So bringen Vertriebler Ihr Unternehmen in unsicheren Zeiten nach vorne

Philip Semmelroth

Krisen sind nichts Exotisches. Obwohl Corona ein ganz besonderer Fall ist, können Unternehmen immer mal wieder in heikle Fahrwasser geraten – ob selbst gemacht oder durch externe Faktoren. Egal, um welche Erschütterung es sich handelt, folgende Wahrheit rüttelt wach: Hoffnung ist keine Überlebensstrategie. Tobt der Sturm, dürfen Kapitän und Mannschaft nicht die Köpfe einziehen und abwarten. Vielmehr gilt es, alle Power in den Vertrieb zu stecken und die Vertriebler zu stärken.

Gute Vertriebler haben die Macht, Kunden zum Kaufen zu bewegen und sie zu halten und so die Zukunft Ihres Unternehmens zu sichern.
Gute Vertriebler haben die Macht, Kunden zum Kaufen zu bewegen und sie zu halten und so die Zukunft Ihres Unternehmens zu sichern.© peterschreibermedia/stock.adobe.com

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Gute Verkäufer haben die Macht, Unternehmen zu retten. Nur sie können Kunden dazu bewegen, Geld in die Kassen zu spülen und nicht zum Wettbewerb zu driften. Wenn Vertriebler folgende Tipps umsetzen, sichern sie nicht nur das Überleben der eigenen Firma, sondern verhelfen ihr vielleicht sogar zu Eroberung neuer Landschaften.

In sensiblen Zeiten haben Kunden ihren Bedarf nicht wirklich verändert – sondern lediglich neu priorisiert. Existenzängste, finanzielle Engpässe und Schadensbekämpfung stehen derzeit ganz oben in der Sorgentabelle. Auch die Sehnsucht nach Wachstum hat sich verschoben. Einige Abnehmer verfallen in Schockstarre, minimieren die Ausgaben oder tauchen erst in vielen Monaten mit neuen Problemen wieder auf.

So oder so: Kunden suchen Führung. Damit sie Geld ausgeben, brauchen sie Vertrauen zum Verkäufer. Jemanden, der ihnen hilft, Zweifeln zu reduzieren und nach vorne zu schauen.

Erlebnisse schaffen

Den Auftrag bekommt der, der besser verkauft – nicht, wer besser erfüllt. Kunden wissen nicht, wie gut das Produkt ist und dass es ihnen in verzwickten Situationen helfen kann. Entschließt ein Betrieb sich zum Einsatz neuer Anlagen oder Serviceleistungen, dann nur, weil er dem Anbieter vertraut. Besonders im B2B-Bereich erwerben Menschen keine Produkte, sie tauschen Geld gegen Erlebnisse. Sie kaufen eine Vision der Zukunft, die der Experte für sie geschaffen hat.

Aufgabe des Verkäufers ist daher, den Interessenten emotional zu begeistern, mentale Bilder zu malen, ihn zu beruhigen. Weg vom Point of Sale hin zum Point of Experience. Das gelingt, indem er seine Kunden versteht, bedarfsgerecht berät und selbst mit hohem Energielevel bei der Sache ist. Nur dann kann er inspirieren und animieren.

Beispiel gefällig?

Ein Unternehmen produziert Leichtbeton. Der Vertriebler überfordert den Kunden mit Schallschutzzahlen, Wärmeleitwerten und Entzündungswahrscheinlichkeiten. Was das bedeutet, versteht der Interessent nicht wirklich. Kollege „Kauferlebnis“ vom Mauerziegelwerk hingegen schildert das gleiche Szenario mit ganz anderen Farben: „Ruhige Raumatmosphäre, entspannte Kühle an heißen Sommertagen ohne Klimaanlage, wohlig warme Räume im Winter und Wände, die sich auch beim Kabelbrand nicht entzünden.“ Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Der Kunde spürt das Szenario mit allen Sinnen und hat das Gefühl, wirklich verstanden zu werden.

Diese Kauferlebnisse lassen sich in allen Branchen schaffen, ob in der IT und Elektronik, bei Transport & Logistik, im Maschinenbau oder in der Agrarwirtschaft. Und sie sollte sich durch alle Touchpoints ziehen: Website, Social Media, telefonische Beratung, persönlicher Kontakt. An jeder Stelle nimmt der Vertriebsprofi Einfluss, ob der Kunde unterschreibt, bleibt, wiederkommt oder empfiehlt. Haben Firmen einmal ein positives Erlebnis mit ihrem Zulieferer abgespeichert, bleiben sie treu. Niemand wechselt den Dienstleister, wenn es gut läuft. Positive Emotionen schaffen Verbundenheit, Loyalität und sichern die Kundenbeziehung gegen Angriffe vom Wettbewerb

Produkte anpassen und rausschmeißen

Sucht ein Unternehmen einen IT-Service, verkneift der Anbieter sich im Verkaufsgespräch besser die Details. Mit technischen Fachchinesisch sind Kunden überfordert. Das verunsichert und schreckt ab. Der IT-Profi sollten stattdessen konkret nach dessen Absicht fragen: „Lieber Kunde, lassen Sie uns offen sprechen. Was ist Ihr zentrales Anliegen? Welches Problem hätten Sie gerne gelöst?“ Das erleichtert das Gespräch. Es macht schließlich einen großen Unterschied, ob der Betrieb den Fokus auf ein smartes CRM-System, eine transparente Dokumentation, hohe Datensicherheit oder Remote- Work-Möglichkeiten legt.

Wer in instabilen Zeiten verkaufen will, muss sich besonders im Markt umsehen

Was gibt es für neue Bedürfnisse? Welche Produkte braucht grad keiner mehr? Was lässt sich in Kombination mit anderen Lösungen als Paket verkaufen? Dafür können Vertriebler einfach mal bei Bestandskunden aktiv durchklingeln: „Wir stehen alle vor neuen Herausforderungen. Und wollen Sie dabei unterstützen. Wo ist Ihr Engpass?“ So entsteht ein Dialog und Raum für neue Umsätze.

Besonders Zusatzprodukte helfen in Krisenphasen, neue Gewinne zu generieren. Dabei ist der Vertrieb Schlüsselfigur. Er allein kann dem Unternehmen spiegeln, welche Lösungen jetzt entwickelt werden sollten, um das bisherige Angebot zu erweitern. Das gibt Kunden hochaktuelle Möglichkeiten, von Unternehmen zu profitieren. Im Gegenzug können Vertriebler einschätzen, welche Produkte aus dem Portfolio fliegen. Ohne den Ballast veralteter Lösungen, die nicht mehr funktionieren, steigen Organisationen automatisch höher. Loslassen ist die Devise, um neue Wege einzuschlagen.

An alle Vertriebler: Finger weg vom Preis!

Gute Lösungen haben ihren Preis – auch in stürmischen Zeiten. Daher: Finger weg vom Preis. Rabatte erschaffen keine Nachfrage. Nur weil Benzin billiger wird, tanken Fahrer nicht öfter. Rabatte führen nur dazu, dass Menschen den Zeitpunkt des Kaufs verlegen. Diese Umsätze und Margen fehlen dann später im Jahr.

Über den Preis zu verkaufen, hat immer einen negativen Nebeneffekt. Ermäßigungen schwächen den Wert des Produktes: „Aha, es geht auch billiger.“ Zahlt der Kunde einmal für Service oder Werkstück weniger, wird er erst recht auf den Preis aufmerksam. Gleichzeitig wächst seine Erwartung, das Erworbene auch zukünftig billiger zu bekommen. Auch monatliche Pauschalen sollten Anbieter keinesfalls reduzieren. Hier droht die Gefahr, dass Kunden die temporären Sonderkonditionen länger einfordern. Ist dem nicht so, bleibt Enttäuschung. Zudem signalisieren Rabatte Bedürftigkeit: „Die haben es wohl nötig!“

Natürlich gibt es für Vertriebler Möglichkeiten, an den Zahlen zu drehen

Zusatzservice hat einen ähnlich attraktiven Effekt wie Rabatte, schnüren dem Anbieter später aber nicht die Luft ab. Kostenlose Wartung, Gutscheine für Schulungen, Gratisleistungen in der Werkstatt oder Testlizenzen nehmen Kunden gerne an. Das stärkt die Bindung zu Marke und Verkäufer. Und führt Kunden sanft ins Upselling.

Trotzdem erwartet niemand nach der akuten Phase weitere Goodies. So ersparen Vertriebsprofis sich Post-Krisen-Preisdebatten. Ist ein Angebot wasserdicht, lockt auch eine 60-Tage-Geld-Zurück-Garantie. Das gibt Sicherheit und erleichtert den Kunden, Neues auszuprobieren.

Aktiv pflegen und geben

Bei jedem Umschwung gibt es Branchen, die profitieren und andere, die richtig ackern müssen, um den Kopf über Wasser zu halten. IT-Dienstleister, Steuerbüros oder Bio-Landwirte können sich in Viruszeiten vor Kunden kaum retten. Viele andere müssen konsequent vom passiven in den aktiven Vertrieb schalten. Das bedeutet sichtbar werden – auch ohne direkt monetären Antrieb.

Es geht darum, mit Kunden im Austausch zu bleiben – offline und online

Sich bei Diskussionen zu beteiligen, Anrufe nicht nur anzunehmen, sondern aktiv raus zu telefonieren und Kontakte zu knüpfen. Dabei ist Geduld eine hohe Tugend. Wer über LinkedIn Kontaktanfragen zu Buyer Personas versendet, zerstört mit einem sofortigen, plumpen Verkaufsangebot jedes Vertrauen.

Einen USP schaffen sich Sales-Kräfte, wenn sie unentgeltliche Hilfe anbieten: „Ich sehe, Sie sind Gastronom …in diesen schweren Zeiten gibt es für Ihre Branche Sonderhilfen… ich schreibe Sie an, weil ich einen Steuerberater kenne, der sich aufs Event- und Gastrogewerbe spezialisiert ist. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie beide mal telefonieren.“ Verkäufer dürfen nie das Gesetz der Reziprozität unterschätzen. Sehr oft bieten dankbare Angeschriebene ebenfalls Unterstützung an.

Fazit des Experten

In Zeiten großer Unsicherheit sind diese Art des persönlichen Kontakts sowie Zusammenhalt, Teamspirit und Kompetenz genauso wichtige Erfolgsfaktoren wie ein Top-Produkt. Engagierte Verkäufer geben ihren Kunden Sicherheit, präsentieren individuelle Lösungen und kreieren Markenerlebnisse. Wenn Vertriebler diese Tipps beherzigen, heben sie sich deutlich vom Wettbewerb ab und tragen ihr Unternehmen kraftvoll durch die Krise.

Zur Person

Philip Semmelroth hilft Firmen, profitabler zu werden. Über viele Jahre entwickelte er in seinem IT-Unternehmen die 3P-Strategie; eine Methodik, die Mitarbeiter leistungsfähiger, Prozesse effizienter und Vertriebserfolge planbar macht. Nach 22 Jahren verkaufte er sein Unternehmen erfolgreich an einen Investor, hält heute Keynotes und führt Coachings durch, um andere bei der Transformation zu einem vertriebsfokussierten Business zu unterstützen. Zu seinen Kunden gehören Unternehmen aus verschiedensten Branchen, er arbeitet national und international. www.Philip-Semmelroth.com

 

 

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