.
  • Währenddessen freut man sich im Customer Care, wenn möglichst wenig Reklamationen kommen.

Die Abteilungen arbeiten, wie der Name schon sagt, abgeteilt, also unabhängig voneinander an ihren Themen und sind meist durch aufgaben- und abteilungsspezifische Ziele gesteuert. Die Datensilos entstehen vor allem durch in sich gekapselte Prozesse, durch Applikationen an den Kundenschnittstellen, die punktuell arbeiten, sowie durch technische Systeme, die voneinander getrennt aufgesetzt werden.

Das wiederum führt zu Kauf- und Markenerlebnissen, die für den Kunden unbefriedigend sind. Dies zu ändern bedarf eines grundlegenden Wechsels der Perspektive und eines Verständnisses der Zusammenhänge von Kundenerlebnis und Kundendaten.

Mit Kundendaten die Kundenerlebnisse verbessern – online wie offline

Customer Centricity schaffen

Wenn man Customer Centricity, also die konsequent auf den Kunden ausgerichtete Unternehmensorganisation, als Kreislauf begreift, wird schnell deutlich, wie wichtig es ist, den Kunden direkt und aktiv in die Customer Experience mit einzubeziehen.

Eine exzellente Customer Experience ist von entscheidender Bedeutung, um die richtigen Daten für eine kundenzentrierte Ausrichtung der Angebote und Kundenkommunikation zu erhalten.

Je besser die Customer Experience an den eigenen Touchpoints, also den Schnittstellen, an denen es überhaupt erst möglich ist, personalisierte Kundendaten zu erfassen, desto mehr Daten wird der Kunde bereit sein, zur Verfügung zu stellen.

Diese Erkenntnisse können dann gemäß des Customer Centricity Kreislaufs genutzt werden, um sowohl diese Angebote als auch die Customer Experience kontinuierlich zu verbessern. Übersetzt auf die Fragestellung nach einer Integration der offline und online Vertriebskanäle bedeutet dies z.B. eine reibungslose Interaktion zwischen den Online- und Offline-Kanälen.

Customer Cenricity Kreislauf, Melanie Seidel

Quelle: Nenninger/Seidel, Springer 2021

Kunden erwarten auf allen Kanälen online und offline dieselben Informationen, eine nahtlose Bestell- und Abwicklungserfahrung sowie einen konsistenten und effektiven Service. Die Integration von Daten und Prozessen ist hierbei entscheidend, um eine nahtlose und positive Kundenerfahrung zu gewährleisten.

  • Je besser es einem Unternehmen gelingt, die Kunden schon in den frühen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses personalisiert zu kennen, desto nahtloser können sich Kunden zwischen den Online- und Offline-Welten bewegen.

Wenn Kunden bereits in der Inspirationsphase identifiziert und während des gesamten Prozesses begleitet werden können, dann können viele Brüche zwischen den Welten vermieden werden.

Personalisierung ermöglichen

Sofern es den Kunden zusätzlich ermöglicht wird, Daten zu ihren persönlichen Interessen und Wünschen abzugeben, können darüber hinaus die Kommunikation und auch die konkreten Angebote personalisiert und somit auf den aktuellen Bedarf der Kunden und Kundinnen zugeschnitten werden.

Damit dies gelingt, benötigt das Unternehmen vor allem First- und Zero-Party Data, also Daten, die direkt durch das Unternehmen und nicht über Drittquellen gesammelt werden und die vom Endkunden direkt und freiwillig bereitgestellt werden.

Beispiel hierfür sind Kontaktdaten, die benötigt werden, um einen Newsletter zu versenden (First-Party), angegebene Interessen und Präferenzen im Zusammenhang mit den Newsletter-Abo (Zero-Party) oder die Analyse des Klickverhaltens (First-Party).

Digitale Kunden-ID

Der Zauberschlüssel, um diese Daten sinnvoll zu nutzen, ist die digitale Kunden-ID. Durch die Vergabe einer eindeutigen Identifikationsnummer können Unternehmen die Interaktionen eines bestimmten Kunden über verschiedene Kanäle hinweg verfolgen und miteinander verknüpfen.

Wenn beispielsweise ein Produkte online einer Wunschliste hinzugefügt wird, der anschließende Kauf aber stationär stattfindet, kann über die Kunden-ID eine Verbindung hergestellt werden. Dadurch erhalten Unternehmen ein ganzheitliches Bild von den Aktivitäten und Vorlieben der Kunden.

Durch eine Kunden-ID können Unternehmen Daten zu den Interessen, dem Kaufverhalten, den Präferenzen und anderen relevanten Informationen eines Kunden sammeln. Diese Daten können sowohl aus Online- als auch aus Offline-Quellen stammen. Durch die Zusammenführung dieser Informationen können Unternehmen ein tieferes Verständnis für ihre Kunden entwickeln und personalisierte Angebote sowie maßgeschneiderte Marketingstrategien entwickeln.

Die Verwendung einer Kunden-ID ermöglicht es Unternehmen außerdem, personalisierte Kundenerfahrungen zu bieten. Indem sie die eindeutig zuzuordnenden Daten einer Person nutzen, können sie individuelle Empfehlungen, maßgeschneiderte Angebote und Inhalte bereitstellen.

Kunden fühlen sich dadurch stärker angesprochen und verstanden, was zu einer verbesserten Kundenzufriedenheit und -bindung führt. Nicht zuletzt trägt dies auch zur Verbesserung des Customer Lifecycle Management, also der Analyse und Optimierung des Kundenlebenszyklus, bei.

Die Verwendung der Kunden-ID ermöglicht eine bessere Kundenverwaltung, da Interaktionen, Transaktionen und Präferenzen über die verschiedenen Phasen hinweg nachverfolgt und analysiert werden können. Dadurch können sie gezielte Maßnahmen ergreifen, um Kunden zu gewinnen, zu binden oder zu reaktivieren.

5 Erfolgsfaktoren zur Vereinigung der Online- und Offline-Vertriebskanäle

Um die Customer Experience, also das Kundenerlebnis, nachhaltig zu verbessern und Brücken zwischen den Vertriebswelten Offline und Online zu schlagen, müssen Unternehmen vor allem folgende Aspekte berücksichtigen und umsetzen:

1 Omnichannel-Strategie

Nur eine ganzheitliche und konsequente Omnichannel-Strategie ermöglicht die nahtlose Integration von Online- und Offline-Vertriebskanälen. Kunden sollen die Flexibilität haben, je nach ihren Vorlieben und Bedürfnissen zwischen den Kanälen zu wechseln. Unternehmen sollten hierfür eine einheitliche Präsenz über alle Kanäle hinweg bieten und sicherstellen, dass Kunden beispielsweise online recherchieren, aber offline kaufen können und umgekehrt.

2 Konsistente Kundenerfahrung

Kunden sollten dieselben Informationen, Preise, Produkte und den gleichen Service unabhängig davon erhalten, ob sie online oder offline interagieren.

3 Verknüpfung von Daten und Kundenprofilen

Die Verbindung von Online- und Offline-Daten ist entscheidend, um ein umfassendes Kundenprofil zu erstellen und personalisierte Erlebnisse zu ermöglichen. Datenbanken müssen integriert sein, um Informationen über Kundeninteraktionen, Kaufhistorie, Präferenzen und demografische Merkmale zu verknüpfen. Dadurch können personalisierte Angebote, gezielte Marketingkampagnen und eine maßgeschneiderte Kommunikation über verschiedene Kanäle hinweg bereitgestellt werden.

4 Befähigung des Personals

Die Mitarbeitenden, die in den Online- und Offline-Kanälen tätig sind, spielen eine wichtige Rolle bei der Integration und Bereitstellung einer nahtlosen Kundenerfahrung. Das Personal sollte entsprechend geschult und befähigt werden, Kunden in beiden Kanälen professionell zu betreuen. Dies umfasst Produktkenntnisse, die Fähigkeit, Kunden bei der Navigation durch verschiedene Kanäle zu unterstützen sowie eine proaktive und serviceorientierte Einstellung.

5 Technologische Integration

Die richtige Nutzung von Technologien ist entscheidend, um die Integration von Online- und Offline-Vertriebskanälen zu ermöglichen. Unternehmen sollten in effektive E-Commerce-Plattformen, Point-of-Sale (POS)-Systeme, Customer-Relationship-Management (CRM)-Systeme und andere relevante Technologien investieren. Diese Systeme müssen miteinander verbunden sein, um Daten auszutauschen und eine reibungslose Kundenerfahrung zu gewährleisten.

Fazit der Expertin

Unternehmen, denen es gelingt, durch das gezielte Aufbrechen von Daten-Silos und das Vernetzten der unternehmensinternen Prozesse Brücken zwischen den getrennten Welten online und offline zu schlagen, werden langfristig die Loyalität ihrer Kunden erhalten.

Zur Person

Melanie Seidel ist Senior Managerin bei rpc – The Retail Performance Company und seit 20 Jahren in digitalen Geschäftsfeldern aktiv. Als Autorin des Praxisleitfadens „Customer Centricity“  plädiert sie für eine data driven Customer Experience und hilft Unternehmen, konsequent von den Kundenbedarfen aus zu denken und zu handeln.

 

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