Im Vertrieb ist immer Luft nach oben: Wie man mit Nudging den Vertrieb anregt

Nudging dient im Vertrieb dazu, das Entscheidungsverhalten von Kunden durch subtile Hinweise oder Gestaltung der Wahlmöglichkeiten in eine bestimmte Richtung zu lenken, ohne dass sie sich gezwungen fühlen.

Für den Vertrieb funktioniert das Nudging hervorragend über die spielerische Variante, die den tollen Nebeneffekt hat, das Team zu beleben und den Vertriebsspirit anzufeuern.
Für den Vertrieb funktioniert das Nudging hervorragend über die spielerische Variante, die den tollen Nebeneffekt hat, das Team zu beleben und den Vertriebsspirit anzufeuern. © ink-drop/stock.adobe.com

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Kennen Sie die aufgeklebte Fliege im Urinal? Ursprünglich im Airport Amsterdam eingesetzt, brachte der Aufkleber die Besucher der Herrentoilette dazu, genauer zu zielen und sorgte für eine deutliche Reduzierung der Reinigungskosten. Die aufgeklebte Fliege ist ein Anstupser, ein sogenannter Nudge. Warum aber bringt ein Aufkleber Menschen dazu, sich anders zu verhalten? Was steckt hinter dieser Logik und kann man das auch vertrieblich nutzen?

Was ist Nudging?

Der Begriff „Nudging“ oder „Nudge“ ist in den letzten Jahren immer populärer geworden. Er kommt aus der Verhaltensökonomik und beschreibt einen sanften Anstoß, der Menschen zu einer bestimmten Handlung motivieren soll, ohne sie dabei zu bevormunden oder ihre Freiheit zu beschränken.

Ein Nudge kann in vielen verschiedenen Situationen eingesetzt werden, beispielsweise um Menschen zu einem gesünderen Lebensstil zu motivieren oder um umweltfreundlicheres Verhalten zu fördern.

Ein gutes Beispiel für einen Nudge ist die Platzierung von gesunden Lebensmitteln in der Kantine auf Augenhöhe, während ungesunde Snacks weiter unten platziert werden. Durch diese subtile Veränderung der Umgebung werden Menschen eher dazu animiert, gesündere Optionen zu wählen, ohne dass ihnen die Entscheidung abgenommen wird.

Nudging soll Menschen helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, ohne dass sie dazu gezwungen werden. Dabei wird auf die Tatsache zurückgegriffen, dass Menschen oft von ihrem Instinkt und ihren Emotionen geleitet werden und nicht immer rational handeln, beispielsweise durch die Gestaltung der Umgebung, die Kommunikation von Informationen oder die Nutzung von sozialen Normen.

Durch einen sanften Anstoß können jedoch Verhaltensmuster positiv beeinflusst werden, ohne dass sich der Einzelne dazu gezwungen fühlt.

4 Beispiele aus der Vertriebs-Praxis

Wie können Nudges das Verhalten im Moment des Kundenkontaktes „richtig“ anstoßen? Sie haben sicher schon die aufgeklebten Smileys auf den Telefonen gesehen. Bei manchen von Ihnen versperren viele Klebzettel am Bildschirm die Sicht und andere laufen mit verknoteten Taschentüchern oder Büroklammern in der Hosentasche rum. Und wenn Sie ehrlich sind, haben Sie sicher schon die Erfahrung gemacht, dass diese kleinen Anstusper auch wirklich helfen.

Im Folgenden stelle ich Ihnen vier unterschiedliche Nudges vor. Alle sind in Vertriebsteams entwickelt und deswegen auch wirksam. Lassen Sie sich gern inspirieren.

1 Vertriebskalender

12 Monate – 12 Themen – 12 Vertriebsansätze. Wer kennt das nicht? Es gibt viele Vertriebsansätze, die man nicht immer im Fokus hat und einfach im Tagestrubel vergisst. Selbst der vollständige Daten-Check-in verliert manchmal gegen den aktuellen Stress. Das ist ganz normal.

Damit gerade wichtige und lohnenswerte Themen nicht vergessen werden, hilft ein Vertriebskalender auf die Sprünge. Jeden Monat bewirbt der Kalender mit hilfreichen Tipps einen erkorenen Vertriebsansatz.

Der Kalender steht auf dem Tisch von Kundenberatenden und Innendienst. Eine monatliche Auswertung zu den Zahlen und Erfahrungen rundet die geniale Wirkung des Vertriebsnudges ab. Der Vertriebskalender kann im Vertriebsteam selbst produziert werden. Eine tolle Workshop-Idee, die nicht nur Freude, sondern auch verborgenes Vertriebswissen zu Tage befördert. Dreifach lohnenswert.

2 Glücksrad

Wenn Sie Kundenkontakt im Büro haben, ist dies eine einfache und wirksame Idee, die sich allerdings auch digital umsetzen lässt. Ich selbst habe sie nur analog erlebt. Wie die meisten hier vorgestellten Nudge-Ideen, wählt auch dieser Ansatz eine spielerische Komponente.

Da viele Menschen eine Affinität zu Spielen in der Gemeinschaft haben, bedeuten diese Ansätze grundsätzlich eine willkommene Abwechslung für den Alltag. Der Spieltrieb schafft, dass man Mut und Lust hat, über den Tellerrand zu schauen und Neugier und Motivation für neue Themen oder andere Blickwinkel produziert werden. Somit wird man auch miteinander vertrauter, denn spielerisch entwickelt sich neue Ideen leichter, die man dann zusammen testet und ausprobiert.

Wer als Kunde an einem Tresen oder Beratungstisch sitzt und nicht immer hochkonzentriert zuhören muss, dreht gern einmal an der Scheibe des Glücks. Was es zu gewinnen gibt, liegt an Ihnen. In diesem Fall gab es Beratungen zu gewinnen. Funktioniert einwandfrei.

3 Büroklammer

Im Vergleich zu den hier vorgestellten Nudges ist dies der einfachste und günstigste. Vielleicht kennen sie die Geschichte mit den Bohnen und der Frau? Am Morgen hat eine Frau sieben Bohnen in der linken Tasche. Jedes Mal, wenn sie ein schönes Erlebnis am Tag hat, lässt sie eine Bohne von der linken in die rechte Tasche wandern. Am Abend reflektiert sie ihren Tag und nimmt dazu ihre Bohnen aus der rechten Tasche. Mit jeder Bohne erinnert sie sich an die schönen Momente des Tages.

Sie können die Geschichte gern Googlen und in der Langfassung genießen. Aber genau darauf beruht dieser Nudge. Am Morgen liegen 20 Büroklammern auf der linken Seite des Schreibtisches. Jedes Mal, wenn ein Inbound-Call nach dem beschriebenen Standard inklusive vertrieblicher Ansprache geführt wurde, wandert eine Büroklammer nach rechts. Und am Abend kann man stolz auf sich sein, denn man sieht, was man geschafft hat. Selbst wenn es nur eine Klammer ist, ist doch die Eine besser als keine.

4 T-Shirt

Eine letzte Nudge-Idee, die ich Ihnen vorstellen möchte: Das T-Shirt. Sie kennen sicher die Erdbeerhelden, die Back-Feen und was es sonst noch so gibt. Diese Idee übertragen auf den Vertrieb hat in einem Projekt zu einer sehr erfolgreichen Nudge-Idee geführt.

Wir wissen, wenn wir in jedem Kundengespräch noch mindestens eine wirklich gute Frage stellen, führen wir ein deutlich messbar besseres Gespräch: Besser im Sinne von beziehungsstärkender oder auch vertrieblicher. Je nach eingesetzter Frage.

Auf dem T-Shirt des Vertriebs-Teams steht: „Eine Frage hätte ich noch.“ So ganz nach Columbo-Art, wer ihn noch kennt. Dieser Nudge ist einerseits Anstupser für die Mitarbeitenden, aber auch für die Kunden, denn: es gibt keinen Kunden, der nicht die Frage gern gewusst hätte.

Der Nudge-Design Prozess

Es gibt verschiedene Nudge-Modelle, wie zum Beispiel das AEoUi-Modell oder EAST-Modell, die dabei helfen, ein erfolgreiches Nudge-Design zu erarbeiten.

Das klingt sicher aufwendiger als es in der Praxis ist. In der Kurzform sieht das so aus: Sie brauchen genau zwei Dinge: Das gewünschte andere Verhalten z.B. „besser zielen“ in dem jeweiligen Moment und den sanften Anstupser „den Fliegenaufkleber“, um das bessere Verhalten genau in dem Moment zu erinnern und frei wählen zu können.

Fragen Sie sich, welches Verhalten angestupst werden soll und entwickeln Sie Ideen wie Sie die Mitarbeitenden, gern spielerisch, zu einem anderen Verhalten einladen können. Testen und bewerten Sie Ihre Ideen mittels geeigneter Messkriterien.

Fazit der Expertin

Es gibt verschiedene Nudge-Typen und Wirkmechanismen. Für den Vertrieb funktioniert aus meinen Erfahrungen hervorragend die spielerische Variante, die den tollen Nebeneffekt hat, das Team zu beleben und den Vertriebsspirit anzufeuern. Manchmal wird mit einfachen aber auf das Team individuell abgestimmten Nugdes viel mehr Vertrieb erreicht, was man vorher nie vermutet hätte.

Wenn etwas einfach ist, Spaß und Motivation erzeugt und dann auch noch den Vertrieb positiv beflügelt, dann ist das was zum Nachmachen. Probieren Sie es mit Ihrem Team gern einmal aus und freuen Sie sich auf erstaunliche Ergebnisse.

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Cassandra Schlangen

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