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Die Corona-Pandemie ist nicht spurlos am Vertrieb vorbeigezogen. Vertriebsmitarbeiter sind stolz – und fühlen sich nicht wertgeschätzt; sie sind Quereinsteiger – und erfolgreich; überarbeitet, unterbesetzt – und optimistisch.
Als die Corona-Pandemie 2020 begann, war der Schock groß: Lockdown, Social Distancing, Rezession. Vielerorts herrschte die berechtigte Sorge, dass viele Unternehmen nun auf Grund laufen würden. Doch in der Praxis zeigte sich ein anderes Bild. Vertriebsmitarbeitende waren 2020 erfolgreicher als noch im Vorjahr – und hatten damit einen großen Anteil daran, die Unternehmen in der Pandemie über Wasser zu halten.
59 Prozent der befragten Vertriebsexperten gaben im State of Sales an, ihre Sales-Ergebnisse gesteigert zu haben. Entsprechend glücklich waren Vertriebsmitarbeitenden hinsichtlich des Erfolgs: neun aus zehn Befragten sind stolz auf ihre Rolle im Vertrieb.
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Doch wie haben die Vertriebskräfte diesen Erfolg geschafft? Nicht nur waren angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheit die Budgetgürtel bei den Kunden enger geschnallt oder Investitionen auf ein Minimum zurückgefahren. Durch Social-Distancing-Regeln, Lockdowns, abgesagte Messen und Homeoffice wurde schließlich auch das Verkaufsargument Nummer eins für den Vertrieb ausgehebelt: Der persönliche Austausch, Face-to-Face, mit dem Verkäufer. Das gilt insbesondere für das B2B-Geschäft; gemäß einer McKinsey-Studie will die Mehrheit der Kunden gerade im B2B-Bereich im Laufe des Kaufprozesses auch weiterhin den menschlichen Kontakt.
Doch Not macht erfinderisch. In dem Fall sorgte der Wegfall der alten Vertriebskanäle dazu, dass sich Vertriebsmitarbeitende beinahe gezwungenermaßen den digitalen Alternativen widmen mussten.
Digitale Tools – bis dato eher zur Erledigung administrativer Fleißarbeit im Einsatz, statt essenzieller Treiber der Wertschöpfungskette – nahmen daher einen zusehends prominenten Platz im Verkaufsprozess ein.
Inzwischen nutzen knapp 80 Prozent der Vertriebskräfte CRM-Tools im Sales-Alltag; ein entscheidendes Hilfsmittel, sodass die Zahnräder des Vertriebs auch dezentral im Homeoffice ineinandergreifen.
Video-Konferenzen und Online-Demos ersetzen den Präsentationstermin vor Ort und digitale Meetups substituierten das Networking-Event. Statt auf Messen Visitenkarten auszutauschen, spülten Automatisierungstools neue Kontakte in die Datenbanken und Künstliche Intelligenz qualifiziert sie vor.
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Es lassen sich am Tag einfach mehr Video-Konferenzen und Online-Demos abhalten als vor-Ort-Kundentermine inklusive stundenlanger An- und Abfahrt. Und eine KI kann mehr potenzielle Leads vorqualifizieren als das Vertriebspersonal Sales-Telefonate in der Stunde führen kann.
Kurzum: Das Sales-Volumen stieg 2020 beachtlich – und federte die negativen Effekte der instabilen Wirtschaftslage ab.
Laut des State of Sales konnten fast sieben aus zehn Vertriebsmitarbeitenden, die Automatisierungstools für die Leadgenerierung nutzen, ihre Vertriebsziele 2020 erreichen. Nicht mal die Hälfte derjenigen, die in den Pandemiezeiten auf digitale Unterstützung verzichtet hat, kann das behaupten.
Der Preis des Erfolgs für Vertriebspersonal
1 Überstunden
Bereits im State of Sales 2020 schlugen Vertriebsmitarbeitende Alarm: Die Teams sind auf Kante genäht, der Leistungsdruck ist hoch und viele Teammitglieder mussten regelmäßig Überstunden leisten, um die Verkaufsziele zu erreichen. Die Studie sah im vergangenen Jahr ein großes Burnout-Risiko bei vielen Vertriebskräften. Diese Situation hat sich nicht gebessert.
63 % der Vertriebler arbeiten derzeit weit mehr als die üblichen 40 Stunden pro Woche. Jeder Vierte sogar über 50 Stunden.
Gerade Wochenendarbeit ist rund um den Globus gang und gäbe. Zwar liegt Deutschland hier leicht unter dem Schnitt – „nur” jeder Zehnte arbeitet regelmäßig am Wochenende. Doch nur knapp ein Drittel der Mitarbeitenden wird für ihre Mehrarbeit an eigentlich freien Tagen entlohnt.
Vertriebler hielten den Laden also buchstäblich durch Extraschichten am Laufen, hatten einen großen Anteil daran, dass Unternehmen auch während der Pandemie weiter Umsätze einfuhren – und erfahren trotzdem monetäre Nachteile durch mangelnde Vergütung. Kein Wunder, dass sich 61 Prozent der Befragten im Unternehmenskontext nicht richtig wertgeschätzt fühlen.
2 Überforderung
Dabei leidet der Vertrieb bereits an einem chronischen Fachkräftemangel. Laut einer Studie der Manpower Group sind Vertriebskräfte die weltweit am zweitstärksten nachgefragte Berufsgruppe. Das Prinzip ‘Fordern – und noch mehr fordern’ statt zu fördern, wird diesen in naher Zukunft garantiert nicht beseitigen.
3 Keine staatliche Vertriebsausbildung
Ein weiteres Problem: In Deutschland existiert weder eine dezidierte Vertriebs-Ausbildung noch ein Sales-Studiengang.
Stattdessen schwingt das Vertriebs-Handwerk immer mal mit, etwa in kaufmännischen Ausbildungen oder in BWL-Studiengängen. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch auch: In Deutschland verfügt kein einziger der Befragten über ein abgeschlossenes Masterstudium. Dahingegen verfügen in Großbritannien 21 Prozent, in Portugal 31 Prozent und in Spanien 32 Prozent der Studienteilnehmer über einen höheren Universitätsabschluss.
Insgesamt haben hierzulande gerade einmal sieben Prozent der Vertriebskräfte ihre Kompetenzen durch eine Ausbildung oder Weiterbildung erworben. Stattdessen gewannen zwei Drittel aller Vertriebler ihre Fähigkeiten „on the Job”. Sprich, ganz gemäß der Learning-by-Doing-Methode. Professionell sieht anders aus.
Zukunft des Vertriebs: Quo vadis Vertrieb?
- Der Vertrieb wird einen gewichtigen Anteil am Aufschwung post-Corona haben
In vielen Firmen wird die Produktion wieder hochfahren, Investitionen werden genehmigt, Produkte benötigt. - Gute Verkaufskräfte bleiben in diesem Aufschwung unverzichtbar
Das glauben auch die Betroffenen selbst: Acht aus zehn Vertriebsmitarbeitenden bewerten die Rolle des Vertriebs für die Erholung der Wirtschaft nach der Pandemie als wichtig oder sehr wichtig. - Durch die digitalen Tools im Vertrieb haben Teams die Möglichkeiten, das Volumen auch weiterhin hochzuhalten
Und gleichzeitig die Gelegenheit, die Vorteile des persönlichen Kontakts auszuspielen. Quasi ein Hybrid Selling aus den digitalen Errungenschaften und alter Schule. Bleibt nur die Frage, ob die Arbeitsbedingungen und die Fachkräftesituation diesen Vertriebs-induzierten Aufschwung abwürgen können. Vielleicht eine Frage für den nächsten State of Sales.
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Es gibt schon Ausbildungsmöglichkeiten zum Vertriebler. Ich z.B. habe einen technischen Vertriebsmanager mit IHK-Zertifikat erworben.
Es gibt Möglichkeiten und um ständige Weiterbildung kommt eh keiner im Vertrieb herum. Ich unterrichte z.B. Vertriebsleiter IHK in Hameln