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Zulieferer stehen aktuell vor der großen Herausforderung, Preisforderungen durchsetzen zu müssen, um die höheren Einkaufspreise bei Rohstoffen und Vorprodukten, Lohnerhöhungen und weitere Kostensteigerungen zu kompensieren. Das ist jedoch einfacher gesagt als getan.
Ohne eine gut durchdachte Verhandlungsstrategie und detaillierte Vorbereitung wird der Vertrieb den Einkauf des Kunden in der Verhandlung über bestehende oder neue Verträge nicht von den höheren Preisen überzeugen können.
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Mehr lesenUngenügendes Datenmanagement beim Vertrieb
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einem wichtigen Thema, das in der Verhandlungsvorbereitung auf Vertriebsseite häufig vernachlässigt wird: das Datenmanagement. Die mit den Verhandlungen Beauftragten gehen oft schlecht vorbereitet in die Kundengespräche, ohne ihre Forderungen genügend mit Daten und Statistiken zu unterfüttern.
Wir haben erlebt, dass der Vertriebsleiter eines großen Mittelständlers nur bewaffnet mit einigen Wikipedia-Screenshots und einer Grafik über die Rohstoffpreisentwicklung in die Verhandlung mit einem Großkonzern gehen wollte, um die Notwendigkeit einer Preiserhöhung zu begründen. Das ist natürlich naiv. Denn meist haben die Zulieferer nicht so gute Daten wie der Einkauf des Kunden selbst, der häufig größer ist und in Verhandlungen professioneller agiert.
Defizit des Vertriebs gegenüber dem Einkauf
Vertriebler sind – pauschal betrachtet, Ausnahmen gibt es immer – beziehungsorientiert und damit in der Regel kommunikativer.
Aber in Bezug auf Methoden, Tools, Fachwissen über Verhandlungen sind Vertriebler schlechter ausgebildet als die Einkäufer auf der Gegenseite und damit in den Verhandlungen unterlegen. Dann ist absehbar, zu wessen Gunsten die Verhandlungen ausgehen.
Der Fehler kann auch bei der Unternehmensführung liegen, wenn sie dem Vertrieb für die Verhandlungen einfach nur einen bestimmten Prozentsatz an Preiserhöhung vorgibt, ohne dieses Ziel selbst mit Zahlen und Fakten genügend zu begründen.
Häufig läuft das dann so ab: Geschäftsführung oder Vorstand weisen den Vertrieb an, ein Plus beispielsweise von fünf Prozent zu erreichen; die Vertriebler eröffnen dann die Verhandlung mit einer Forderung von sieben Prozent und lassen sich dann auf vier Prozent runterverhandeln – Ziel nicht erreicht.
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Mehr lesenArgumentationshilfe für den Einkäufer
Denn der Einkäufer auf der Gegenseite kann seinem Chef nicht einfach sagen: Das Produkt kostet jetzt x Prozent mehr, weil der Lieferant das verlangt. Vielmehr sollten Fakten, Statistiken und Daten dem Einkauf als Argumentationshilfe präsentiert werden, um die Preisforderungen zu untermauern und Transparenz zu schaffen.
Ein Preisdelta, das mit gestiegenen Energiekosten begründet wird, erzeugt beim Gegenüber eine größere Akzeptanz als eine Preiserhöhung ohne entsprechende Begründung.
Schon um in den eigenen Reihen nicht als inkompetent und als zu weich zu gelten, braucht der Einkäufer sachliche Argumente, also etwa Daten zu Inflation, höheren Personal- und Energiekosten etc., um in seinem Unternehmen den höheren Preis vermitteln zu können. Der Einkauf braucht diesen Cost Walk von altem Preis zum neuen Preis.
Höhere Preise zu verhandeln, ist deshalb auch ein Datenprojekt, um dem Kunden die Notwendigkeit der angekündigten Preiserhöhung mit einer schlüssigen Storyline zu belegen. Diese Datenkompetenz ist erst recht bei langfristigen Rahmenverträgen erforderlich, wenn es um die Verteilung der zukünftigen Preisrisiken zwischen Lieferant und Kunde geht.
Anker setzen beim Vertrieb und in der Verhandlung
Aber Vertriebler kennen oft die Zahlen aus Einkauf und Produktion nicht genau, was ihre Verhandlungsmacht schmälert.
Für die erfolgreiche Durchsetzung einer Nachforderung beispielsweise müssen Zulieferer für den Einkauf des Kunden detaillierte Informationen über die aktuellen Problemfelder parat haben, die über die höheren Rohmaterial- und Supply-Chain-Kosten zu den konkreten Mehrpreisen führen.
Als Zulieferer sollte man die relevanten Zahlen zumindest genauso gut kennen wie der Einkäufer. Das erhöht auch das Selbstbewusstsein in der Verhandlung. Ziele sind für den Vertrieb ja ein Anker, und wenn der nicht ausreichend begründet ist, dann sind die Vertriebler selbst schlecht geankert, kriegen ihre Forderung nicht sauber hergeleitet und erweisen sich in der Verhandlung als schwach.
Verfügt man als Vertrieb eines Zulieferers dagegen über genau Kenntnisse dieser Zahlen, so kann man in der Verhandlung Anker setzen und das Heft in der Hand behalten.
Empfehlung zu Preistransparenz seitens Zulieferer
Oft wird bei der Verhandlung noch der alte Grundsatz befolgt: Zulieferer sollten gegenüber dem Kunden vermeiden, bei den Herstellungskosten ihrer Produkte transparent zu sein.
Aber gerade bei den heutigen volatilen Märkten, dem erhöhten Preisdruck und den unsicheren Lieferketten kann eine Strategie der vollständigen Preistransparenz durchaus dabei helfen, Preiserhöhungen durchzusetzen.
Entgegen der landläufigen Doktrin empfehlen wir zurzeit, die Möglichkeit des Open-Book-Verfahrens zielstrategisch einzusetzen und offen die gestiegenen Preise bei Energie, Logistik oder Rohmaterialien zu kommunizieren, um die Glaubhaftigkeit und Berechtigung der eigenen Forderungen zu unterstreichen. Preistransparenz kann in der heutigen Zeit ein strategisches Tool zum Risikomanagement sein.
Unsere Handlungsempfehlung: Durch Business Case Stufentransparenz herstellen
Unsere Handlungsempfehlung ist, dem Kunden einen Business Case vorzulegen, der detailliert zeigt, warum er für das Produkt jetzt mehr zahlen muss.
Vom Ausgangspunkt des alten Preises sind dabei dem Kunden detailliert die verschiedenen Stufen die Verteuerung nachzuweisen (Energie-, Rohmaterial-, Logistikkosten etc.). Diese Stufentransparenz sollte nicht pauschal, sondern bezogen auf die einzelnen Produkte hergestellt werden.
Wenn zum Beispiel Kupfer teurer wird, ist darzustellen, wie viel Kupfer in dem Endprodukt enthalten ist, wie viel davon der Kunde bisher etwa durch Rohmaterialpreisgleitklauseln vergütet und wie viel von dem aktuellen Preisanstieg noch offen ist, um daraus dann die Forderung abzuleiten.
Wenn man so dem Kunden die ganze Dimension der Verteuerung in der Beschaffung und Produktion aufzeigen kann, nimmt das die Emotionalität aus der Verhandlung.
Der Einkäufer kann dann zudem zur eigenen Sicherheit in seinem eigenen Unternehmen bei den Abteilungen für Kostenplanung, Logistik, Entwicklungsabteilung etc. nachfragen, ob diese den im Beispiel genannten Kupferanteil in dem Produkt bestätigen können.
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Mehr lesenFazit der Experten: Aktuell gute Chancen, Mehrpreisforderungen durchzusetzen
Da viele Unternehmen selbst derzeit mit Preissteigerungen bei einzelnen Gütern von 20, 30 Prozent konfrontiert sind und ganze Geschäftsmodelle im Risiko stehen, ist eine sachliche Diskussion über Preissteigerungen gut möglich.
Vor der jüngsten Krise hat das weniger funktioniert, weil es kaum allgemeine Preissteigerungen gab. Jahrelang galt das eherne Gesetz, dass Mehrpreisforderungen gegenüber Kunden schlichtweg nicht durchzusetzen sind.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Die derzeitige Situation bietet Lieferanten eine einmalige Gelegenheit, Nachforderungen gegenüber ihren Abnehmern durchzusetzen sowie bei Neuvergaben auf Verständnis für Preisanhebungen zu stoßen.
Die Entwicklungsabteilungen der Unternehmen verfügen aktuell nur über geringe oder keine Kapazitäten für einen Lieferantenwechsel, wodurch sich letztere sicherer sein können, nicht durch andere Lieferanten ausgetauscht zu werden. Der Einkauf – speziell der von größeren Unternehmen – zeigt derzeit eine hohe Bereitschaft, Mehrpreisforderungen zu akzeptieren.
Dies ist zum einen der schieren Angst vor Produktionsstillständen geschuldet – vor die Wahl gestellt, ein paar Prozent Preiserhöhung zu akzeptieren oder einen Einbruch der Produktion zu riskieren, tendiert der Einkauf so gut wie immer für die erste Option. Zum anderen hat der Einkauf des Unternehmens derzeit ohnehin alle Hände voll zu tun und neigt schneller dazu, unkomplizierte Einigungen mit den Lieferanten zu finden – die Margen der Unternehmen sind ohnehin hoch, sodass die Absicherung der Materialzufuhr Vorrang hat.
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Absolut treffender Artikel ! Die fehlende Datenlage liegt nicht am Vertriebler ? sondern an der Bereitschaft des Controllings, die erforderliche Transparenz bereitzustellen. Wenn Controlling die zu platzierenden Argumente konkret vorgibt (jeder weiß ja schließlich aus eigenen Ebay ? Erfahrungen wie Vertrieb geht .. 🙂 ), ist der Vertriebler ein zahnloser Briefträger. Leider gewollt.
Die Aussage, dass viele Vertriebler schlecht vorbereitet in Preisverhandlung gehen, ist grundsätzlich erst einmal richtig. Auch finde ich den Ansatz, eine passende Story Line zu entwickeln, diese dann mit Zahlen, Daten, Fakten zu hinterlegen und damit ins Gespräch zu gehen, sehr gut.
Ich vermute einmal, dass der Artikel im vergangenen Jahr geschrieben worden ist. Die Situation im Markt und die Aussichten für das Jahr 2024 haben aber die Verhandlungssituation vielerorts im Vergleich zum Vorjahr umgekehrt. Das Jahr 2023 war ein Verkäuferjahr, hingegen das Jahr 2024 wird ein Jahr des Einkäufers.
Bereits seit September 2023 werden vom Einkauf Preissenkungsschreiben an Lieferanten verschickt und damit Preisanker gesetzt. Dem muss die Geschäfts-/Vertriebsleitung durch einen Gegenanker begegnen und die Verkäufer mit klaren Vorgaben und Unterstützung in der Vorbereitung zu wichtigen Preisgesprächen, sowie Argumentationshilfen und Story Line, ausrüsten.
Der Verkäufer sollte selber am besten wissen, welche Information er für das Preisgespräch benötigt, um die Story Line zu untermauern. Allgemeine Wirtschafts- oder Index-Zahlen sind hier nicht unbedingt hilfreich. Je spezifischer, umso besser. Aber Vorsicht, wenn der Einkäufer gut geschult und vorbereitet ist, können diese Zahlen auch leicht ins Gegenteil verkehrt werden.