Value Selling: 5 Schritte zur effektiven Verhandlungsvorbereitung

Wert- und nutzenbasierte Ansätze im B2B-Vertrieb halten in immer mehr Unternehmen Einzug. Value Selling setzt sich als Methode durch, die auch preis- und verkaufspsychologische Aspekte des Vertriebs im Blick hat. Dabei reicht es allerdings nicht aus, Produkte und Services bloß emotional und kommunikativ aufzuladen. Der Vertrieb muss stets zu Kundenpräferenzen, Motiven und möglichen Argumentationen vorbereitet sein. Die effektive Vorbereitung für das Verkaufsgespräch und die Verhandlung mit dem Kunden ist nicht nur unerlässlich, sondern der Hebel zu mehr Abschlüssen und besseren Preisen.

Value selling geht über die reine Nutzenargumentation hinaus
Value selling geht über die reine Nutzenargumentation hinaus© duncanandison/stock.adobe.com

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Eine der großen Herausforderungen für den B2B-Vertrieb ist es, Verkaufsgespräche, Kundenverhandlungen und Preisdiskussionen erfolgreich durchzuführen. In den vergangenen Jahren ist dies deutlich schwieriger geworden, da Einkaufsabteilungen auch mit Hilfe externer Berater deutlich professioneller aufgestellt wurden.

Gerade deshalb ist es nötig, über die reine Darstellung der Produktstärken hinauszugehen. „Meine Produkte sind besser und die Kunden werden es schon verstehen“ reicht heute nicht mehr aus, um einen Auftrag zu holen. Es gilt, die Kundengespräche effektiv vorzubereiten und zielorientiert zu gestalten, um bisher nicht genutzte Margen- und Umsatzpotenziale zu erschließen.

Value selling

Value Selling bietet mit seinen wert- und nutzenbasierten Ansätzen im B2B-Vertrieb die richtige Grundlage zur Verhandlungsvorbereitung. Der Kunde steht mit seinen Anforderungen und Bedürfnissen, aber auch seinen Prozessen und Entscheidungswegen im Zentrum der Überlegungen. Dabei sind Produktstärken und Wettbewerbsvorteile in Kundenvorteile / Kundennutzen und Preisnachteile idealerweise in Gesamtkostenvorteile zu übersetzen.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, die so gesammelten und erarbeiteten Daten und Informationen übersichtlich zusammenzufassen, um eine optimale Nutzung zu gewährleisten. Kundenspezifische Battlecards versetzen den Vertrieb schnell und effizient in die Lage, die eigenen Ziele für den Kunden festzulegen, Strategie und Taktik auf die spezifische Verhandlungssituation anzupassen und die richtigen Nutzenargumente auszuwählen.

5 Schritte zur effektiven Verhandlungsvorbereitung

1 Analyse der Kauf- und Kundensituation

Zunächst ist eine Analyse der Kauf- und Kundensituation empfehlenswert, vor allem welche Rahmenbedingungen der Kundenanfrage zugrunde liegen (z. B. Standard/hochkomplex, Stückzahlen, etc.) und welches Ziel der Kunde verfolgt.

Da jede Verhandlung an den Kontext anzupassen ist, sind auch Informationen über Entscheidungsträger auf Kundenseite relevant: So können einzelne Personen, aber auch ein Buying Center im Verhandlungsprozess wichtig und für Entscheidungen verantwortlich sein. In diesem Zusammenhang sollte auch ergründet werden, ob die Anfrage unter besonderen Umständen zustande kam.

Um bisherige Erfahrungen bestmöglich in die Verhandlung einzubeziehen, ist es darüber hinaus ratsam, die Verhandlungshistorie mit dem jeweiligen Kunden zu rekapitulieren und die eigenen Vorstellungen vom Verhandlungsprozess wie auch die der Gegenseite so gut wie möglich zu kennen.

2 Ermittlung der eigenen Situation im Wettbewerbsvergleich

Unerlässlich ist hierfür die typische Wettbewerbsanalyse. Welche Stärken und Schwächen haben die eigenen Produkte gegenüber Wettbewerbsprodukten? Die Beantwortung dieser Frage gibt einen Indikator der eigenen Marktposition.

Die Einschätzung der eigenen Marktposition erfordert auch einen Überblick über mögliche Alternativen, auf die der Kunde zurückgreifen kann. Eine interne Risikobewertung hilft an dieser Stelle festzulegen, wie hoch das Risiko ist, dass der Kunde den Lieferanten wechselt und welche Konsequenzen dies für das eigene Unternehmen hätte.

Bei genauerer Betrachtung des Wettbewerbsvergleichs fällt der Blick beinahe unausweichlich auf die Kostenstruktur; entsprechend ratsam ist eine Analyse der Kostentreiber und somit auch möglicher Preistreiber der eigenen Produkte. Innerhalb des direkten Marktumfeldes sollte sich ebenso feststellen lassen, wie hoch der Preisdruck ist.

Auch eine Übersicht der Makroindikatoren des Marktes hilft bei der Verhandlungsvorbereitung. Im Vordergrund kann hier eine Analyse der Entwicklung von Kostenpositionen wie Rohstoffpreisen, Entwicklungs- und Fertigungskosten sowie Wechselkursen stehen. Auf Basis dieser Informationen und mit Blick auf eine mögliche längere Vertragslaufzeit ist es empfehlenswert, die vertragliche Ausgestaltung eines Änderungsmanagements zu bedenken und die Wirkung möglicher Preisänderungen auf das Ergebnis zu simulieren.

3 Festlegung der Verhandlungsziele

Auf dieser Basis sind die Ziele der Verhandlung festzulegen, beispielsweise anhand folgender vier Dimensionen – Preisen, Konditionen, Kostenänderungen und Services. Preisziele sind vielfältig und umfassen bei Weitem nicht nur angestrebte Stückpreise, sondern können z. B. auch R&D-Kostenübernahme, Musterpreise oder Preismodelle einschließen.

Das wohl erstgenannte Konditionsziel ist die Aushandlung möglicher Rabatte und Boni, jedoch schließen Konditionsziele auch Zahlungsziele oder die Höhe von Rückgaben und Gutschriften ein. Auch Kostenänderungen können einen Teil der Verhandlungsziele ausmachen: So sollte unter anderem hinterfragt werden, welche Material-, Konstruktions- oder Fertigungsanpassungen angeboten werden können oder inwiefern der Serviceumfang erweitert oder reduziert werden kann. Final sind auch Ziele zugestandener Services wie Bestellfrequenzen, Lieferzeitpunkte oder Garantieinhalte zu definieren.

4 Entwicklung der Verhandlungsstrategie

Nachdem die Ziele entlang dieser vier Dimensionen umrissen sind, gilt es, die Strategie der Verhandlung zu entwickeln. Der Austausch der Verhandlungspartner speist sich oftmals aus den Rollen der beteiligten Personen, somit ist Klarheit über die Rollenverteilung in der Verhandlung ein zentraler Bestandteil der Strategiefindung.

Des Weiteren ist festzulegen, ab welchem Preis das jeweilige Verhandlungsergebnis keinen finanziellen Nutzen mehr stiften würde, wo also die Preisuntergrenzen für die zu verhandelnden Bestandteile liegen, der „Walk-away-Preis“. Ein gemeinsames Verständnis der anzuwendenden Preistaktiken und der Eskalationsstufen kann darüber hinaus den Verhandlungserfolg verbessern und ist entsprechend im Voraus zu diskutieren.

5 Ableitung der Nutzenargumentation

Den abschließenden Schritt der Verhandlungsvorbereitung bestimmt die Ableitung einer Nutzenargumentation wie auch möglicherweise hilfreicher Gegenargumente auf KundenEinwände.

Verhandlungen, selbst wenn sie zwischen Einzelpersonen geführt werden, haben oft einen Einfluss auf mehrere Unternehmensteile. Hier ist es hilfreich, den Mehrwert nicht allgemein oder abstrakt für das Unternehmen darzustellen, sondern zu definieren, welche Argumente bei wem, z. B. Entwicklung, Produktion, Category Management, zum Vorteil angebracht werden können.

Über die Ermittlung der Adressaten hinaus sind die eigentlichen Nutzenargumente zu sammeln. Auch hier zählt die präzise Darstellung der eigenen Vorteile: womit zeichnet sich das eigene Produkt im Wettbewerbsvergleich aus?

Auch wenn viele Entscheidungsprozesse Abteilungsgrenzen überschreiten, bleibt festzuhalten, dass Verhandlungen oftmals im Einkauf geführt oder vom Einkauf maßgeblich geprägt werden. Somit sollte besonderer Wert der Bestimmung zukommen, ob und welche Nutzenargumente beim Einkauf wirken.

Nach der Zusammenstellung aller eigenen Informationen und Argumente darf nicht vergessen werden, dass eine Verhandlung von der Interaktion lebt. Zu beantworten ist somit, wie auf potenzielle Einwände der Verhandlungspartner reagiert werden soll.

Umsetzung in einer kundenspezifischen Battlecard beim Value selling

Kundendaten, Projektdaten, kommerzielle Daten, technische Daten, Wettbewerbsdaten und Verhandlungsargumente sowie Verhandlungsziele und -strategien werden oft nicht systematisch aufbereitet und können so nicht für wichtige Verhandlungen ausreichend genutzt werden.

Abbildung: Beispielhafte Struktur einer kundenspezifischen Battlecard

Die Erstellung einer kundenspezifischen Battlecard ermöglicht die Zusammenfassung und Dokumentation vieler dieser Elemente:

  • Grundlegende Informationen zum Kunden: Wer trifft die Entscheidung? Welche Persönlichkeitstypen sind in dem Buying Center?
  • Kenntnis der Stärke und Fähigkeit des eigenen Unternehmens: Was kann dem Kunden geboten werden? Welche finanziellen Vorteile hat der Kunde durch die eigenen Produkte/Services im Vergleich zum Wettbewerb?
  • Historische Ergebnisse der Verhandlungen: Wie ist das Verhältnis von Target Preis zu tatsächlich realisiertem Preis der vergangenen Verhandlungen? Welche aktuellen und vergangenen Projekte sind wie verhandelt worden?
  • Setzung von Zielen: Welcher Zielpreis und welche minimale Preiserhöhung sollten durchgesetzt werden? Welche Taktik wird angewendet um auf den Zielpreis zu kommen?
  • Flexibilität in der Verhandlung: Welche Elemente können in der Verhandlung zusätzlich zum Preis noch eingesetzt werden, z.B. zusätzliches Volumen, Zahlungsziele, Services?

Die genannten Informationen sind teilweise schon in den Unternehmen vorhanden, zum Teil müssen diese aber auch erst erarbeitet werden. Zur Vorbereitung von Verhandlungen ist es darüber hinaus wichtig, alle Informationen zusammenzuführen. Die sich daraus ergebenden Strategie und entsprechende Taktiken können so effizient im Team bzw. mit dem Vorgesetzten diskutiert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass eine Historie mit wesentlichen Informationen vergangener Verhandlungen aufgebaut wird, die für neue Mitarbeiter und kommende Verhandlungen essenziell ist.

Erfolgreiches Value Selling lebt von der Vorbereitung

Value Selling wird erst durch die entsprechende Verhandlungsvorbereitung erfolgreich. In 5 Schritten können die relevanten Informationen, Ziele und Strategien gesammelt bzw. erarbeitet werden. Die kundenspezifische Battlecard ermöglicht eine verhandlungsspezifische Auf- und Vorbereitung für den B2B-Vertrieb. Gleichzeitig gilt es, die vorgestellten Elemente auch in den Akquise- und Vertriebsprozessen zu verankern und den Mitarbeitern durch zielgerichtete Trainings zu vermitteln.

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