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Warum Verkäufer vor großen Deals zurückschrecken – eine Analyse
Vertriebsmitarbeiter stehen in der Akquise häufig vor der anspruchsvollen Herausforderung, aus einer Vielzahl potenzieller Kunden und Geschäfte diejenigen auszuwählen, auf die sie ihre begrenzte Zeit und Ressourcen konzentrieren.
Erstaunlicherweise zeigt sich jedoch, dass gerade besonders große und potenziell äußerst lukrative Verkaufsmöglichkeiten oft nicht priorisiert werden und dadurch ungenutzt bleiben. Warum das so ist und was dagegen hilft – damit beschäftigen wir uns im Folgenden.
Zunächst einmal mag die Erkenntnis überraschend klingen, dass Vertriebsmitarbeitende gerade die besonders lukrativen Verkaufschancen links liegen lassen. Was wissen wir also über dieses Phänomen? Wir werfen einen Blick auf die wichtigsten Forschungsergebnisse zu diesem Thema und die daraus folgenden Empfehlungen.
1 Verkaufsgelegenheit mit mittlerem Volumen werden generell bevorzugt
Verkäufer tendieren dazu, sich auf Verkaufsgelegenheiten mit einem mittleren Volumen zu konzentrieren. Das ist erstmal eine gute Nachricht, denn so lassen sie kleinere Chancen häufiger unberücksichtigt, die sowohl aus ihrer als auch aus Unternehmenssicht nicht lukrativ wären.
Problematisch jedoch: Auch größere Chancen werden oft nicht verfolgt, da Verkaufsgelegenheiten mit hohem Volumen in der Regel sehr viele Ressourcen, insbesondere Zeiteinsatz und Stress bedeuten.
Menschen neigen dazu, unter Ressourcenknappheit sparsam mit diesen umzugehen – und im Vertrieb herrscht nahezu immer Ressourcenknappheit.
Empfehlung: Manager können das Nutzen-Kosten-Kalkül der Vertriebsmitarbeiter bei der Akquise verändern, um größere Verkaufschancen attraktiver zu machen.
So können sie beispielsweise Vertriebsmitarbeitern, die an großen Verkaufschancen arbeiten, zusätzliche Anreize, sowohl extrinsische als auch intrinsische und zusätzliche Ressourcen zur Lockerung der Ressourcenknappheit anbieten. Zudem könnte die Bildung von Ad-hoc-Verkaufsteams die Verfolgung großer Gelegenheiten unterstützen und die wahrgenommenen Kosten für einzelne Vertriebsmitarbeiter senken.
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Mehr lesen2 Unterschiedliche Strategien für Produkt- und Lösungsgeschäft
Verkäufer gehen unterschiedlich vor, je nachdem, ob sie Produkte oder Lösungen anbieten.
1. Produktgeschäft
Verkäufer von Produkten bewerten Nutzen und Kosten der Verkaufsgelegenheit meistens additiv. Mit zunehmender Größe der Verkaufsgelegenheit steigt auch die Leistung an, da der Nutzen im Vergleich zu den Kosten erstmal stärker zunimmt.
Ab einer bestimmten Größe der Verkaufsgelegenheit steigen jedoch die Kosten sprunghaft stark an und die Leistung der Verkäufer nimmt entsprechend ab. Hier greifen vor allem die oben genannten Maßnahmen, um die Wahrnehmung der Vertriebsmitarbeiter zu verändern.
Es gilt also gerade besonders große Verkaufsgelegenheiten besonders attraktiv zu machen und entsprechende Unterstützung bereitzustellen.
2. Lösungsgeschäft
Im Lösungsgeschäft wird das Thema komplexer, weil zusätzlich zum wahrgenommenen Aufwand des Verkaufens auch die Verkaufsunsicherheit eine Rolle spielt. Lösungen sind weniger leicht greifbar, oft kundenindividuell und damit durch die Vertriebler schwieriger einzuschätzen als Produkte. Das führt dazu, dass diese oft dazu tendieren sich mit Verkaufschancen zu beschäftigen, die eine geringe Unsicherheit aufweisen und das Lösungsgeschäft depriorisieren.
Empfehlung: Demnach hilft hier ein anderer Management-Ansatz, um das Problem in den Griff zu bekommen. Wenn ich den Fokus auf den Verkauf von Lösungen lenken möchte, hilft es den Vertrieblern die vermeintlich „sichere“ Alternative des Produktverkaufs gar nicht mehr zu bieten.
Es könnte also ratsam sein eine eigene Vertriebsmannschaft nur für das Lösungsgeschäft aufzubauen, die somit keine Priorisierung des Produktgeschäfts vornehmen kann.
Zudem kann die Verkaufsabschlussunsicherheit reduziert werden, indem das Unternehmen Vertriebsanalysefunktionen nutzt, um die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufsabschlusses besser einzuschätzen und Schritte im Verkaufsprozess zu standardisieren.
3 Sind denn wenige große Deals überhaupt besser als viele mittlere?
Kurz und knapp: Ja. Forschungsergebnisse zeigen immer wieder, dass die langfristige Profitabilität durch große Aufträge in der Regel besser ausfällt als bei vielen kleinen und mittleren.
Empfehlung: Es ist ratsam, die Bedeutung von Verkaufsgelegenheiten mit großem Volumen hervorzuheben, da diese oft vernachlässigt werden, obwohl sie potenziell bedeutenden Beitrag zum Erfolg leisten könnten.
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1. High Performer
Spitzenverkäufer erzielen die besten Ergebnisse bei Verkaufsgelegenheiten mit hohem Volumen und mit geringer Unsicherheit des Geschäftsabschlusses. Ihre Leistung sinkt, wenn die Unsicherheit steigt und das Volumen durchschnittlich ist.
Empfehlung: High Performer sollten mit großen Verkaufsgelegenheiten betraut werden, während gleichzeitig Maßnahmen getroffen werden, um die Unsicherheit des Abschlusses zu reduzieren.
2. Low Performer
Schwächere Verkäufer können eine deutlich höhere Verkaufsquote erreichen, wenn sie sich mit großen und gleichzeitig unsicheren Verkaufsgelegenheiten befassen. Der Anstieg des Volumens motiviert sie und steigert die Bereitschaft Anstrengungen zu unternehmen und Ressourcen zu investieren, um sich zu beweisen.
Empfehlung: Eine effektive, wenn auch kontraintuitive Methode zur Steigerung der Leistung von Low Performern besteht darin, ihnen ein größeres, unsicheres Portfolio zuzuweisen, um sie herauszufordern und ihre Motivation zu steigern.
Fazit der Experten
Viele Vertriebsmanager haben bereits die Erfahrung gemacht, dass durch die Mitarbeitenden besonders große Verkaufschancen nicht ausreichend priorisiert werden. Das liegt vor allem an der Priorisierung von Verkaufschancen mit geringerem Aufwand und geringerer Unsicherheit.
Studien belegen jedoch, dass gezielte Anpassungen im Management, wie zusätzliche Anreize und gezielte Unterstützung, die Verfolgung von Verkaufsgelegenheiten mit hohem Volumen fördern können.
Zudem hängt der Erfolg stark von der Kombination aus Verkaufsvolumen, Unsicherheit des Abschlusses, sowie früheren Erfolgen des Verkäufers ab. Manager sollten diese Erkenntnisse nutzen, um individuelle Stärken optimal einzusetzen und somit die Gesamtleistung des Vertriebsteams zu maximieren.
Von Jan Helge Guba und Anastasia Thalassinos
Information: Der Artikel basiert in Teilen auf der 2022 im Journal of Marketing erschienenen Studie von Juan Xu, Michel van der Borgh, Edwin J. Nijssen und Son K. Lam mit dem Titel „Why Salespeople Avoid Big-Whale Sales Opportunities“.
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