Vom überforderten Mitarbeiter zu mehr Resilienz im Vertrieb

Mitarbeiter kommen heutzutage häufig nicht mehr mit den Anforderungen klar: Arbeitsverdichtung, Termindruck, zunehmender Leistungsdruck. Das führt zu Stress, der immer öfter ernsthafte Erkrankungen zur Folge hat. Einzelcoaching kann helfen, mehr Resilienz im Vertrieb aufzubauen. Längst hat es auch auf der Mitarbeiterebene Einzug gehalten. Das hat verschiedene Gründe.

Resilienz im Vertrieb ist erlernbar, Einzelcoachings helfen dabei.
Resilienz im Vertrieb ist erlernbar, Einzelcoachings helfen dabei.© wildworx/stock.adobe.com

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Hier helfen regelmäßige Einzelcoachings unter anderem, Strategien für einen entspannten Umgang mit Herausforderungen zu entwickeln. Frühzeitig und gezielt eingesetzt, können Coachings noch viel mehr: Sie wirken sich positiv auf die Motivation der Mitarbeiter aus, vor allem dann, wenn der Chef sie ermöglicht. Für die Serie Coaching hat sich vertriebszeitung.de verschiedene Teilbereiche angeschaut und gibt regelmäßig Tipps für den praktischen Einsatz im Vertriebsalltag. Heute: Wie man entspannter mit Stress umgehen kann.

Stress lass nach

Zunehmende Arbeitsbelastung, Druck von Vorgesetzten, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes: Immer mehr Menschen fühlen sich in ihrem Job gestresst. Viele haben das Gefühl, dass der Arbeitsstress in den letzten Jahren zugenommen hat. Multitasking wird genauso als Problem empfunden, wie starker Termin- und Leistungsdruck. Belastend wirkt es zudem, bei der Arbeit gestört und unterbrochen zu werden oder wenn zu viele Überstunden anfallen.

Das macht sich auch gesundheitlich bemerkbar: Häufige Symptome sind allgemeine Müdigkeit, Schlafstörungen, Nervosität sowie körperliche und emotionale Beschäftigung an. Genau das wird zunehmend zum Problem, nicht nur für den einzelnen Betroffenen, sondern für die gesamte Wirtschaft.

Wie man mit Stress besser umgeht

Vermeiden kann man Stress in der heutigen Zeit kaum. Es kann aber helfen, die Stressfaktoren und die Mechanismen dahinter zu kennen: So können Strategien entwickelt werden, die uns entspannter mit Stress umgehen lassen.

Die Faktoren, die im Vertrieb zu einer Überforderung der Mitarbeiter führen können, sind vielfältig: Termin- und Zahlendruck, Kaltakquise, Kundenbeschwerden, immer mehr Kunden in der zur Verfügung stehenden Zeit betreuen zu müssen.

Die Arbeitsbelastung im Vertrieb, vor allem im Außendienst, ist durch Reisen, Umsatzdruck, ständige Erreichbarkeit und zunehmende Arbeitsverdichtung hoch. Psychisch beanspruchte Mitarbeiter mit auffälligem Arbeitsverhalten finden sich am häufigsten im Marketing und Vertrieb, in der Produktion sowie im Kundencenter. Wie sehr sich ein Mitarbeiter stressen lässt, ist auch von der eigenen Widerstandsfähigkeit, der Resilienz, abhängig. Diese entwickelt sich zwar bereits in der Kindheit, aber: „Resilientes Handeln im Berufsleben kann man lernen“, sagt Thomas Bottin, Management- und Vertriebstrainer.

Der Mitarbeiter kann sich selbst helfen, indem er hinterfragt: Was genau stresst mich eigentlich?

Denn meist ist es gar nicht die Tatsache, z.B. zum Hörer zu greifen und Kunden akquirieren zu müssen: Es geht um die Angst vor Ablehnung der eigenen Person, des Produkts oder der Dienstleistung. Ähnlich verhält es sich mit den Umsatzzahlen. Erreicht ein Vertriebler die Vorgaben nicht und handelt sich dafür eine Standpauke vom Chef ein, hat er das Gefühl, versagt zu haben. Die Kritik kommt bei ihm nicht auf der Sachebene, sondern auf der Gefühlsebene an.

Coaching für mehr Resilienz im Vertrieb

Gerade dann ist oft ist der geschulte und unabhängige Blick von außen durch einen Coach hilfreich. „Ein Coach ist das externe Auge. Er hat profunde Kenntnisse der menschlichen Psyche und stellt Fragen, die sich der Mitarbeiter selbst nicht stellen würde. Er strukturiert, ermutigt, hinterfragt, ist Ratgeber und Unterstützer ohne eigenes Interesse“, erklärt die Diplom-Psychologin Simone Marwede.

Oft wird Coaching zur Vorbereitung neuer Situationen eingesetzt, wie z.B. vor dem Erstbesuch bei einem wichtigen Kunden. Es bietet sich aber auch zur Bewältigung der täglichen Arbeitsbelastung an, um einem Burn-Out vorzubeugen oder um die „Abwehrkräfte“ der Vertriebsmitarbeiter zu stärken, die unter dem steten Umsatzdruck und Akquisegesprächen leiden können.

Widerstandsfähigkeit beginnt im Kopf

Wer im Vertrieb arbeitet, muss mit Problemen wie Umsatzdruck und Arbeitsverdichtung meist leben. Wie gut oder wie schlecht das gelingt, hängt von seiner generellen Widerstandsfähigkeit, der Resilienz im Vertrieb, ab. Da gibt es die Verkäufer mit einer hohen Resilienz, die scheinbar mühelos erfolgreiche Kaltakquise betreiben und begeistert vor mehreren hundert Menschen Präsentationen halten. Anderen wiederum ist das ein Graus: Vor allem die Angst vor Ablehnung der eigenen Person oder der Dienstleistung spielt hier eine große Rolle.

Der Grundstein für die Widerstandsfähigkeit wird bereits in der Kindheit gelegt, weiß Thomas Bottin, Management- und Vertriebstrainer: „Emotional stabile Bindungen zu einer erwachsenen Bezugsperson sind wichtig. Aber resilientes Handeln im Berufsleben kann entwickelt werden.“ Dieses Entwickeln ist ein wichtiger Prozess, vor allem für Mitarbeiter, die angreifbar für Kritik sind. „Unsere Erfahrung zeigt, dass vor allem gut ausgebildete Menschen Kritik persönlich nehmen und sie als Ablehnung interpretieren“, so Bottin weiter.

Von der Kommunikationsebene betrachtet geht es hier um das klassische Sender-Empfänger-Problem. „Die Mitarbeiter versammeln sich und der Chef macht eine wütende Ansage zu den Umsatzzahlen. Der resiliente Mitarbeiter geht anschließend raus und schmunzelt, weil der Chef offensichtlich schlechte Laune hat. Der weniger widerstandsfähige Mitarbeiter hat das Gefühl, versagt zu haben“, so Bottin über ein typisches Beispiel aus dem Vertriebsalltag.

Tipps für mehr Resilienz im Vertrieb

Wie also kann man als Vertriebler lernen, widerstandsfähiger zu sein? Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer positiven Grundeinstellung. Das damit vieles einfacher geht, zeigen viele Studien. Demnach zeigen erfolgreiche Vertriebsprofis einen besseren Umgang mit Frustrationen. Ablehnung begreifen sie als Herausforderung und nicht als persönliches Versagen.

Barrieren errichten sich die meisten Verkäufer durch ein pessimistisches Mindset selbst: Unsere Dienstleistung ist zu teuer! Der Kunde denkt sicher, ich will ihm etwas aufschwatzen! Der Kunde findet bestimmt Schwachstellen an unserem Produkt!

Wenn sich solche Denkmuster einmal festgesetzt haben, kann die Auseinandersetzung mit Wechselfällen helfen. „Vor einem Kundengespräch sollte man für sich selbst verschiedene Szenarien entwerfen: Was kann der Kunde antworten und wie reagiere ich darauf? Das reduziert Ängste, man ist besser vorbereitet und wirkt kompetenter“, erklärt Thomas Bottin. Statt Schuldzuweisungen sollte man eine Situation objektiv analysieren: Warum hat der Kunde Einwände beim Produkt? Kann ich es in veränderter Form anbieten und ihn so doch überzeugen? So lenkt der Vertriebler die Einwände in positive Bahnen, statt sich persönlich angegriffen zu fühlen.

Fazit des Experten

Die Unternehmen können ihre Mitarbeiter auf dem Weg zu mehr Resilienz im Vertrieb unterstützen, beispielsweise durch ein regelmäßiges Einzelcoaching. „Auch die Begleitung zu Kundenterminen bietet sich an, um bestimmte Verhaltensmuster aufzudecken und zu durchbrechen“, weiß Thomas Bottin aus der Praxis. Sie können dem Mitarbeiter helfen, entspannter mit Herausforderungen umzugehen. Damit unterstützt der Arbeitgeber nicht nur die psychische und physische Gesunderhaltung: Der Mitarbeiter wird sich außerdem wertgeschätzt fühlen. Das ist ein echter Motivationskick und stärkt zudem die Bindung an das Unternehmen.

Zur Person

Thomas Bottin ist Experte für die Entwicklung von Verkäuferpersönlichkeiten und Verkaufstrainer. Er entwickelt maßgeschneiderte Verkaufstrainingslösungen für Unternehmen aller Branchen. Als Vertriebscoach begleitet Thomas Bottin Verkäufer auch in der Praxis. Thomas Bottin ist Diplom Volkswirt, lizensierter MBTI-Trainer, SPIN-Selling-Trainer und NLP-Master.

Simone Steinhardt

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