Wie Sie mit Serviceleistungen im Vertrieb neue Aufträge sicherstellen

Serviceleistungen im Vertrieb haben eine strategische Bedeutung für den Auf- und Ausbau von Kundenbeziehungen und das Generieren von Aufträgen und Folgeaufträgen. Das machen sich viele Investitionsgüter-Hersteller und Industriedienstleister nicht ausreichend bewusst.

Serviceleistungen im Vertrieb
Gute Serviceleistungen im Vertrieb stärken die Kundenbindung © peterschreiber.media/stock.adobe.com

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„Wir lagern unser Servicegeschäft in eine Service GmbH aus.“ Das entschieden in den zurückliegenden Jahren viele Hersteller von Maschinen- und Computeranlagen sowie Industriedienstleister – auch weil sie registrierten: Andere Unternehmen verdienen sich mit dem Warten der Anlagen und ähnlichen Serviceleistungen eine „goldene Nase“.

Meist war mit dem Gründen einer Service GmbH oder dem Umwandeln der Serviceabteilung in ein Profitcenter denn auch die Erwartung verknüpft: Dann erzielen wir mit unseren Serviceleistungen  im Vertrieb höhere Umsätze und Erträge. Doch leider wurde bei den Umstrukturierungsentscheidungen oft nicht ausreichend bedacht, welch strategische Bedeutung der Service für den Auf- und Ausbau der Kundenbeziehungen und das Akquirieren von Folgeaufträgen hat – gerade im B2B-Bereich.

Interessenkonflikte zwischen Service und Vertrieb

In der Praxis ergeben sich aus dem Auslagern des Servicegeschäfts in eine eigene Unternehmung beim Betreuen der Kunden oft Probleme, da der Vertrieb und der Service dann partiell unterschiedliche Interessen und Ziele haben.

Hierfür ein Beispiel: Eine eigenständige Service GmbH lebt – vereinfacht formuliert – davon, dass sie Hard- und Software wartet bzw. bei Bedarf repariert. Deshalb ist sie nicht unglücklich darüber, wenn an einer Maschine oder Computeranlage häufig Störungen auftreten. Denn dies bedeutet für sie mehr Aufträge, also mehr Umsatz. Und das prägt nicht selten das Verhalten ihrer Mitarbeiter im Kundenkontakt. Die Vertriebsmitarbeiter hingegen möchten, dass die verkauften Anlagen und Systeme möglichst störungsfrei laufen, damit die Kunden zufrieden sind und ihnen Folgeaufträge erteilt.

Ein weiteres Beispiel: Angenommen ein Kunde ruft beim Key-Accounter eines Hardwareherstellers an und sagt: „Die Anlage, die Sie uns verkauften, macht seltsame Geräusche. Kann ein Techniker von Ihnen mal vorbeikommen und schauen, was die Ursache ist?“ Dann antwortet der Key-Accounter, wenn der Service dem Vertrieb unterstellt ist: „Kein Problem. Ich schicke jemand.“ Eher zögerlich ist er mit einer solchen Antwort, wenn der Service eine eigenständige Unternehmung oder ein Profit-Center ist. Denn dann denkt er bei einer solchen Anfrage fast automatisch: „Wenn ich dem Serviceleiter sage ‚Fahrt da mal hin’, wird er erwidern: ‚Gerne. Doch dafür brauchen wir einen Auftrag, und das kostet Euch bzw. Euren Kunden soundsoviel.“ Also ist für den Key-Accounter die Versuchung groß, den Kunden zu vertrösten.

Serviceleistungen im Vertrieb für Kundenzufriedenheit und -bindung wichtig

Dieses Zögern spürt der Kunde. Also denkt er irgendwann: „Wenn die mir den gewünschten Service nicht bieten, dann beauftrage ich hiermit ein anderes Unternehmen.“ Er kontaktiert also bei Neu-oder Ersatzanschaffungen entweder einen anderen Anbieter oder ist schnell zu einem Anbieterwechsel bereit, wenn ein anderes Unternehmen ihm ein entsprechendes Angebot unterbreitet.

Immer wieder sollten sich deshalb gerade Investitionsgüter-Hersteller vor Augen führen:

  • Die Qualität ihres Service entscheidet weitgehend darüber, wie intensiv die Bindung ihrer Kunden an ihr Unternehmen ist.
  • Der Service hat eine zentrale Bedeutung für das Absichern des Neu- und Ersatzgeschäfts. Nur sekundär sollte er deshalb dem Erzielen von zusätzlichen Deckungsbeiträgen dienen.

Folglich sollte der Service in der Regel dem Vertrieb unterstellt sein – und bleiben – und nicht in eine eigenständige GmbH ausgelagert werden.

Serviceziele in die Zielvereinbarungen aufnehmen

Möchte ein Unternehmen den Verkauf von Serviceleistungen puschen, ist es meist erfolgsversprechender, in den Zielvereinbarungen im Vertrieb zum Beispiel festzuschreiben: „25 Prozent des Umsatzes bzw. Deckungsbeitrags sollen mit Serviceleistungen erzielt werden.“ Und häufig empfiehlt es sich, zum Forcieren der Neukunden-Akquise eine Ergänzung hinzu zu fügen wie „…und hiervon muss ein Drittel aus Kontrakten mit Mitbewerberkunden stammen“ – denn der Service ist oft der Hebel, um Mitbewerbern Kunden abzujagen.

Doch wie kann der Vertrieb von Serviceleistungen gepuscht werden?

Hierfür ist meist eine Einstellungsänderung der Vertriebs- und Servicemitarbeiter auf mehreren Ebenen nötig. Zum einen gilt es ihnen zu vermitteln, welche zentrale Bedeutung der Service für die Kundenbindung und den Aufbau neuer Kundenbeziehungen hat. Zum anderen gilt es bei ihnen mit dem Vorurteil aufzuräumen: Der Service reduziert sich auf das Warten und Instandhalten der Maschinen und Anlagen.

An Kundenwunsch orientierte Servicekonzepte

Ein guter Service umfasst mehr! Denn letztlich haben Industriekunden kein Interesse an den Serviceleistungen, die mit dem Instandhalten verbunden sind. Sie sind für sie nur ein Mittel, um übergeordnete Ziele zu erreichen. Industriekunden wünschen sich, dass die gekauften Maschinen und Anlagen störungsfrei laufen, also ihre Funktion erfüllen.

Sie erwarten zudem, dass die Maschinen und installierten Anlagen so funktionieren, dass sie mit ihnen möglichst effektiv – also zeit- und kostensparend sowie ihren Qualitätsanforderungen entsprechend – arbeiten können. Die Kunden wünschen sich also eine hohe Verfügbarkeit und niedrige Prozesskosten. Das gilt es den Vertriebs- und Servicemitarbeitern zu vermitteln.

An den genannten Punkten sollten denn auch alle Überlegungen ansetzen, die darauf abzielen, den Kunden passgenaue Serviceangebote zu unterbreiten. Diese können abhängig vom Bedarf des Kunden und davon, welche Bedeutung die Maschinen und Anlagen für dessen Leistungserbringung haben, völlig unterschiedlich sein.

Zwei Beispiele für Serviceleistungen im Vertrieb aus der Praxis

Beispiel 1: Angenommen eine Maschinen- oder Computeranlage hat für die Leistungserbringung eines Kunden eine geringe Relevanz. Das heißt, wenn sie ausfällt, liegt nicht seine Produktion oder Geschäftstätigkeit lahm. Dann kann die Service- und Instandhaltungsstrategie zum Beispiel lauten: Wir inspizieren und warten die Anlage nicht pro-aktiv. Wir reparieren sie vielmehr im Bedarfsfall, also wenn sie ausfällt, oder tauschen sie dann binnen 24 Stunden gegen eine neue aus.

Beispiel 2: Angenommen nun die Anlage ist für die Leistungserbringung eines Kunden von zentraler Bedeutung. Dann könnte die Servicestrategie und das damit verbundene Serviceangebot lauten: Wir tauschen Komponenten, die nach einer Laufzeit von 7 oder 8 Monaten meist verschlissen sind oder ein Update benötigen alle Halbjahr aus, um die Zahl der Störungen zu minimieren.

Und wenn am Funktionieren der Anlage der gesamte Geschäftsbetrieb hängt?

Dann könnte die Servicestrategie zum Beispiel lauten: Wir nehmen nicht nur jedes Halbjahr einen Austausch aller Verschleißteile vor, sondern inspizieren zudem im 2-Monats-Rhythmus die Komponenten A, B und C, um sie abhängig von ihrem Verschleiß zu erneuern.

Den Nutzen aufzeigen und vorrechnen

Das Entwickeln solch differenzierter Servicekonzepte mit dem Kunden, die letztlich die Basis von Wartungsverträgen sind, ist eine Vertriebsaufgabe. Eine Vertriebsaufgabe ist es auch, den Kunden die hinter den Wartungsverträgen steckenden Serviceleistungen zu „verkaufen“.

Das Problem hierbei: Oft ist den Kunden die Bedeutung der einzelnen Serviceleistungen für das Erreichen ihrer Ziele „hohe Verfügbarkeit“ und „Minimierung der Prozesskosten“ nicht bewusst. Deshalb neigen sie dazu, die zuweilen auch gesetzlich vorgeschriebenen Wartungs- und Serviceverträge beim billigsten Anbieter abzuschließen und möglichst kurze Laufzeiten zu vereinbaren.

Also stehen die Vertriebsmitarbeiter vor der Herausforderung, den Kunden aufzuzeigen, welche Bedeutung die Serviceleistungen für das Erreichen ihrer übergeordneten Ziele haben. Hierfür müssen sie die Prozesse und Abläufe in der Kundenorganisation kennen und wissen, welche Relevanz die genutzten Maschinen und Anlagen für die Leistungserbringung des Kunden haben. Denn nur dann können sie ihm aufzeigen, welche Konsequenzen es für ihn hat, wenn eine Komponente defekt ist. Hierin müssen die Vertriebsmitarbeiter geschult werden.

Die Leistung sichtbar und erfahrbar machen

Eine weiterer Grund, warum Kunden oft den Nutzen und somit Wert eines guten Services nicht sehen, ist: Eine gute Instandhaltung und Wartung zeigt sich gerade darin, dass im Betriebsalltag kaum Störungen auftreten. Deshalb fragen sich die übergeordneten Entscheidern zuweilen: „Warum soll wir so viel Geld für das Inspizieren und Warten ausgeben? Es läuft doch alles wie geschmiert.“

Eine Ursache hierfür ist: Nach ihrem Eintreffen beim Kunden verschwinden die Servicemitarbeiter der Lieferanten meist in den Büroetagen oder Werkshallen, um dort ihre Arbeit zu verrichten. Anschließend fahren sie entweder wieder nach Hause oder zu einem anderen Kunden.

Der Geschäftsführer oder kaufmännische Leiter des Kunden begegnet also den Servicemitarbeitern in der Regel nicht. Deshalb ist ihm oft nicht klar, welche Arbeiten diese im Hintergrund verrichten, damit sein Unternehmen zum Beispiel das übergeordnete Ziel „störungsfreier Geschäftsbetrieb“ erreicht.

Das Einzige, was er Monat für Monat sieht, ist, wie viel Geld sein Unternehmen für das Warten bezahlt. Also ist bei ihm die Versuchung groß, hier den Rotstift anzusetzen. Deshalb ist es wichtig, mit den Service- und Vertriebsmitarbeitern Strategien zu erarbeiten, wie die für den Kunden erbrachten Leistungen für diesen sichtbar gemacht werden. Diese gilt insbesondere dann, wenn die Wartung teils per Fernwartung erfolgt.

Peter Schreiber

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