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Es liegt aber in der Natur der Sache, dass professionelle Beziehungen zwischen Kunden und Verkäufern nicht von Dauer sein können. Nicht nur Kündigung oder die eintretende Rente machen Verkäuferwechsel nötig, Unternehmen restrukturieren Ihre Vertriebsorganisationen immer häufiger, planen Vertriebsgebiete neu oder entwickeln Ihre Vertriebskräfte für den Einsatz in neuen Positionen.
Verkäuferwechsel schaden dem Umsatz
Ein aktueller Forbes Artikel unterstreicht, dass die jährliche Fluktuation von Verkäufern bis zu 34% beträgt. Forscher fanden heraus, dass Verkäuferwechsel die finanzielle Performance einer Kundenbeziehung gravierend verringern kann, da gegenseitiges Vertrauen und wertvolles Kundenwissen verloren gehen. Und tatsächlich zeigen erste Forschungsergebnisse, dass Verkäuferwechsel den mit betroffenen Kunden generierten Gesamtumsatz um bis zu 17,6% senken können.
Experteninterviews mit Vertriebs- und Einkaufsmanagern sowie eine Meinungsumfrage unter 273 US Managern bestätigen jedoch, dass Manager in Verkäuferwechseln auch wertvolle Entwicklungspotenziale erkennen. Sie argumentieren, dass Verkäuferwechsel festgefahrene Strukturen aufbrechen und eine Geschäftsbeziehung zwischen Anbieter und Kunde neu beleben können.
Ein Bochumer Forschungsteam hat nun eine umfassende Vertriebsanalyse von über 2000 Geschäftskunden eines internationalen Logistikkonzerns durchgeführt und dabei die Ergebnisse früherer Studien zum Teil bestätigt: Verkäuferwechsel schaden dem Umsatz aus Kundenbeziehungen. Insbesondere die Umsätze mit Wiederkäufen sanken um durchschnittlich 29%.
Sollten Verkäuferwechsel unbedingt verhindert werden?
Ganz so einfach ist es nicht. Die Analyse zeigte auch, dass ein Verkäuferwechsel die Umsätze im Cross-Selling um durchschnittlich 52% ankurbeln kann und scheint damit die Vermutung der Manager zu bestätigen: Verkäuferwechsel sind mit Risiken verbunden, sie können das Geschäft aber neu anfachen.
Der Wechsel belebt den Informationsaustausch zwischen Verkäufer und Kunde neu und verbessert so die Bedürfniserkennung und individuelle Adressierung von Kundenproblemen.
Die Ergebnisse sind ein Novum für die Vertriebsforschung und bestätigen was viele Praktiker schon lange vermuten: Ein Bruch der Kundenbeziehung muss nicht immer negative Folgen haben.
Sollten Manager ihre Verkäufer in Kundenbeziehungen regelmäßig auswechseln?
Nein. Eine positive Wachstumsentwicklung findet sich nur bei bestimmten Kundenbeziehungen. Ob ein Verkäuferwechsel hilft oder schadet hängt von der betroffenen Kundenbeziehung ab – und davon, wie sie nach dem Wechsel gemanagt wird: Ist die Beziehung für den Kunden besonders wertvoll, dann ist er stärker motiviert, die Beziehung nach einem Verkäuferwechsel zu erhalten und sogar zu erweitern.
Kundenbeziehungen mit gleichbleibendem, routiniertem Kaufverhalten profitieren von einer Neubelebung der Bedürfniserkennung und höherem Cross-Selling, sind jedoch auch einem höheren Verlustrisiko ausgesetzt. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass geübte Cross-Seller besonders gut geeignet sind, um das Wachstum nach Verkäuferwechseln anzukurbeln. Insgesamt bestätigen die Ergebnisse, dass ein Verkäuferwechsel unter sehr günstigen Umständen sogar den Gesamtumsatz einer Kundenbeziehung um durchschnittlich 29 – 41% steigern können.
Aber Vorsicht: Proaktive Verkäuferwechsel könnten ungewünschte Nebeneffekte haben und sind nur mit besonderer Vorsicht zu empfehlen. Häufige Verkäuferwechsel könnten die Vertriebsmannschaft demotivieren und Kunden verstimmen. Immerhin ist und bleibt jeder Wechsel auch mit Aufwand verbunden.
Von Maximilian Frieß und Jan Helge Guba
Information: Der Artikel basiert auf der 2020 im Journal of Marketing erschienenen Studie von Christian Schmitz, Maximilian Frieß, Sascha Alavi, and Johannes Habel mit dem Titel „Understanding the Impact of Relationship Disruptions“.
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