Warum Preispoker für den lukrativen After-Market schädlich sein kann

In vielen Branchen ist der „After Market“ eine der wichtigsten Erlösquellen. Gerade deshalb ist es entscheidend, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen, wie man das lukrative Geschäft mit Ersatzteilen, Ergänzungsprodukten und Dienstleistungen positiv beeinflussen kann.

Für Vertriebsmitarbeitende kann es sich lohnen, den Preispoker beim Produktkauf zurückhaltend anzugehen und den Fokus auf Profite im After-Markt zu richten.
Für Vertriebsmitarbeitende kann es sich lohnen, den Preispoker beim Produktkauf zurückhaltend anzugehen und den Fokus auf Profite im After-Markt zu richten.© Yevhen/stock.adobe.com

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In einer aktuellen Studie fanden Yashar Atefi und ein Team US-amerikanischer Forscher heraus, dass es sinnvoll sein kann, Kunden frühzeitig den besten Preis zu nennen, um langfristig zu profitieren.

Preise im After Market sind weniger umkämpft

Vor dem Kauf eines Produkts nutzen die meisten Kunden das Internet für einen Preis- und Produktvergleich. Insbesondere vor größeren Anschaffungen verbringen private und berufliche Einkäufer viele Stunden mit dem Vergleich von Preisen. Anbieter von Commodities kennen diese Herausforderung, denn es hat zur Folge, dass Margen unter Druck geraten und es schwieriger wird, Verkäufe zu realisieren.

Deutlich weniger umkämpft sind dabei die Preise für weitere Dienstleistungen und Produkte, die das ursprüngliche Produkt ergänzen. Im sogenannten „After-Market“ ist die Kaufentscheidung bereits gefallen und der Kunde in der Regel deutlich weniger informiert über Wettbewerbsleistungen und somit weniger preissensitiv.

Beispiele im B2C-Bereich sind etwa Versicherungen und Finanzierungsmöglichkeiten beim Autokauf; im B2B-Bereich können das Software-Upgrades oder Serviceleistungen sein. Häufig dient hierbei der ursprüngliche Produktkauf lediglich als „Türöffner“ für das lukrative After-Market-Geschäft.

Vertrauen als Türöffner für den After-Market: Warum Preispoker schädlich sein kann

Für Unternehmen stellt sich folglich die Frage, wie sie das Geschäft im After-Market positiv beeinflussen können. Wie sollten sich beispielsweise Vertriebsmitarbeiter in Verhandlungen verhalten? Yashar Atefi und weitere US-amerikanische Wissenschaftler gingen dieser Frage im Rahmen einer im renommierten Journal of Marketing Research erschienenen Studie nach.

Die Forscher kamen unter anderem zu der Erkenntnis, dass es zielführend sein kann, als Vertriebsmitarbeiter proaktiv zu Beginn der Verhandlung gleich den besten Preis zu nennen.

Die Begründung ist denkbar einfach: Kunden sind in der Regel ohnehin über die Wettbewerbspreise informiert und können einordnen, ob der Preis realistisch ist. Passt der Preis zu den Vorstellungen des Kunden, baut dies Vertrauen gegenüber Vertriebsmitarbeitenden und dem Unternehmen auf.

Durch das gewonnene Vertrauen können ergänzende Produkte oder Dienstleistungen einfacher verkauft werden, da Kunden in diesen neuen Kaufsituationen Preise nicht mehr so stark hinterfragen werden.

Haben Vertriebler hingegen in der initialen Preisverhandlung zunächst gepokert, ist der Vertrauensvorschuss dahin und Kunden werden im After-Market deutlich kritischer mit dem Angebot umgehen.

Worauf sollten Vertriebsführungskräfte also achten, wenn sich das eigene Unternehmen in „After-Markets“ bewegt? Welche Verhandlungsstrategie führt zu positiven Ergebnissen?

Wie können Vertriebsführungskräfte möglichst hohe Profite im „After-Market“ erzielen?

1 Vergütungssysteme auf langfristige Profite ausrichten

Oftmals werden Vertriebsmitarbeiter für kurzfristig erzielte Profite belohnt. Hierbei werden häufig Kennzahlen wie Umsatz oder verkaufte Stückzahl herangezogen. Für Vertriebsführungskräfte kann es sich lohnen, Vergütungssysteme so auszurichten, dass die Gesamtperformance auf allen Märkten gemessen wird. Vertriebsmitarbeiter haben so eine erhöhte Motivation, ihre Bemühungen gleichermaßen in den After-Market zu stecken.

2 Produktverkauf und After-Market nicht getrennt betrachten

Die meisten Unternehmen trennen das ursprüngliche Geschäft von ergänzenden Produkten und Dienstleistungen. Das Forscherteam empfiehlt, die beiden Geschäftsfelder als Einheit zu betrachten und Verflechtungen aufzudecken. Falls mehrere Schnittstellen zu Kunden vorhanden sind, sollten diese miteinander kooperieren.

3 Traditionelle Verhandlungsstrategien hinterfragen

In der Regel gilt: „Wissen ist Macht.“ Im Zeitalter des Internets sollten Vertriebsführungskräfte diese Regel hinterfragen. Da Kunden häufig sehr gut über Preise informiert sind, kann es durchaus zielführend sein, den minimalen Preis mitzuteilen, um eine Vertrauensbasis aufzubauen. Im nächsten Schritt fällt es Vertriebsmitarbeitern leichter, im After-Market erfolgreich zu sein.

Fazit der Experten

Online-Preisvergleiche haben Verhandlungen revolutioniert. Kunden sind heutzutage über Preise gut informiert. Zahlreiche Unternehmen konzentrieren sich daher stärker auf den After-Market. Da Kunden in der Regel hier nicht so gut informiert sind wie etwa auf dem Ursprungsmarkt, verschieben sich Profite zunehmend hierhin.

Das niedrige Informationslevel des Kunden führt dazu, dass Vertrauen eine entscheidende Rolle spielt. Vertriebsmitarbeiter sollten deshalb darüber nachdenken, auf harte Verhandlungen beim Verkauf des Hauptprodukts zu verzichten, um eine Vertrauensbasis zu schaffen. Diese begünstigt im nächsten Schritt dann den Erfolg auf dem After-Market.

 

Von Jan Helge Guba und Thomas Marquardt

Information: Der Artikel basiert in Teilen auf der 2021 im Journal of Marketing erschienenen Studie von Yashar Atefi, Michael Ahearne, Sebastian Hohenberg, Zachary Hall und Florian Zettelmeyer mit dem Titel „Open Negotiation: The Back-End Benefits of Salespeople’s Transparency in the Front End“.

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Dr. Jan Helge Guba

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