Umsatzsteigerung, indem man den Wettbewerb empfiehlt? Exakt!

Gemeinhin gilt unter Vertrieblern die Devise die mühsam angeworbenen Kunden besser nicht daran zu erinnern, dass der Wettbewerb gleiche oder ähnliche Produkte anbietet. Erst recht sollte hierbei Vorsicht geboten sein, wenn der Wettbewerb für das gleiche Produkt einen niedrigeren Preis verlangt. Tatsächlich greifen in der Praxis jedoch sogar viele Vertriebler auf diese Technik zurück. Neueste Forschungen haben nun gezeigt, dass das Empfehlen von Wettbewerbern unter gewissen Umständen zu eigenen Vorteilen führen kann – und damit zur Umsatzsteigerung beiträgt.

Umsatzsteigerung
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Stellen Sie sich das folgende Szenario vor: Ein Kunsthändler verkauft neben den eigentlichen Bildern diverse andere Bedarfsartikel, unter anderem Bilderrahmen. Ein Kunde begutachtet ein ausgestelltes Bild (Fokusprodukt), das zu einem Preis von 215€ angeboten wird. Der Händler merkt: Der Kunde ist interessiert, aber scheint etwas skeptisch auf den Kaufpreis zu reagieren. Trotz eines längeren Gespräches schafft es der Händler nicht, den Kunden zu überzeugen, dass der ausgelobte Preis gerechtfertigt ist. Der Kunde zögert weiterhin.

Cross Selling: Produkte des Wettbewerbers empfehlen….

Neben dem Bild an sich interessiert den Kunden zudem ein Bilderrahmen (weiteres, nicht fokussiertes Produkt). Passende Rahmen werden im selben Geschäft für 70€ angeboten. Da der Kunde immer noch zögert, entschließt sich der Händler für eine andere Verkaufsstrategie zur Umsatzsteigerung: Bezogen auf den Preis für das Bild lenkt er nicht ein, er weicht nicht von den ursprünglich veranschlagten 215€ ab. Dem Kunden empfiehlt er jedoch, den Rahmen bei einem nahe gelegenen Wettbewerber, einem Möbelhaus, in gleicher Qualität für einen Preis von 45€ zu kaufen. Er hebt hervor, dass das Möbelhaus auf Bilderrahmen spezialisiert ist, sein Geschäft sich jedoch auf Bilder konzentriert. Auf diese Weise komme der Preisunterschied zustande.

Das beschriebene Szenario ist ein klassisches Beispiel für die Empfehlung eines Wettbewerbers an einen eigenen Kunden. Diese bezog sich jedoch nicht auf das zentrale Produkt – hier das Bild – was für den Verkäufer im Vordergrund stand, sondern auf ein nicht fokussiertes Nebenprodukt – den Rahmen.

….und den eigenen Umsatz steigern

Ein US-amerikanisches Forscherteam hat sich kürzlich mit genau diesen Empfehlungen und den zugrunde liegenden Prozessen beschäftigt. Ihr Ergebnis nach mehreren Studien: Verhalten sich Vertriebler so wie der Kunsthändler, steigert dies die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde das fokussierte Produkt kauft.

Angst, zu viel zu bezahlen als Hindernis für eine Umsatzsteigerung

Laut der Forscher ist ein wahrgenommenes Risiko der Kunden, für gewisse Produkte gegebenenfalls zu viel zu bezahlen, ein Hauptgrund dafür, beim Kauf zu zögern. Dieses Gefühl entsteht aus einer Unsicherheit in Bezug auf den Preis, der für Produkte eines bestimmten Wertes gerechtfertigt ist. Wie viel Gewinn macht das verkaufende Unternehmen? Wer macht den besseren „Deal“ – der Verkäufer oder ich als Kunde? Da die Kostenstruktur für die Kunden fast immer im Verborgenen bleibt, ist die Gefahr groß, dass die Kunden Unfairness verspüren – ein zentrales Kaufhindernis.

Durch die Empfehlung, ein weiteres, nicht fokussiertes Produkt günstiger beim Wettbewerb beschaffen zu können, kann diese Unsicherheit bezogen auf das Fokusprodukt durch den Vertrieb gezielt abgebaut werden. Der Verkaufsberater wirkt ehrlich und kann glaubwürdig kommunizieren, dass er nicht bloß auf den eigenen Unternehmensvorteil bedacht ist. Wichtig hierbei: Begründen Sie den Preisunterschied zwischen Ihnen und Ihrem Wettbewerber, beispielsweise durch unterschiedliche Spezialisierungen. So kann der Kunde nachvollziehen, dass der Preisunterschied einen logischen Grund hat.

Nachfolgend haben wir die wichtigsten 3 Ergebnisse zur Umsatzsteigerung durch Wettbewerbsempfehlung für Sie zusammengefasst

1  Sensibilisieren Sie Ihre Vertriebsmannschaft auf die Effektivität von Wettbewerbs-Empfehlungen als mögliche Verkaufsstrategie.

Kommt es zu einer Kaufsituation, in der der Kunde nicht nur an einem Fokusprodukt, sondern auch an weiteren Produkten Interesse hat, nutzen Sie konsequent Empfehlungen von Wettbewerbern, um Unsicherheit abzubauen. Sorgen Sie für allgemeine Akzeptanz dieser durchaus umstrittenen Methode, um eine Umsatzsteigerung zu erzielen.

2  Begründen Sie etwaige Preisunterschiede bei den nicht fokussierten Produkten sinnvoll und flächendeckend.

Nicht begründete Preisunterschiede führen zu Misstrauen, können gegebenenfalls sogar negative Auswirkungen auf die Kaufentscheidung haben. Stellen Sie daher zwingend immer einen Bezug zu einer möglichen Preisrechtfertigung her, zum Beispiel durch eine unterschiedliche Spezialisierung.

3  Die Strategie der Empfehlung von Wettbewerbern birgt kurz- und langfristige Vorteile, negative Konsequenzen konnten nicht beobachtet werden.

Neben einer größeren Kaufwahrscheinlichkeit für das Fokusprodukt kann die Strategie langfristig zu mehr Vertrauen und besseren Kundenbeziehungen führen. Die komplette Aufgabe des Verkaufs der nicht fokussierten Produkte ist sehr unwahrscheinlich, kann im schlimmsten Fall jedoch durch die gesteigerten Umsätze der Fokusprodukte mehr als kompensiert werden.

Mehr Vertriebserfolg? Exakt!

Die Minimierung von Unsicherheit und Risiko auf Kundenseite ist ein zentraler Faktor der täglichen Vertriebsarbeit. In diesem Kontext ist die Empfehlung von Wettbewerbern kein Tabuthema mehr – richtig eingesetzt führt eine entsprechende Verkaufsstrategie zur Umsatzsteigerung und ist nachhaltig profitabel. Ehrlichkeit, also die offene Kommunikation besserer Wettbewerbsangebote gegenüber den eigenen Kunden, führt also nachweislich zu mehr Vertriebserfolg.

Von Christian Schmitz, Niklas Heimann und Jan Helge Guba

Information: Der Artikel basiert in Teilen auf der 2018 im Journal of Marketing erschienenen Studie von Simon J. Blanchard, Mahima Hada und Kurt A. Carlson mit dem Titel „Specialist Competitor Referrals: How Salespeople Can Use Competitor Referrals for Nonfocal Products to Increase Focal Product Sales”.

Prof. Dr. Christian Schmitz

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