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„Unser Markterfolg beruht auf Leistungsfähigkeit und Qualität unser Produkte“. Dieses Credo prägte über viele Jahrzehnte das Denken und Handeln der meisten Industriegüteranbieter.
Der Service wurde lediglich als eine notwendige Folge des Produktvertriebs gesehen. Die Kunden erwarteten einen After-Sales-Service – zum Beispiel die Versorgung mit Ersatzteilen sowie die Inspektion und Wartung der Maschinen. Also bekamen sie ihn.
Dieses Denken hat sich geändert. Denn aufgrund des oft bestehenden technischen Patts zwischen den Produkten der verschiedenen Industriegüteranbieter entscheidet sich heute der Markterfolg der Unternehmen nicht mehr allein über die Leistungsfähigkeit und Qualität ihrer Produkte. Entscheidend ist vielmehr die kundenorientierte Gesamtlösung, also der Nutzen, den die Zielkunden während der gesamten Nutzungsdauer aus dem Gesamtpaket „Produkt plus Service“ ziehen.
Service ist heute mehr als After-Sales-Service
Deshalb bauen viele Unternehmen ihr Serviceangebot immer weiter aus und der klassische After-Sales-Service wird zunehmend ergänzt, um
- Pre-Sales-Service, zum Beispiel technische Planung und betriebswirtschaftliche Beratung
- Ad-Sales-Service, zum Beispiel Montage, Inbetriebnahme, Supervision beim „Start of Production“ (SOP)
Dies auch, weil viele Anbieter hierin eine Chance sahen, sich gegenüber ihren Mitbewerbern zu profilieren.
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Mehr lesenUnd die Produkte? Sie werden zunehmend nur noch als ein Mittel gesehen, um die von den Kunden gewünschte „ganzheitliche“ Lösung zu realisieren. Zu Recht! Denn: „Der Kunde braucht – zugespitzt formuliert – „keine Bohrer, er braucht Löcher.“
Bezogen auf die offensive Vermarktung von Serviceleistungen bedeutet dies:
- Der Kunde braucht keine Ersatzteile, er braucht Standzeit“
- Er braucht keine Störungsbeseitigung, er braucht Störungsvermeidung und Prozesssicherheit
- Er braucht Verfügbarkeit, Prozesskostenreduzierung, Gesamtanlagen-Effizienz
Aus Herstellern werden „herstellende Dienstleister“
Eine solche kundennutzen-orientierte Marktbetrachtung und -bearbeitung trägt Früchte. Das beweisen im B2B-Bereich schon viele „First-Tier-Lieferanten“, also bevorzugte System- und Modullieferanten; desweiteren Generalunternehmer, die für ihre Kunden lösungsorientiert Pakete aus Produkten und Servicekonzepten schnüren oder ihnen ein Performance-Contracting offerieren. Für die Hersteller bedeutet dies: Sie werden zunehmend herstellende Dienstleister.
Eine zentrale Voraussetzung für eine solche Marktbearbeitungsstrategie ist nicht nur eine entsprechende strategische Positionierung des Bereichs Service im Markt, sondern auch im eigenen Unternehmen.
In ihm muss bereichsübergreifend das Bewusstsein bestehen, dass im digitalen Zeitalter für den Markt- und Unternehmenserfolg ein offensiver Servicevertrieb mindestens ebenso wichtig ist wie ein aktiver Produktvertrieb. Die hierfür erforderlichen Grundsatzentscheidungen kann nur das Top-Management treffen. Dieses ist der Motor dafür, dass sich in der Organisation der für das Umsetzen einer solchen Strategie erforderliche Bewusstseinswandel vollzieht.
Mit einem offensiven Servicekonzept den Erfolg steigern
Ein offensives Servicekonzept bietet zahlreiche strategischen Möglichkeiten bzw. Hebel, um den Vertriebs- und Markterfolg eines Unternehmens zu steigern. Die wichtigsten seien hier genannt:
- Differenzierung zum Wettbewerb
Kundengewinnung und
Wettbewerber-Verdrängung
- Sicherstellen der Kundenzufriedenheit
Kundensicherung / Kundenloyalisierung
Kundenausbau / Folgegeschäft
Forcieren der Weiterempfehlungen
Durchsetzen besserer Preise im Neu- und Folgegeschäft
- Quelle für zusätzlichen Umsatz mit lukrativem Deckungsbeitrag
Steigerung des Gewinns
- Anwendungsbetreuung als Informationsquelle für Marktanalyse und über den Nutzerbedarf
kontinuierliche Verbesserung von Prozessen, Produkten und Dienstleistungen (KVP) sowie Entwicklung von Innovationen im eigenen Unternehmen.
Die genannten Hebel zur Erfolgssteigerung sind den Herstellern und Anbietern von Investitionsgütern bekannt. Trotzdem spielen aktuell noch viele von ihnen nur auf einem „Instrument“; nur selten wird daraus strategisch ein professionelles „Orchester“ geformt.
Mankos beim Realisieren eines offensiven Servicevertriebs
Warum dies so ist, untersuchte die Hochschule Mannheim vor einigen Jahren mit Peter Schreiber & Partner. Dabei zeigten sich folgende Problem- bzw. Handlungsfelder:
- Die Unternehmensleitungen forcieren zwar das Vermarkten von Serviceleistungen, sie sehen darin aber (noch) keinen bedeutsamen Hebel zum Realisieren der Unternehmensvision.Man spricht zwar von markt- und kundengerechten Lösungen, im Tagesgeschäft wird aber noch primär an die Produkte und deckungsbeitragsträchtigen Ersatzteile statt an die strategischen Dimensionen des Service gedacht.
- Der Service ist zwar bereits ein zentrales Element der Vision, es fehlt aber noch eine formulierte Strategie.Folglich gibt es auch keine differenzierten Arbeitsziele für die Vertriebs- und Servicemitarbeiter, professionellen Vermarktungspläne sowie konkreten Budgets, zum Beispiel für Marketing und Personal. Auch ein differenziertes Controlling fehlt.
- Die für das Vermarkten der Serviceleistungen verantwortlichen Führungskräfte sind von der Geschäftsleitung nicht eindeutig instruiert und ausreichend für die damit verbundenen Aufgaben qualifiziert.Sie betrachten zum Beispiel das gezielte Forcieren der Vermarktung der Serviceleistungen nicht als eine ihrer strategischen Kernaufgaben. Sie haben für den Verantwortungsbereich „Vermarktung von Serviceleistungen“ keine Balanced Score Card und keinen Sellingplan. Deshalb geraten die mit der Aufgabe „Strategische Vermarktung der Serviceleistungen“ verbundenen Teilaufgaben im operativen Tagesgeschäft vielfach aus dem Blick.
- Die Vertriebs- und Servicemitarbeiter sind für einen offensiven Serviceverkauf nicht adäquat qualifiziert und trainiert. Sie verfügen nicht über die nötigen verkaufsfördernden Tools.Die Mitarbeiter spüren diese Defizite und „sperren“ sich entweder mental gegen den Verkauf von Serviceleistungen oder stellen entsprechende Versuche nach einiger Zeit frustriert ein.
Bei den genannten Problemfeldern gab es in den letzten Jahren bei vielen Anbietern von Industriegütern schon beachtliche positive Veränderungen.
Dessen ungeachtet kämpft das Gros von ihnen im Betriebsalltag noch mit den vorgenannten Problemen wie Expertenbefragungen zeigen; auch weil sich im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung, zu der auch die verstärkte KI-Nutzung zählt, die Serviceerwartungen ihrer Zielkunden ändern.
Den Servicevertrieb in der Strategie und im Arbeitsalltag verankern
Deshalb stellt sich für viele Hersteller von Investitionsgütern weiterhin die Frage, wie sie die strategischen Chancen eines Service-Vermarktungskonzepts offensiv und effektiv nutzen können – auch mit Hilfe von KI-Lösungen.
Dies setzt weiterhin voraus: Das Top-Management muss zunächst eine strategische Grundsatzentscheidung treffen, welche Rolle der Service beim Realisieren der Unternehmensvision und Erreichen der Unternehmensziele spielt.
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Mehr lesenDanach gilt es, sofern der Service diesbezüglich relevant ist, ein bereichsübergreifendes Projekt „Service Excellence“ aufzulegen. Dieses muss Chefsache sein und bleiben! In seinem Lenkungsausschuss sollte also die Geschäftsleitung bzw. der Vorstand persönlich vertreten sein, damit für alle Betroffenen sichtbar wird, welche Relevanz die Unternehmensspitze dem Service beimisst.
Die Projektleitung wiederum muss zunächst eine Marktanalyse durchführen, um die verschiedenen strategischen und organisatorischen Optionen zu ermitteln. Nach deren Diskussion im Lenkungsausschuss gilt es unter anderem für den Vertriebs- und Service-Bereich eine erste Balanced Scorecard nebst korrespondierendem Aktions- sowie Marketing- und Sellingplan auszuarbeiten, die Jahr für Jahr weiterentwickelt werden.
Fazit des Experten
Der Service muss also erkennbar in der Unternehmensstrategie verankert sein, Außerdem muss ein nachhaltiges, professionelles Vermarktungskonzept für ihn existieren, damit sich die gewünschten Veränderungen und Erfolge einstellen.
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